nicht, wenn man meine Hand mit Gewalt einem Manne geben will, der nie einigen Antheil an mei- nem Hertzen haben kann. Jch will suchen sie alle durch Geduld, Gehorsahm und Demuth zu über- winden. Allein ich will lieber den Tod in seiner allertraurigsten Gestalt wählen, als den Mann.
Jch fürchte mich, Fräulein, eine so gesetzte und unumstößliche Antwort hinunter zu bringen. Sie werden mich nicht mit Geduld anhören können. Jch will ihnen einen Gedancken zurück lassen, und ich bitte sie, daß sie ihn stets in ihrem Gemüth behalten wollen: Die Vorsicht GOttes hat Per- sonen von ausserordentlichen Gaben und Verstan- de, (wie sie besitzen) in der Welt ausgestreuet, daß sie durch ihr Vorbild die Religion und die Tugend unter dem grossen Hauffen der Menschen beliebt machen und ehren sollen. Wie groß muß die Ver- sündigung seyn, wenn solche Personen wissentlich und vorsätzlich fehlen! wie sehr muß sie den GOtt betrüben, der ihnen so ausserordentliche Gaben verliehen hat! was für ein Verlust ist dieses für die Welt! und was für eine Wunde empfängt dadurch die Tugend selbst! Jch hoffe, daß die- ses nie von Fräulein Clarissa Harlowe gesagt werden soll.
Jch konnte nicht anders als durch Thränen antworten: und da sie wegging, kam es mir vor, als hätte sie die grösseste Hälfte meines Her- tzens mit sich genommen.
Jch horchte, wie sie unten empfangen wür- de. Jch hatte nichts befürchtet, das nicht ge- schahe.
Will
der Clariſſa.
nicht, wenn man meine Hand mit Gewalt einem Manne geben will, der nie einigen Antheil an mei- nem Hertzen haben kann. Jch will ſuchen ſie alle durch Geduld, Gehorſahm und Demuth zu uͤber- winden. Allein ich will lieber den Tod in ſeiner allertraurigſten Geſtalt waͤhlen, als den Mann.
Jch fuͤrchte mich, Fraͤulein, eine ſo geſetzte und unumſtoͤßliche Antwort hinunter zu bringen. Sie werden mich nicht mit Geduld anhoͤren koͤnnen. Jch will ihnen einen Gedancken zuruͤck laſſen, und ich bitte ſie, daß ſie ihn ſtets in ihrem Gemuͤth behalten wollen: Die Vorſicht GOttes hat Per- ſonen von auſſerordentlichen Gaben und Verſtan- de, (wie ſie beſitzen) in der Welt ausgeſtreuet, daß ſie durch ihr Vorbild die Religion und die Tugend unter dem groſſen Hauffen der Menſchen beliebt machen und ehren ſollen. Wie groß muß die Ver- ſuͤndigung ſeyn, wenn ſolche Perſonen wiſſentlich und vorſaͤtzlich fehlen! wie ſehr muß ſie den GOtt betruͤben, der ihnen ſo auſſerordentliche Gaben verliehen hat! was fuͤr ein Verluſt iſt dieſes fuͤr die Welt! und was fuͤr eine Wunde empfaͤngt dadurch die Tugend ſelbſt! Jch hoffe, daß die- ſes nie von Fraͤulein Clariſſa Harlowe geſagt werden ſoll.
Jch konnte nicht anders als durch Thraͤnen antworten: und da ſie wegging, kam es mir vor, als haͤtte ſie die groͤſſeſte Haͤlfte meines Her- tzens mit ſich genommen.
Jch horchte, wie ſie unten empfangen wuͤr- de. Jch hatte nichts befuͤrchtet, das nicht ge- ſchahe.
Will
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der Clariſſa.
nicht, wenn man meine Hand mit Gewalt einem
Manne geben will, der nie einigen Antheil an mei-
nem Hertzen haben kann. Jch will ſuchen ſie alle
durch Geduld, Gehorſahm und Demuth zu uͤber-
winden. Allein ich will lieber den Tod in ſeiner
allertraurigſten Geſtalt waͤhlen, als den Mann.
Jch fuͤrchte mich, Fraͤulein, eine ſo geſetzte und
unumſtoͤßliche Antwort hinunter zu bringen. Sie
werden mich nicht mit Geduld anhoͤren koͤnnen.
Jch will ihnen einen Gedancken zuruͤck laſſen, und
ich bitte ſie, daß ſie ihn ſtets in ihrem Gemuͤth
behalten wollen: Die Vorſicht GOttes hat Per-
ſonen von auſſerordentlichen Gaben und Verſtan-
de, (wie ſie beſitzen) in der Welt ausgeſtreuet, daß
ſie durch ihr Vorbild die Religion und die Tugend
unter dem groſſen Hauffen der Menſchen beliebt
machen und ehren ſollen. Wie groß muß die Ver-
ſuͤndigung ſeyn, wenn ſolche Perſonen wiſſentlich
und vorſaͤtzlich fehlen! wie ſehr muß ſie den GOtt
betruͤben, der ihnen ſo auſſerordentliche Gaben
verliehen hat! was fuͤr ein Verluſt iſt dieſes fuͤr
die Welt! und was fuͤr eine Wunde empfaͤngt
dadurch die Tugend ſelbſt! Jch hoffe, daß die-
ſes nie von Fraͤulein Clariſſa Harlowe geſagt
werden ſoll.
Jch konnte nicht anders als durch Thraͤnen
antworten: und da ſie wegging, kam es mir
vor, als haͤtte ſie die groͤſſeſte Haͤlfte meines Her-
tzens mit ſich genommen.
Jch horchte, wie ſie unten empfangen wuͤr-
de. Jch hatte nichts befuͤrchtet, das nicht ge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 1. Göttingen, 1748, S. 443. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa01_1748/463>, abgerufen am 24.11.2024.
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