Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
len. Jhre Mutter will Sie nicht länger im
Hause wissen, weil Jhr Vater über Jhren
Brief an seinen guten Freund so aufgebracht ist,
daß sie wegen der Folgen besorgt ist, die daraus,
bey längerm Aufenthalt in diesem Hause, entste-
hen könnten. Sie befiehlt Jhnen deshalb, daß
Sie sich augenblicklich zur Abreise nach Jhres
Onckles Antons Gütern anschicken sollen.

Jhr Onckle meint es um Sie nicht verdient
zu haben, daß Sie sich so unwillig stellen, ihn
zu besuchen.

Sie wissen nicht, was es für ein gottloser
Mann ist, den Sie so hoch schätzen, daß Sie
sich um seinetwillen mit allen Jhren Anverwand-
ten überwerfen.

Auf diesen Brief sollen Sie nicht antworten.
Es würde sonst das hin- und wiederschreibens
kein Ende seyn. Sie glauben nicht, wie em-
pfindlich Sie uns alle betrüben, und am aller-
meisten

Jhre treue Base
Dorothea Hervey.

Weil meiner Mutter Schwester mir verbo-
ten hat, an sie zu schreiben, so nahm ich eine
noch dreistere Entschliessung. Jch schrieb einige
Zeilen an meine Mutter selbst, und bat sie, daß
sie mir Erlaubniß verschaffen möchte, wenn ich
ja wegreisen solte und müßte, mich noch vorher
meinem Vater und ihr zu Füssen zu werfen, und

we-

Die Geſchichte
len. Jhre Mutter will Sie nicht laͤnger im
Hauſe wiſſen, weil Jhr Vater uͤber Jhren
Brief an ſeinen guten Freund ſo aufgebracht iſt,
daß ſie wegen der Folgen beſorgt iſt, die daraus,
bey laͤngerm Aufenthalt in dieſem Hauſe, entſte-
hen koͤnnten. Sie befiehlt Jhnen deshalb, daß
Sie ſich augenblicklich zur Abreiſe nach Jhres
Onckles Antons Guͤtern anſchicken ſollen.

Jhr Onckle meint es um Sie nicht verdient
zu haben, daß Sie ſich ſo unwillig ſtellen, ihn
zu beſuchen.

Sie wiſſen nicht, was es fuͤr ein gottloſer
Mann iſt, den Sie ſo hoch ſchaͤtzen, daß Sie
ſich um ſeinetwillen mit allen Jhren Anverwand-
ten uͤberwerfen.

Auf dieſen Brief ſollen Sie nicht antworten.
Es wuͤrde ſonſt das hin- und wiederſchreibens
kein Ende ſeyn. Sie glauben nicht, wie em-
pfindlich Sie uns alle betruͤben, und am aller-
meiſten

Jhre treue Baſe
Dorothea Hervey.

Weil meiner Mutter Schweſter mir verbo-
ten hat, an ſie zu ſchreiben, ſo nahm ich eine
noch dreiſtere Entſchlieſſung. Jch ſchrieb einige
Zeilen an meine Mutter ſelbſt, und bat ſie, daß
ſie mir Erlaubniß verſchaffen moͤchte, wenn ich
ja wegreiſen ſolte und muͤßte, mich noch vorher
meinem Vater und ihr zu Fuͤſſen zu werfen, und

we-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <p><pb facs="#f0144" n="138"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
len. Jhre Mutter will Sie nicht la&#x0364;nger im<lb/>
Hau&#x017F;e wi&#x017F;&#x017F;en, weil Jhr Vater u&#x0364;ber Jhren<lb/>
Brief an &#x017F;einen guten Freund &#x017F;o aufgebracht i&#x017F;t,<lb/>
daß &#x017F;ie wegen der Folgen be&#x017F;orgt i&#x017F;t, die daraus,<lb/>
bey la&#x0364;ngerm Aufenthalt in die&#x017F;em Hau&#x017F;e, ent&#x017F;te-<lb/>
hen ko&#x0364;nnten. Sie befiehlt Jhnen deshalb, daß<lb/>
Sie &#x017F;ich augenblicklich zur Abrei&#x017F;e nach Jhres<lb/>
Onckles <hi rendition="#fr">Antons</hi> Gu&#x0364;tern an&#x017F;chicken &#x017F;ollen.</p><lb/>
              <p>Jhr Onckle meint es um Sie nicht verdient<lb/>
zu haben, daß Sie &#x017F;ich &#x017F;o unwillig &#x017F;tellen, ihn<lb/>
zu be&#x017F;uchen.</p><lb/>
              <p>Sie wi&#x017F;&#x017F;en nicht, was es fu&#x0364;r ein gottlo&#x017F;er<lb/>
Mann i&#x017F;t, den Sie &#x017F;o hoch &#x017F;cha&#x0364;tzen, daß Sie<lb/>
&#x017F;ich um &#x017F;einetwillen mit allen Jhren Anverwand-<lb/>
ten u&#x0364;berwerfen.</p><lb/>
              <p>Auf die&#x017F;en Brief &#x017F;ollen Sie nicht antworten.<lb/>
Es wu&#x0364;rde &#x017F;on&#x017F;t das hin- und wieder&#x017F;chreibens<lb/>
kein Ende &#x017F;eyn. Sie glauben nicht, wie em-<lb/>
pfindlich Sie uns alle betru&#x0364;ben, und am aller-<lb/>
mei&#x017F;ten</p><lb/>
              <closer>
                <salute> <hi rendition="#et">Jhre treue Ba&#x017F;e<lb/><hi rendition="#fr">Dorothea Hervey.</hi></hi> </salute>
              </closer>
            </body>
          </floatingText><lb/>
          <p>Weil meiner Mutter Schwe&#x017F;ter mir verbo-<lb/>
ten hat, an &#x017F;ie zu &#x017F;chreiben, &#x017F;o nahm ich eine<lb/>
noch drei&#x017F;tere Ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;ung. Jch &#x017F;chrieb einige<lb/>
Zeilen an meine Mutter &#x017F;elb&#x017F;t, und bat &#x017F;ie, daß<lb/>
&#x017F;ie mir Erlaubniß ver&#x017F;chaffen mo&#x0364;chte, wenn ich<lb/>
ja wegrei&#x017F;en &#x017F;olte und mu&#x0364;ßte, mich noch vorher<lb/>
meinem Vater und ihr zu Fu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en zu werfen, und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">we-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[138/0144] Die Geſchichte len. Jhre Mutter will Sie nicht laͤnger im Hauſe wiſſen, weil Jhr Vater uͤber Jhren Brief an ſeinen guten Freund ſo aufgebracht iſt, daß ſie wegen der Folgen beſorgt iſt, die daraus, bey laͤngerm Aufenthalt in dieſem Hauſe, entſte- hen koͤnnten. Sie befiehlt Jhnen deshalb, daß Sie ſich augenblicklich zur Abreiſe nach Jhres Onckles Antons Guͤtern anſchicken ſollen. Jhr Onckle meint es um Sie nicht verdient zu haben, daß Sie ſich ſo unwillig ſtellen, ihn zu beſuchen. Sie wiſſen nicht, was es fuͤr ein gottloſer Mann iſt, den Sie ſo hoch ſchaͤtzen, daß Sie ſich um ſeinetwillen mit allen Jhren Anverwand- ten uͤberwerfen. Auf dieſen Brief ſollen Sie nicht antworten. Es wuͤrde ſonſt das hin- und wiederſchreibens kein Ende ſeyn. Sie glauben nicht, wie em- pfindlich Sie uns alle betruͤben, und am aller- meiſten Jhre treue Baſe Dorothea Hervey. Weil meiner Mutter Schweſter mir verbo- ten hat, an ſie zu ſchreiben, ſo nahm ich eine noch dreiſtere Entſchlieſſung. Jch ſchrieb einige Zeilen an meine Mutter ſelbſt, und bat ſie, daß ſie mir Erlaubniß verſchaffen moͤchte, wenn ich ja wegreiſen ſolte und muͤßte, mich noch vorher meinem Vater und ihr zu Fuͤſſen zu werfen, und we-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/144
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/144>, abgerufen am 21.11.2024.