Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
"Herablassung zu mir. Ein so gütiger und vä-
"terlicher Brief! Ein Brief, der meinem ver-
"wundeten Hertzen so angenehm gewesen ist, son-
"derlich nachdem ich seit einiger Zeit einer zärt-
"lichen Begegnung gantz ungewohnt geworden
"bin! Wie sehr bin ich dadurch gerühret wor-
"den! Rühmen Sie meine Schreibart nicht:
"Jhre Ausdrücke haben mich viel stärcker bewe-
"get, als ich jemahls im Stande bin andere zu
"bewegen. Sie haben bey mir den sehnlichsten
"Wunsch erwecket, daß es möglich seyn möchte
"Jhren Besuch unter den von Jhnen vorgeschla-
"genen Bedingungen zu erwarten, und mich von
"einem so liebreichen Onckle meinen Eltern wie-
"der zuführen zu lassen.

"Jch will mich gegen Sie erklären, was ich
"um des Friedens willen zu thun entschlossen bin.
"Jch kan ohnmöglich daran zweiffeln, daß Herr
"Solmes nicht vielmehr Neigung zu meiner
"Schwester haben solte, als mir, nachdem ich
"mich so abgeneigt und wunderlich gegen ihn be-
"wiesen habe; und daß nicht seine Anwerbung
"um mich hauptsächlich in der Absicht solte an-
"gebracht seyn, weil ihm mein Grosväterliches
"Gut ungemein bequem liegt. Jch habe beson-
"dere Ursachen dieses zu glauben. Jch will mich
"deshalb dieses Gutes auf ewig begeben; und
"mein Wille wird desto weniger umgestossen
"werden können, weil ich gar nicht zu heyrathen
"gedencke. Jch will demnach dieses Gut an mei-
"ne Schwester und an ihre Erben übertragen

"und
K 3

der Clariſſa.
„Herablaſſung zu mir. Ein ſo guͤtiger und vaͤ-
„terlicher Brief! Ein Brief, der meinem ver-
„wundeten Hertzen ſo angenehm geweſen iſt, ſon-
„derlich nachdem ich ſeit einiger Zeit einer zaͤrt-
„lichen Begegnung gantz ungewohnt geworden
„bin! Wie ſehr bin ich dadurch geruͤhret wor-
„den! Ruͤhmen Sie meine Schreibart nicht:
„Jhre Ausdruͤcke haben mich viel ſtaͤrcker bewe-
„get, als ich jemahls im Stande bin andere zu
„bewegen. Sie haben bey mir den ſehnlichſten
„Wunſch erwecket, daß es moͤglich ſeyn moͤchte
„Jhren Beſuch unter den von Jhnen vorgeſchla-
„genen Bedingungen zu erwarten, und mich von
„einem ſo liebreichen Onckle meinen Eltern wie-
„der zufuͤhren zu laſſen.

„Jch will mich gegen Sie erklaͤren, was ich
„um des Friedens willen zu thun entſchloſſen bin.
„Jch kan ohnmoͤglich daran zweiffeln, daß Herr
Solmes nicht vielmehr Neigung zu meiner
„Schweſter haben ſolte, als mir, nachdem ich
„mich ſo abgeneigt und wunderlich gegen ihn be-
„wieſen habe; und daß nicht ſeine Anwerbung
„um mich hauptſaͤchlich in der Abſicht ſolte an-
„gebracht ſeyn, weil ihm mein Grosvaͤterliches
„Gut ungemein bequem liegt. Jch habe beſon-
„dere Urſachen dieſes zu glauben. Jch will mich
„deshalb dieſes Gutes auf ewig begeben; und
„mein Wille wird deſto weniger umgeſtoſſen
„werden koͤnnen, weil ich gar nicht zu heyrathen
„gedencke. Jch will demnach dieſes Gut an mei-
„ne Schweſter und an ihre Erben uͤbertragen

„und
K 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <floatingText>
            <body>
              <p><pb facs="#f0155" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a</hi>.</hi></fw><lb/>
&#x201E;Herabla&#x017F;&#x017F;ung zu mir. Ein &#x017F;o gu&#x0364;tiger und va&#x0364;-<lb/>
&#x201E;terlicher Brief! Ein Brief, der meinem ver-<lb/>
&#x201E;wundeten Hertzen &#x017F;o angenehm gewe&#x017F;en i&#x017F;t, &#x017F;on-<lb/>
&#x201E;derlich nachdem ich &#x017F;eit einiger Zeit einer za&#x0364;rt-<lb/>
&#x201E;lichen Begegnung gantz ungewohnt geworden<lb/>
&#x201E;bin! Wie &#x017F;ehr bin ich dadurch geru&#x0364;hret wor-<lb/>
&#x201E;den! Ru&#x0364;hmen Sie meine Schreibart nicht:<lb/>
&#x201E;Jhre Ausdru&#x0364;cke haben mich viel &#x017F;ta&#x0364;rcker bewe-<lb/>
&#x201E;get, als ich jemahls im Stande bin andere zu<lb/>
&#x201E;bewegen. Sie haben bey mir den &#x017F;ehnlich&#x017F;ten<lb/>
&#x201E;Wun&#x017F;ch erwecket, daß es mo&#x0364;glich &#x017F;eyn mo&#x0364;chte<lb/>
&#x201E;Jhren Be&#x017F;uch unter den von Jhnen vorge&#x017F;chla-<lb/>
&#x201E;genen Bedingungen zu erwarten, und mich von<lb/>
&#x201E;einem &#x017F;o liebreichen Onckle meinen Eltern wie-<lb/>
&#x201E;der zufu&#x0364;hren zu la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
              <p>&#x201E;Jch will mich gegen Sie erkla&#x0364;ren, was ich<lb/>
&#x201E;um des Friedens willen zu thun ent&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en bin.<lb/>
&#x201E;Jch kan ohnmo&#x0364;glich daran zweiffeln, daß Herr<lb/>
&#x201E;<hi rendition="#fr">Solmes</hi> nicht vielmehr Neigung zu meiner<lb/>
&#x201E;Schwe&#x017F;ter haben &#x017F;olte, als mir, nachdem ich<lb/>
&#x201E;mich &#x017F;o abgeneigt und wunderlich gegen ihn be-<lb/>
&#x201E;wie&#x017F;en habe; und daß nicht &#x017F;eine Anwerbung<lb/>
&#x201E;um mich haupt&#x017F;a&#x0364;chlich in der Ab&#x017F;icht &#x017F;olte an-<lb/>
&#x201E;gebracht &#x017F;eyn, weil ihm mein Grosva&#x0364;terliches<lb/>
&#x201E;Gut ungemein bequem liegt. Jch habe be&#x017F;on-<lb/>
&#x201E;dere Ur&#x017F;achen die&#x017F;es zu glauben. Jch will mich<lb/>
&#x201E;deshalb die&#x017F;es Gutes auf ewig begeben; und<lb/>
&#x201E;mein Wille wird de&#x017F;to weniger umge&#x017F;to&#x017F;&#x017F;en<lb/>
&#x201E;werden ko&#x0364;nnen, weil ich gar nicht zu heyrathen<lb/>
&#x201E;gedencke. Jch will demnach die&#x017F;es Gut an mei-<lb/>
&#x201E;ne Schwe&#x017F;ter und an ihre Erben u&#x0364;bertragen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K 3</fw><fw place="bottom" type="catch">&#x201E;und</fw><lb/></p>
            </body>
          </floatingText>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[149/0155] der Clariſſa. „Herablaſſung zu mir. Ein ſo guͤtiger und vaͤ- „terlicher Brief! Ein Brief, der meinem ver- „wundeten Hertzen ſo angenehm geweſen iſt, ſon- „derlich nachdem ich ſeit einiger Zeit einer zaͤrt- „lichen Begegnung gantz ungewohnt geworden „bin! Wie ſehr bin ich dadurch geruͤhret wor- „den! Ruͤhmen Sie meine Schreibart nicht: „Jhre Ausdruͤcke haben mich viel ſtaͤrcker bewe- „get, als ich jemahls im Stande bin andere zu „bewegen. Sie haben bey mir den ſehnlichſten „Wunſch erwecket, daß es moͤglich ſeyn moͤchte „Jhren Beſuch unter den von Jhnen vorgeſchla- „genen Bedingungen zu erwarten, und mich von „einem ſo liebreichen Onckle meinen Eltern wie- „der zufuͤhren zu laſſen. „Jch will mich gegen Sie erklaͤren, was ich „um des Friedens willen zu thun entſchloſſen bin. „Jch kan ohnmoͤglich daran zweiffeln, daß Herr „Solmes nicht vielmehr Neigung zu meiner „Schweſter haben ſolte, als mir, nachdem ich „mich ſo abgeneigt und wunderlich gegen ihn be- „wieſen habe; und daß nicht ſeine Anwerbung „um mich hauptſaͤchlich in der Abſicht ſolte an- „gebracht ſeyn, weil ihm mein Grosvaͤterliches „Gut ungemein bequem liegt. Jch habe beſon- „dere Urſachen dieſes zu glauben. Jch will mich „deshalb dieſes Gutes auf ewig begeben; und „mein Wille wird deſto weniger umgeſtoſſen „werden koͤnnen, weil ich gar nicht zu heyrathen „gedencke. Jch will demnach dieſes Gut an mei- „ne Schweſter und an ihre Erben uͤbertragen „und K 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/155
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/155>, abgerufen am 23.11.2024.