Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
gegessen. Jch hoffe nicht/ daß ich etwas
gesagt habe/ das ihnen den Appetit ver-
dorben hat.

"Nein, Jungfer, ihr wißt, daß ich es schon
"gantz gewohnt bin, daß ihr euch einige Freyheit
"gegen mich heraus nehmt. Jch freue mich, daß,
"wenn alle Fräuleins, die man nach der Mode
"für artig hält, aussterben sollten, man den Ver-
"lust durch ihre Cammermädchens und Vertrau-
"ten ersetzen könnte. Eure Fräulein hat viel
"dazu beygetragen, daß ihr so munter gewor-
"den seyd: denn sie ist immer lieber mit euch
"als mit mir umgegangen. Sie ließ es gehen
"wie ihr wolltet;
und so habt ihr durch ihren
"Umgang erlangt, was ich verlohren habe.

Ja/ Fräulein/ wenn sie darauf kommen/
so muß ich bekennen/ daß niemand artiger
spassen kan/ als Fräulein Harlowe. Jch
könnte ihnen/ wenn ich wollte/ einen Spaß
erzählen/ den sie vorbrachte/ als ich ihr
sagte, daß sie seit einiger Zeit vom Winde
lebten/ und zu nichts Appetit hätten/
und doch so charmant aussehen als je-
mahls.

"Jch kan schon zum voraus dencken, daß es
"ein recht gütiger Spaß gewesen seyn wird.
"Wollt ihr denn so gut seyn, und ihn mir wie-
"der erzählen?"

Sie sagte: ihr Eckel hätte allen Ap-
petit verschlungen: und der Eigensinn

wäre

Die Geſchichte
gegeſſen. Jch hoffe nicht/ daß ich etwas
geſagt habe/ das ihnen den Appetit ver-
dorben hat.

„Nein, Jungfer, ihr wißt, daß ich es ſchon
„gantz gewohnt bin, daß ihr euch einige Freyheit
„gegen mich heraus nehmt. Jch freue mich, daß,
„wenn alle Fraͤuleins, die man nach der Mode
„fuͤr artig haͤlt, ausſterben ſollten, man den Ver-
„luſt durch ihre Cammermaͤdchens und Vertrau-
„ten erſetzen koͤnnte. Eure Fraͤulein hat viel
„dazu beygetragen, daß ihr ſo munter gewor-
„den ſeyd: denn ſie iſt immer lieber mit euch
„als mit mir umgegangen. Sie ließ es gehen
„wie ihr wolltet;
und ſo habt ihr durch ihren
„Umgang erlangt, was ich verlohren habe.

Ja/ Fraͤulein/ wenn ſie darauf kommen/
ſo muß ich bekennen/ daß niemand artiger
ſpaſſen kan/ als Fraͤulein Harlowe. Jch
koͤnnte ihnen/ wenn ich wollte/ einen Spaß
erzaͤhlen/ den ſie vorbrachte/ als ich ihr
ſagte, daß ſie ſeit einiger Zeit vom Winde
lebten/ und zu nichts Appetit haͤtten/
und doch ſo charmant ausſehen als je-
mahls.

„Jch kan ſchon zum voraus dencken, daß es
„ein recht guͤtiger Spaß geweſen ſeyn wird.
„Wollt ihr denn ſo gut ſeyn, und ihn mir wie-
„der erzaͤhlen?„

Sie ſagte: ihr Eckel haͤtte allen Ap-
petit verſchlungen: und der Eigenſinn

waͤre
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p>
            <pb facs="#f0188" n="182"/>
            <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi> </hi> </fw><lb/> <hi rendition="#fr">gege&#x017F;&#x017F;en. Jch hoffe nicht/ daß ich etwas<lb/>
ge&#x017F;agt habe/ das ihnen den Appetit ver-<lb/>
dorben hat.</hi> </p><lb/>
          <p>&#x201E;Nein, Jungfer, ihr wißt, daß ich es &#x017F;chon<lb/>
&#x201E;gantz gewohnt bin, daß ihr euch einige Freyheit<lb/>
&#x201E;gegen mich heraus nehmt. Jch freue mich, daß,<lb/>
&#x201E;wenn alle Fra&#x0364;uleins, die man nach der Mode<lb/>
&#x201E;fu&#x0364;r artig ha&#x0364;lt, aus&#x017F;terben &#x017F;ollten, man den Ver-<lb/>
&#x201E;lu&#x017F;t durch ihre Cammerma&#x0364;dchens und Vertrau-<lb/>
&#x201E;ten er&#x017F;etzen ko&#x0364;nnte. Eure Fra&#x0364;ulein hat viel<lb/>
&#x201E;dazu beygetragen, daß ihr &#x017F;o munter gewor-<lb/>
&#x201E;den &#x017F;eyd: denn &#x017F;ie i&#x017F;t immer lieber mit euch<lb/>
&#x201E;als mit mir umgegangen. <hi rendition="#fr">Sie ließ es gehen<lb/>
&#x201E;wie ihr wolltet;</hi> und &#x017F;o habt ihr durch ihren<lb/>
&#x201E;Umgang erlangt, was ich verlohren habe.</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Ja/ Fra&#x0364;ulein/ wenn &#x017F;ie darauf kommen/<lb/>
&#x017F;o muß ich bekennen/ daß niemand artiger<lb/>
&#x017F;pa&#x017F;&#x017F;en kan/ als Fra&#x0364;ulein Harlowe. Jch<lb/>
ko&#x0364;nnte ihnen/ wenn ich wollte/ einen Spaß<lb/>
erza&#x0364;hlen/ den &#x017F;ie vorbrachte/ als ich ihr<lb/>
&#x017F;agte, daß &#x017F;ie &#x017F;eit einiger Zeit vom Winde<lb/>
lebten/ und zu nichts Appetit ha&#x0364;tten/<lb/>
und doch &#x017F;o charmant aus&#x017F;ehen als je-<lb/>
mahls.</hi> </p><lb/>
          <p>&#x201E;Jch kan &#x017F;chon zum voraus dencken, daß es<lb/>
&#x201E;ein recht gu&#x0364;tiger Spaß gewe&#x017F;en &#x017F;eyn wird.<lb/>
&#x201E;Wollt ihr denn &#x017F;o gut &#x017F;eyn, und ihn mir wie-<lb/>
&#x201E;der erza&#x0364;hlen?&#x201E;</p><lb/>
          <p> <hi rendition="#fr">Sie &#x017F;agte: ihr Eckel ha&#x0364;tte allen Ap-<lb/>
petit ver&#x017F;chlungen: und der Eigen&#x017F;inn</hi><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">wa&#x0364;re</fw><lb/>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[182/0188] Die Geſchichte gegeſſen. Jch hoffe nicht/ daß ich etwas geſagt habe/ das ihnen den Appetit ver- dorben hat. „Nein, Jungfer, ihr wißt, daß ich es ſchon „gantz gewohnt bin, daß ihr euch einige Freyheit „gegen mich heraus nehmt. Jch freue mich, daß, „wenn alle Fraͤuleins, die man nach der Mode „fuͤr artig haͤlt, ausſterben ſollten, man den Ver- „luſt durch ihre Cammermaͤdchens und Vertrau- „ten erſetzen koͤnnte. Eure Fraͤulein hat viel „dazu beygetragen, daß ihr ſo munter gewor- „den ſeyd: denn ſie iſt immer lieber mit euch „als mit mir umgegangen. Sie ließ es gehen „wie ihr wolltet; und ſo habt ihr durch ihren „Umgang erlangt, was ich verlohren habe. Ja/ Fraͤulein/ wenn ſie darauf kommen/ ſo muß ich bekennen/ daß niemand artiger ſpaſſen kan/ als Fraͤulein Harlowe. Jch koͤnnte ihnen/ wenn ich wollte/ einen Spaß erzaͤhlen/ den ſie vorbrachte/ als ich ihr ſagte, daß ſie ſeit einiger Zeit vom Winde lebten/ und zu nichts Appetit haͤtten/ und doch ſo charmant ausſehen als je- mahls. „Jch kan ſchon zum voraus dencken, daß es „ein recht guͤtiger Spaß geweſen ſeyn wird. „Wollt ihr denn ſo gut ſeyn, und ihn mir wie- „der erzaͤhlen?„ Sie ſagte: ihr Eckel haͤtte allen Ap- petit verſchlungen: und der Eigenſinn waͤre

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/188
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/188>, abgerufen am 26.11.2024.