"Bejammert mich nicht, Elisabeth. Jch weiß "schon was ihr sagen wollt. Aber sagt mir das, "ob ich auf den Donnerstag wircklich nach mei- "nem Onckle Anton reisen soll?
Jch wollte mich nehmlich wegen meiner Ge- duld in Anhörung ihrer Thorheiten dadurch be- zahlt machen, daß ich einige Nachricht durch sie bekäme.
Wie? Fräulein! (Nehmen sie es nicht übel/ daß ich mich niederlasse.) Sie setzte sich nieder, und nahm ein wenig Schnupftoback mit ihrem artigen Fingerchen und dem Daumen. Die andern drey Finger sperrete sie weit von einander, und machte einen zierlichen Schwung mit der Hand. Jch kan nicht anders sagen, als daß sie meiner Meinung nach auf den Donnerstag gewiß wegreisen werden/ und zwarnoless foless,wie meine Fräulein auf Frantzösisch sagte.
"Das soll vermuthlich so viel seyn, als, ich "mag wollen oder nicht? Nicht so Jungfer?"
Ja/ sie haben es gerathen: Fräulein.
Gut! aber, Elisabeth, ich habe nicht Lust mich "so geschwind aus dem Hause stossen zu lassen. "Meint ihr nicht, daß ich noch eine Woche län- "ger hier bleiben könnte?"
Wie kan ich das sagen/ Fräulein!
"Wenn ihr wollet, so könntet ihr mir genug "davon sagen. Jch darf an niemand schreiben,
nie-
Die Geſchichte
Frauenzimmer. Es iſt Jammer-Scha- de ‒ ‒ ‒
„Bejammert mich nicht, Eliſabeth. Jch weiß „ſchon was ihr ſagen wollt. Aber ſagt mir das, „ob ich auf den Donnerſtag wircklich nach mei- „nem Onckle Anton reiſen ſoll?
Jch wollte mich nehmlich wegen meiner Ge- duld in Anhoͤrung ihrer Thorheiten dadurch be- zahlt machen, daß ich einige Nachricht durch ſie bekaͤme.
Wie? Fraͤulein! (Nehmen ſie es nicht uͤbel/ daß ich mich niederlaſſe.) Sie ſetzte ſich nieder, und nahm ein wenig Schnupftoback mit ihrem artigen Fingerchen und dem Daumen. Die andern drey Finger ſperrete ſie weit von einander, und machte einen zierlichen Schwung mit der Hand. Jch kan nicht anders ſagen, als daß ſie meiner Meinung nach auf den Donnerſtag gewiß wegreiſen werden/ und zwarnolesſ folesſ,wie meine Fraͤulein auf Frantzoͤſiſch ſagte.
„Das ſoll vermuthlich ſo viel ſeyn, als, ich „mag wollen oder nicht? Nicht ſo Jungfer?„
Ja/ ſie haben es gerathen: Fraͤulein.
Gut! aber, Eliſabeth, ich habe nicht Luſt mich „ſo geſchwind aus dem Hauſe ſtoſſen zu laſſen. „Meint ihr nicht, daß ich noch eine Woche laͤn- „ger hier bleiben koͤnnte?„
Wie kan ich das ſagen/ Fraͤulein!
„Wenn ihr wollet, ſo koͤnntet ihr mir genug „davon ſagen. Jch darf an niemand ſchreiben,
nie-
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Die Geſchichte
Frauenzimmer. Es iſt Jammer-Scha-
de ‒ ‒ ‒
„Bejammert mich nicht, Eliſabeth. Jch weiß
„ſchon was ihr ſagen wollt. Aber ſagt mir das,
„ob ich auf den Donnerſtag wircklich nach mei-
„nem Onckle Anton reiſen ſoll?
Jch wollte mich nehmlich wegen meiner Ge-
duld in Anhoͤrung ihrer Thorheiten dadurch be-
zahlt machen, daß ich einige Nachricht durch ſie
bekaͤme.
Wie? Fraͤulein! (Nehmen ſie es nicht
uͤbel/ daß ich mich niederlaſſe.) Sie ſetzte
ſich nieder, und nahm ein wenig Schnupftoback
mit ihrem artigen Fingerchen und dem Daumen.
Die andern drey Finger ſperrete ſie weit von
einander, und machte einen zierlichen Schwung
mit der Hand. Jch kan nicht anders ſagen,
als daß ſie meiner Meinung nach auf den
Donnerſtag gewiß wegreiſen werden/ und
zwar nolesſ folesſ, wie meine Fraͤulein auf
Frantzoͤſiſch ſagte.
„Das ſoll vermuthlich ſo viel ſeyn, als, ich
„mag wollen oder nicht? Nicht ſo Jungfer?„
Ja/ ſie haben es gerathen: Fraͤulein.
Gut! aber, Eliſabeth, ich habe nicht Luſt mich
„ſo geſchwind aus dem Hauſe ſtoſſen zu laſſen.
„Meint ihr nicht, daß ich noch eine Woche laͤn-
„ger hier bleiben koͤnnte?„
Wie kan ich das ſagen/ Fraͤulein!
„Wenn ihr wollet, ſo koͤnntet ihr mir genug
„davon ſagen. Jch darf an niemand ſchreiben,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/190>, abgerufen am 26.11.2024.
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