leichter als andern vor, daß ihre Tochter auch ih- ren Willen aufopfern solle. Aber wenn ich den- cke, auf wessen Anreitzung alles dieses geschehen ist -- GOtt vergebe mir! Wäre man mit mir so umge- gangen, so wäre ich schon längstens bey Herrn Lo- welace. Aber erinnern Sie sich, daß ein Schritt, über den man sich bey einem so heftigen Gemüthe, als das meinige ist, nicht wundern würde, an ei- nem so bedächtlichen Frauenzimmer, als Sie sind, nicht zu entschuldigen wäre.
Nachdem Jhre Frau Mutter wider Willen mit in die Sache gezogen ist, wundere ich mich gar nicht, daß Jhre Baase Hervey, Einen Weg mit ihr gehet: denn die beyden Schweftern halten im- mer zusammen. Jch habe mich erkundiget, von was für Art die Verpflichtung ist, in die Herr Hervey wegen schlechter Haußhaltung gerathen ist. Es scheinet weiter nichts zu seyn, als daß Jhr Bruder eine Schuld bezahlet, für welche eins sei- ner Güter zur Hypotheck gesetzt war, so in Ge- fahr stand dem Schuld-Herrn zugeeignet zu wer- den. Dieses Gut hat er sich davor wieder zur Hy- potheck verschreiben lassen. Eine kleine Wohl- that unter Anverwandten, sonderlich bey so zuläng- licher Sicherheit! und dennoch so groß, daß da- durch die gantze Herveyische Familie dem nieder- trächtigen Wohlthäter verpflichtet ist, welcher ge- gen ihn und seine Baase seit der Zeit vielweniger Umstände macht, wie Fräulein Dolly Hervey guten Freunden geklaget hat.
Soll
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der Clariſſa.
leichter als andern vor, daß ihre Tochter auch ih- ren Willen aufopfern ſolle. Aber wenn ich den- cke, auf weſſen Anreitzung alles dieſes geſchehen iſt ‒‒ GOtt vergebe mir! Waͤre man mit mir ſo umge- gangen, ſo waͤre ich ſchon laͤngſtens bey Herrn Lo- welace. Aber erinnern Sie ſich, daß ein Schritt, uͤber den man ſich bey einem ſo heftigen Gemuͤthe, als das meinige iſt, nicht wundern wuͤrde, an ei- nem ſo bedaͤchtlichen Frauenzimmer, als Sie ſind, nicht zu entſchuldigen waͤre.
Nachdem Jhre Frau Mutter wider Willen mit in die Sache gezogen iſt, wundere ich mich gar nicht, daß Jhre Baaſe Hervey, Einen Weg mit ihr gehet: denn die beyden Schweftern halten im- mer zuſammen. Jch habe mich erkundiget, von was fuͤr Art die Verpflichtung iſt, in die Herr Hervey wegen ſchlechter Haußhaltung gerathen iſt. Es ſcheinet weiter nichts zu ſeyn, als daß Jhr Bruder eine Schuld bezahlet, fuͤr welche eins ſei- ner Guͤter zur Hypotheck geſetzt war, ſo in Ge- fahr ſtand dem Schuld-Herrn zugeeignet zu wer- den. Dieſes Gut hat er ſich davor wieder zur Hy- potheck verſchreiben laſſen. Eine kleine Wohl- that unter Anverwandten, ſonderlich bey ſo zulaͤng- licher Sicherheit! und dennoch ſo groß, daß da- durch die gantze Herveyiſche Familie dem nieder- traͤchtigen Wohlthaͤter verpflichtet iſt, welcher ge- gen ihn und ſeine Baaſe ſeit der Zeit vielweniger Umſtaͤnde macht, wie Fraͤulein Dolly Hervey guten Freunden geklaget hat.
Soll
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der Clariſſa.
leichter als andern vor, daß ihre Tochter auch ih-
ren Willen aufopfern ſolle. Aber wenn ich den-
cke, auf weſſen Anreitzung alles dieſes geſchehen iſt ‒‒
GOtt vergebe mir! Waͤre man mit mir ſo umge-
gangen, ſo waͤre ich ſchon laͤngſtens bey Herrn Lo-
welace. Aber erinnern Sie ſich, daß ein Schritt,
uͤber den man ſich bey einem ſo heftigen Gemuͤthe,
als das meinige iſt, nicht wundern wuͤrde, an ei-
nem ſo bedaͤchtlichen Frauenzimmer, als Sie ſind,
nicht zu entſchuldigen waͤre.
Nachdem Jhre Frau Mutter wider Willen mit
in die Sache gezogen iſt, wundere ich mich gar
nicht, daß Jhre Baaſe Hervey, Einen Weg mit
ihr gehet: denn die beyden Schweftern halten im-
mer zuſammen. Jch habe mich erkundiget, von
was fuͤr Art die Verpflichtung iſt, in die Herr
Hervey wegen ſchlechter Haußhaltung gerathen
iſt. Es ſcheinet weiter nichts zu ſeyn, als daß Jhr
Bruder eine Schuld bezahlet, fuͤr welche eins ſei-
ner Guͤter zur Hypotheck geſetzt war, ſo in Ge-
fahr ſtand dem Schuld-Herrn zugeeignet zu wer-
den. Dieſes Gut hat er ſich davor wieder zur Hy-
potheck verſchreiben laſſen. Eine kleine Wohl-
that unter Anverwandten, ſonderlich bey ſo zulaͤng-
licher Sicherheit! und dennoch ſo groß, daß da-
durch die gantze Herveyiſche Familie dem nieder-
traͤchtigen Wohlthaͤter verpflichtet iſt, welcher ge-
gen ihn und ſeine Baaſe ſeit der Zeit vielweniger
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/25>, abgerufen am 21.11.2024.
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