Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
sen, daß ich dem einen Menschen entgehen kan,
ohne mich deswegen zu den Anverwanten des
andern zu begeben.

Jch sehe jetzt keinen der Meinigen, und höre
auch von keinem unter ihnen etwas, das mir
angenehm seyn könnte. Dieses hat fast das
Ansehen, als wenn sie selbst von dem bevorste-
henden Dienstage, an den ich nicht ohne Zit-
tern dencken kan, wenig Folgen erwarteten.

Darüber, daß mein Onckle Anton bey mei-
ner Unterredung mit Solmes zugegen seyn soll,
freue ich mich zwar nicht sonderlich: ich sehe es
aber doch lieber, als wenn mein Bruder oder
meine Schwester mit zugegen wären. Mein
Onckle hat einen sehr heftigen Zorn: und ich
glaube kaum, daß Herr Lovelace viel hitziger
seyn kan, als er. Zum wenigsten kan er nicht
so böse aussehen/ als mein Onckle wegen sei-
ner starcken Bildung. Diese Herren, die ihr
Glück auf der See gemacht haben, sind nie ge-
wöhnt worden andern nachzugeben, als nur
Wind und Wasser, und diesen wollen sie auch
östers trotzen: und sie brausen oft eben so sehr
als die Winde, auf die sie unwillig zu seyn pfle-
gen. Bey meinem Onckle habe ich diesen Ge-
dancken mehr als einmahl gehabt.

Wenn das wahr ist, was mir mein Onckle Har-
lowe
schreibt, und Elisabeth erzählet, daß Sol-
mes
sich eben so sehr fürchtet mich zu sehen, als
ich ihn, so glaube ich, daß wir beyde einen lä-

cherli-

der Clariſſa.
ſen, daß ich dem einen Menſchen entgehen kan,
ohne mich deswegen zu den Anverwanten des
andern zu begeben.

Jch ſehe jetzt keinen der Meinigen, und hoͤre
auch von keinem unter ihnen etwas, das mir
angenehm ſeyn koͤnnte. Dieſes hat faſt das
Anſehen, als wenn ſie ſelbſt von dem bevorſte-
henden Dienſtage, an den ich nicht ohne Zit-
tern dencken kan, wenig Folgen erwarteten.

Daruͤber, daß mein Onckle Anton bey mei-
ner Unterredung mit Solmes zugegen ſeyn ſoll,
freue ich mich zwar nicht ſonderlich: ich ſehe es
aber doch lieber, als wenn mein Bruder oder
meine Schweſter mit zugegen waͤren. Mein
Onckle hat einen ſehr heftigen Zorn: und ich
glaube kaum, daß Herr Lovelace viel hitziger
ſeyn kan, als er. Zum wenigſten kan er nicht
ſo boͤſe ausſehen/ als mein Onckle wegen ſei-
ner ſtarcken Bildung. Dieſe Herren, die ihr
Gluͤck auf der See gemacht haben, ſind nie ge-
woͤhnt worden andern nachzugeben, als nur
Wind und Waſſer, und dieſen wollen ſie auch
oͤſters trotzen: und ſie brauſen oft eben ſo ſehr
als die Winde, auf die ſie unwillig zu ſeyn pfle-
gen. Bey meinem Onckle habe ich dieſen Ge-
dancken mehr als einmahl gehabt.

Wenn das wahr iſt, was mir mein Onckle Har-
lowe
ſchreibt, und Eliſabeth erzaͤhlet, daß Sol-
mes
ſich eben ſo ſehr fuͤrchtet mich zu ſehen, als
ich ihn, ſo glaube ich, daß wir beyde einen laͤ-

cherli-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0273" n="267"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a</hi>.</hi></fw><lb/>
&#x017F;en, daß ich dem einen Men&#x017F;chen entgehen kan,<lb/>
ohne mich deswegen zu den Anverwanten des<lb/>
andern zu begeben.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;ehe jetzt keinen der Meinigen, und ho&#x0364;re<lb/>
auch von keinem unter ihnen etwas, das mir<lb/>
angenehm &#x017F;eyn ko&#x0364;nnte. Die&#x017F;es hat fa&#x017F;t das<lb/>
An&#x017F;ehen, als wenn &#x017F;ie &#x017F;elb&#x017F;t von dem bevor&#x017F;te-<lb/>
henden Dien&#x017F;tage, an den ich nicht ohne Zit-<lb/>
tern dencken kan, wenig Folgen erwarteten.</p><lb/>
          <p>Daru&#x0364;ber, daß mein Onckle <hi rendition="#fr">Anton</hi> bey mei-<lb/>
ner Unterredung mit <hi rendition="#fr">Solmes</hi> zugegen &#x017F;eyn &#x017F;oll,<lb/>
freue ich mich zwar nicht &#x017F;onderlich: ich &#x017F;ehe es<lb/>
aber doch lieber, als wenn mein Bruder oder<lb/>
meine Schwe&#x017F;ter mit zugegen wa&#x0364;ren. Mein<lb/>
Onckle hat einen &#x017F;ehr heftigen Zorn: und ich<lb/>
glaube kaum, daß <hi rendition="#fr">Herr Lovelace</hi> viel hitziger<lb/>
&#x017F;eyn kan, als er. Zum wenig&#x017F;ten kan er nicht<lb/>
&#x017F;o bo&#x0364;&#x017F;e <hi rendition="#fr">aus&#x017F;ehen/</hi> als mein Onckle wegen &#x017F;ei-<lb/>
ner &#x017F;tarcken Bildung. Die&#x017F;e Herren, die ihr<lb/>
Glu&#x0364;ck auf der See gemacht haben, &#x017F;ind nie ge-<lb/>
wo&#x0364;hnt worden andern nachzugeben, als nur<lb/>
Wind und Wa&#x017F;&#x017F;er, und die&#x017F;en wollen &#x017F;ie auch<lb/>
o&#x0364;&#x017F;ters trotzen: und &#x017F;ie brau&#x017F;en oft eben &#x017F;o &#x017F;ehr<lb/>
als die Winde, auf die &#x017F;ie unwillig zu &#x017F;eyn pfle-<lb/>
gen. Bey meinem Onckle habe ich die&#x017F;en Ge-<lb/>
dancken mehr als einmahl gehabt.</p><lb/>
          <p>Wenn das wahr i&#x017F;t, was mir mein Onckle <hi rendition="#fr">Har-<lb/>
lowe</hi> &#x017F;chreibt, und <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth</hi> erza&#x0364;hlet, daß <hi rendition="#fr">Sol-<lb/>
mes</hi> &#x017F;ich eben &#x017F;o &#x017F;ehr fu&#x0364;rchtet mich zu &#x017F;ehen, als<lb/>
ich ihn, &#x017F;o glaube ich, daß wir beyde einen la&#x0364;-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">cherli-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[267/0273] der Clariſſa. ſen, daß ich dem einen Menſchen entgehen kan, ohne mich deswegen zu den Anverwanten des andern zu begeben. Jch ſehe jetzt keinen der Meinigen, und hoͤre auch von keinem unter ihnen etwas, das mir angenehm ſeyn koͤnnte. Dieſes hat faſt das Anſehen, als wenn ſie ſelbſt von dem bevorſte- henden Dienſtage, an den ich nicht ohne Zit- tern dencken kan, wenig Folgen erwarteten. Daruͤber, daß mein Onckle Anton bey mei- ner Unterredung mit Solmes zugegen ſeyn ſoll, freue ich mich zwar nicht ſonderlich: ich ſehe es aber doch lieber, als wenn mein Bruder oder meine Schweſter mit zugegen waͤren. Mein Onckle hat einen ſehr heftigen Zorn: und ich glaube kaum, daß Herr Lovelace viel hitziger ſeyn kan, als er. Zum wenigſten kan er nicht ſo boͤſe ausſehen/ als mein Onckle wegen ſei- ner ſtarcken Bildung. Dieſe Herren, die ihr Gluͤck auf der See gemacht haben, ſind nie ge- woͤhnt worden andern nachzugeben, als nur Wind und Waſſer, und dieſen wollen ſie auch oͤſters trotzen: und ſie brauſen oft eben ſo ſehr als die Winde, auf die ſie unwillig zu ſeyn pfle- gen. Bey meinem Onckle habe ich dieſen Ge- dancken mehr als einmahl gehabt. Wenn das wahr iſt, was mir mein Onckle Har- lowe ſchreibt, und Eliſabeth erzaͤhlet, daß Sol- mes ſich eben ſo ſehr fuͤrchtet mich zu ſehen, als ich ihn, ſo glaube ich, daß wir beyde einen laͤ- cherli-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/273
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/273>, abgerufen am 22.11.2024.