einen liederlichen Menschen anbeten, wenn sie einen tugendhaften Anbeter haben kan.
Sie meint, es wäre für mich ein groses Glück, daß ich meine Papiere so listig versteckt hätte. Jch könnte leicht dencken, daß sie es wüste, daß ich die Feder immer gebrauche: und da ich die- ses vor ihr geheim zu halten suchte, so dürfte sie es auch nicht als ein anvertrauetes Geheimniß verschweigen. Sie möchte indessen schlim nicht gern ärger machen; sondern suchte lieber alles zum Besten und zur Versöhnung zu lencken. Frieden stifften ist ihre eigene Gabe, und ist es immer gewesen. Wenn sie mir so feind gewe- sen wäre, als ich glaubte, so möchte ich wol nicht mehr hier seyn. Sie wollte mir dieses nicht als eine Wohlthat anpreisen: denn sie glaubte in der That, es würde für mich am besten seyn, wenn nur alles bald vorüber wäre; und das würde auch für sie selbst und für alle im Hause das beste seyn. Einen Winck müste sie mir nur noch geben: ob ich gleich bald wegreisen würde, so würde ich doch auch hier im Hause Feder und Dinte nicht lange mehr in meiner Gewalt haben. Wenn ich mich damit nicht mehr beschäfftigen könnte, so würde es sich zeigen, was sich ein so munteres Gemüth als das meinige, würde zu thun machen können.
Dieser Winck hat so viel bey mir gewürcket, daß ich Federn, Papier und Dinte an mehr als an einem Orte verstecken werde; und zwar theils in dem Sommer-Hause, wenn ich einen sichern
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der Clariſſa.
einen liederlichen Menſchen anbeten, wenn ſie einen tugendhaften Anbeter haben kan.
Sie meint, es waͤre fuͤr mich ein groſes Gluͤck, daß ich meine Papiere ſo liſtig verſteckt haͤtte. Jch koͤnnte leicht dencken, daß ſie es wuͤſte, daß ich die Feder immer gebrauche: und da ich die- ſes vor ihr geheim zu halten ſuchte, ſo duͤrfte ſie es auch nicht als ein anvertrauetes Geheimniß verſchweigen. Sie moͤchte indeſſen ſchlim nicht gern aͤrger machen; ſondern ſuchte lieber alles zum Beſten und zur Verſoͤhnung zu lencken. Frieden ſtifften iſt ihre eigene Gabe, und iſt es immer geweſen. Wenn ſie mir ſo feind gewe- ſen waͤre, als ich glaubte, ſo moͤchte ich wol nicht mehr hier ſeyn. Sie wollte mir dieſes nicht als eine Wohlthat anpreiſen: denn ſie glaubte in der That, es wuͤrde fuͤr mich am beſten ſeyn, wenn nur alles bald voruͤber waͤre; und das wuͤrde auch fuͤr ſie ſelbſt und fuͤr alle im Hauſe das beſte ſeyn. Einen Winck muͤſte ſie mir nur noch geben: ob ich gleich bald wegreiſen wuͤrde, ſo wuͤrde ich doch auch hier im Hauſe Feder und Dinte nicht lange mehr in meiner Gewalt haben. Wenn ich mich damit nicht mehr beſchaͤfftigen koͤnnte, ſo wuͤrde es ſich zeigen, was ſich ein ſo munteres Gemuͤth als das meinige, wuͤrde zu thun machen koͤnnen.
Dieſer Winck hat ſo viel bey mir gewuͤrcket, daß ich Federn, Papier und Dinte an mehr als an einem Orte verſtecken werde; und zwar theils in dem Sommer-Hauſe, wenn ich einen ſichern
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der Clariſſa.
einen liederlichen Menſchen anbeten, wenn ſie
einen tugendhaften Anbeter haben kan.
Sie meint, es waͤre fuͤr mich ein groſes Gluͤck,
daß ich meine Papiere ſo liſtig verſteckt haͤtte.
Jch koͤnnte leicht dencken, daß ſie es wuͤſte, daß
ich die Feder immer gebrauche: und da ich die-
ſes vor ihr geheim zu halten ſuchte, ſo duͤrfte ſie
es auch nicht als ein anvertrauetes Geheimniß
verſchweigen. Sie moͤchte indeſſen ſchlim nicht
gern aͤrger machen; ſondern ſuchte lieber alles
zum Beſten und zur Verſoͤhnung zu lencken.
Frieden ſtifften iſt ihre eigene Gabe, und iſt es
immer geweſen. Wenn ſie mir ſo feind gewe-
ſen waͤre, als ich glaubte, ſo moͤchte ich wol nicht
mehr hier ſeyn. Sie wollte mir dieſes nicht als
eine Wohlthat anpreiſen: denn ſie glaubte in der
That, es wuͤrde fuͤr mich am beſten ſeyn, wenn
nur alles bald voruͤber waͤre; und das wuͤrde
auch fuͤr ſie ſelbſt und fuͤr alle im Hauſe das
beſte ſeyn. Einen Winck muͤſte ſie mir nur
noch geben: ob ich gleich bald wegreiſen wuͤrde,
ſo wuͤrde ich doch auch hier im Hauſe Feder und
Dinte nicht lange mehr in meiner Gewalt haben.
Wenn ich mich damit nicht mehr beſchaͤfftigen
koͤnnte, ſo wuͤrde es ſich zeigen, was ſich ein ſo
munteres Gemuͤth als das meinige, wuͤrde zu thun
machen koͤnnen.
Dieſer Winck hat ſo viel bey mir gewuͤrcket,
daß ich Federn, Papier und Dinte an mehr als
an einem Orte verſtecken werde; und zwar theils
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/367>, abgerufen am 24.11.2024.
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