Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

der Clarissa.
die Rede von mir sey. Allein warum rührte
mich dieses so sehr, da ich doch schon mehrere
Tage unter der Gewalt dieser Grausamen stehe?



Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten
war, ließ ich mich durch Schorey (die ich von
ohngefähr auf der Treppe fand) mit einem kind-
lichen Compliment nach dem Befinden meiner
Mutter erkundigen. Von ohngefehr, sage ich,
fand ich sie: denn kein Bedienter untersteht sich
mir zu begegnen, meine Kerckermeisterin ausge-
nommen. Jch bekam eine solche Antwort, daß
es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er-
kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen
wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge-
wesen bin, Nachricht von ihr zu erfahren. Sie
soll sich nicht nach einer Kranckheit er-
kundigen/ daran sie Schuld ist. Jch will
keine Boten von ihr annehmen.
Das war
ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu
hart!



Jch höre jetzt mit Vergnügen, daß es sich schon
mit meiner Mutter bessert. Es ist eine Colick
gewesen, davon sie sonst öfters einen Anfall hat:
allein man hoffet, daß es vorbey sey. GOtt
gebe es! alles Unglück in diesem Hause kommt
von mir her.

Die-
Zweyter Theil. B b

der Clariſſa.
die Rede von mir ſey. Allein warum ruͤhrte
mich dieſes ſo ſehr, da ich doch ſchon mehrere
Tage unter der Gewalt dieſer Grauſamen ſtehe?



Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten
war, ließ ich mich durch Schorey (die ich von
ohngefaͤhr auf der Treppe fand) mit einem kind-
lichen Compliment nach dem Befinden meiner
Mutter erkundigen. Von ohngefehr, ſage ich,
fand ich ſie: denn kein Bedienter unterſteht ſich
mir zu begegnen, meine Kerckermeiſterin ausge-
nommen. Jch bekam eine ſolche Antwort, daß
es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er-
kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen
wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge-
weſen bin, Nachricht von ihr zu erfahren. Sie
ſoll ſich nicht nach einer Kranckheit er-
kundigen/ daran ſie Schuld iſt. Jch will
keine Boten von ihr annehmen.
Das war
ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu
hart!



Jch hoͤre jetzt mit Vergnuͤgen, daß es ſich ſchon
mit meiner Mutter beſſert. Es iſt eine Colick
geweſen, davon ſie ſonſt oͤfters einen Anfall hat:
allein man hoffet, daß es vorbey ſey. GOtt
gebe es! alles Ungluͤck in dieſem Hauſe kommt
von mir her.

Die-
Zweyter Theil. B b
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0391" n="385"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">der Clari&#x017F;&#x017F;a</hi>.</hi></fw><lb/>
die Rede von mir &#x017F;ey. Allein warum ru&#x0364;hrte<lb/>
mich die&#x017F;es &#x017F;o &#x017F;ehr, da ich doch &#x017F;chon mehrere<lb/>
Tage unter der Gewalt die&#x017F;er Grau&#x017F;amen &#x017F;tehe?</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten<lb/>
war, ließ ich mich durch <hi rendition="#fr">Schorey</hi> (die ich von<lb/>
ohngefa&#x0364;hr auf der Treppe fand) mit einem kind-<lb/>
lichen Compliment nach dem Befinden meiner<lb/>
Mutter erkundigen. Von ohngefehr, &#x017F;age ich,<lb/>
fand ich &#x017F;ie: denn kein Bedienter unter&#x017F;teht &#x017F;ich<lb/>
mir zu begegnen, meine Kerckermei&#x017F;terin ausge-<lb/>
nommen. Jch bekam eine &#x017F;olche Antwort, daß<lb/>
es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er-<lb/>
kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen<lb/>
wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge-<lb/>
we&#x017F;en bin, Nachricht von ihr zu erfahren. <hi rendition="#fr">Sie<lb/>
&#x017F;oll &#x017F;ich nicht nach einer Kranckheit er-<lb/>
kundigen/ daran &#x017F;ie Schuld i&#x017F;t. Jch will<lb/>
keine Boten von ihr annehmen.</hi> Das war<lb/>
ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu<lb/>
hart!</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Jch ho&#x0364;re jetzt mit Vergnu&#x0364;gen, daß es &#x017F;ich &#x017F;chon<lb/>
mit meiner Mutter be&#x017F;&#x017F;ert. Es i&#x017F;t eine Colick<lb/>
gewe&#x017F;en, davon &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t o&#x0364;fters einen Anfall hat:<lb/>
allein man hoffet, daß es vorbey &#x017F;ey. GOtt<lb/>
gebe es! alles Unglu&#x0364;ck in die&#x017F;em Hau&#x017F;e kommt<lb/>
von mir her.</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig"><hi rendition="#fr">Zweyter Theil.</hi> B b</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Die-</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[385/0391] der Clariſſa. die Rede von mir ſey. Allein warum ruͤhrte mich dieſes ſo ſehr, da ich doch ſchon mehrere Tage unter der Gewalt dieſer Grauſamen ſtehe? Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten war, ließ ich mich durch Schorey (die ich von ohngefaͤhr auf der Treppe fand) mit einem kind- lichen Compliment nach dem Befinden meiner Mutter erkundigen. Von ohngefehr, ſage ich, fand ich ſie: denn kein Bedienter unterſteht ſich mir zu begegnen, meine Kerckermeiſterin ausge- nommen. Jch bekam eine ſolche Antwort, daß es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er- kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge- weſen bin, Nachricht von ihr zu erfahren. Sie ſoll ſich nicht nach einer Kranckheit er- kundigen/ daran ſie Schuld iſt. Jch will keine Boten von ihr annehmen. Das war ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu hart! Jch hoͤre jetzt mit Vergnuͤgen, daß es ſich ſchon mit meiner Mutter beſſert. Es iſt eine Colick geweſen, davon ſie ſonſt oͤfters einen Anfall hat: allein man hoffet, daß es vorbey ſey. GOtt gebe es! alles Ungluͤck in dieſem Hauſe kommt von mir her. Die- Zweyter Theil. B b

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/391
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/391>, abgerufen am 22.11.2024.