die Rede von mir sey. Allein warum rührte mich dieses so sehr, da ich doch schon mehrere Tage unter der Gewalt dieser Grausamen stehe?
Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten war, ließ ich mich durch Schorey (die ich von ohngefähr auf der Treppe fand) mit einem kind- lichen Compliment nach dem Befinden meiner Mutter erkundigen. Von ohngefehr, sage ich, fand ich sie: denn kein Bedienter untersteht sich mir zu begegnen, meine Kerckermeisterin ausge- nommen. Jch bekam eine solche Antwort, daß es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er- kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge- wesen bin, Nachricht von ihr zu erfahren. Sie soll sich nicht nach einer Kranckheit er- kundigen/ daran sie Schuld ist. Jch will keine Boten von ihr annehmen. Das war ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu hart!
Jch höre jetzt mit Vergnügen, daß es sich schon mit meiner Mutter bessert. Es ist eine Colick gewesen, davon sie sonst öfters einen Anfall hat: allein man hoffet, daß es vorbey sey. GOtt gebe es! alles Unglück in diesem Hause kommt von mir her.
Die-
Zweyter Theil. B b
der Clariſſa.
die Rede von mir ſey. Allein warum ruͤhrte mich dieſes ſo ſehr, da ich doch ſchon mehrere Tage unter der Gewalt dieſer Grauſamen ſtehe?
Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten war, ließ ich mich durch Schorey (die ich von ohngefaͤhr auf der Treppe fand) mit einem kind- lichen Compliment nach dem Befinden meiner Mutter erkundigen. Von ohngefehr, ſage ich, fand ich ſie: denn kein Bedienter unterſteht ſich mir zu begegnen, meine Kerckermeiſterin ausge- nommen. Jch bekam eine ſolche Antwort, daß es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er- kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge- weſen bin, Nachricht von ihr zu erfahren. Sie ſoll ſich nicht nach einer Kranckheit er- kundigen/ daran ſie Schuld iſt. Jch will keine Boten von ihr annehmen. Das war ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu hart!
Jch hoͤre jetzt mit Vergnuͤgen, daß es ſich ſchon mit meiner Mutter beſſert. Es iſt eine Colick geweſen, davon ſie ſonſt oͤfters einen Anfall hat: allein man hoffet, daß es vorbey ſey. GOtt gebe es! alles Ungluͤck in dieſem Hauſe kommt von mir her.
Die-
Zweyter Theil. B b
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der Clariſſa.
die Rede von mir ſey. Allein warum ruͤhrte
mich dieſes ſo ſehr, da ich doch ſchon mehrere
Tage unter der Gewalt dieſer Grauſamen ſtehe?
Unterdeffen, daß mein Vater in dem Garten
war, ließ ich mich durch Schorey (die ich von
ohngefaͤhr auf der Treppe fand) mit einem kind-
lichen Compliment nach dem Befinden meiner
Mutter erkundigen. Von ohngefehr, ſage ich,
fand ich ſie: denn kein Bedienter unterſteht ſich
mir zu begegnen, meine Kerckermeiſterin ausge-
nommen. Jch bekam eine ſolche Antwort, daß
es mich gereuete mich nach ihrem Befinden er-
kundiget zu haben, ob mich gleich nie gereuen
wird, daß ich in meinem Hertzen begierig ge-
weſen bin, Nachricht von ihr zu erfahren. Sie
ſoll ſich nicht nach einer Kranckheit er-
kundigen/ daran ſie Schuld iſt. Jch will
keine Boten von ihr annehmen. Das war
ihre rauhe Antwort. Hart genug! ach allzu
hart!
Jch hoͤre jetzt mit Vergnuͤgen, daß es ſich ſchon
mit meiner Mutter beſſert. Es iſt eine Colick
geweſen, davon ſie ſonſt oͤfters einen Anfall hat:
allein man hoffet, daß es vorbey ſey. GOtt
gebe es! alles Ungluͤck in dieſem Hauſe kommt
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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