Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Geschichte
wären: daß sich mein Bruder und Schwester
darüber freueten, daß nun bald wieder Friede
im Hause werden würde: daß sich die Bedienten
auch darüber freueten: daß man nächstens den
Trauschein erwartete: daß ich einen Besuch von
dem D. Lewin oder einem andern Geistlichen,
dessen Nahmen sie nicht wüßte, zu gewarten hät-
te, der dem Werck die Crone aufsetzen solte:
und daß noch andere besondere Zurüstungen ge-
macht würden, die mich beynahe in Furcht setzten,
daß man den Mittewochen nicht erwarten, son-
dern mich noch vorher unbereitet und ungewarnt
übereilen würde.

Dieses machte mich sehr unruhig. Jch wuß-
te nicht, wozu ich mich entschliessen sollte. Bald
dachte ich: was kan ich anders thun, als mich in
die Arme der Lady Elis. Lavrance werfen,
und bey ihr Schutz suchen? Bald entschloß ich
mich zu dem Gegentheil, um mich an Lovelace
wegen seiner artigen Klugheit zu rächen, die mir
meine Absichten so entsetzlich verrückte. Endlich
entschloß ich mich, mir noch einmahl den Zu-
spruch meiner Frau Base auf eine halbe Stun-
de auszubitten.

Jch schickte Elisabeth an sie, und ließ sie
bitten. Sie kam auch. Jch bat sie auf das
inständigste, mir zu sagen, ob ich denn nicht eine
Frist von vierzehn Tagen erhalten könnte?

Sie versicherte mir, daß es unmöglich sey.

Wie aber eine Woche? Acht Tage werde ich
doch erhalten können?

Sie

Die Geſchichte
waͤren: daß ſich mein Bruder und Schweſter
daruͤber freueten, daß nun bald wieder Friede
im Hauſe werden wuͤrde: daß ſich die Bedienten
auch daruͤber freueten: daß man naͤchſtens den
Trauſchein erwartete: daß ich einen Beſuch von
dem D. Lewin oder einem andern Geiſtlichen,
deſſen Nahmen ſie nicht wuͤßte, zu gewarten haͤt-
te, der dem Werck die Crone aufſetzen ſolte:
und daß noch andere beſondere Zuruͤſtungen ge-
macht wuͤrden, die mich beynahe in Furcht ſetzten,
daß man den Mittewochen nicht erwarten, ſon-
dern mich noch vorher unbereitet und ungewarnt
uͤbereilen wuͤrde.

Dieſes machte mich ſehr unruhig. Jch wuß-
te nicht, wozu ich mich entſchlieſſen ſollte. Bald
dachte ich: was kan ich anders thun, als mich in
die Arme der Lady Eliſ. Lavrance werfen,
und bey ihr Schutz ſuchen? Bald entſchloß ich
mich zu dem Gegentheil, um mich an Lovelace
wegen ſeiner artigen Klugheit zu raͤchen, die mir
meine Abſichten ſo entſetzlich verruͤckte. Endlich
entſchloß ich mich, mir noch einmahl den Zu-
ſpruch meiner Frau Baſe auf eine halbe Stun-
de auszubitten.

Jch ſchickte Eliſabeth an ſie, und ließ ſie
bitten. Sie kam auch. Jch bat ſie auf das
inſtaͤndigſte, mir zu ſagen, ob ich denn nicht eine
Friſt von vierzehn Tagen erhalten koͤnnte?

Sie verſicherte mir, daß es unmoͤglich ſey.

Wie aber eine Woche? Acht Tage werde ich
doch erhalten koͤnnen?

Sie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0430" n="424"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Die Ge&#x017F;chichte</hi></hi></fw><lb/>
wa&#x0364;ren: daß &#x017F;ich mein Bruder und Schwe&#x017F;ter<lb/>
daru&#x0364;ber freueten, daß nun bald wieder Friede<lb/>
im Hau&#x017F;e werden wu&#x0364;rde: daß &#x017F;ich die Bedienten<lb/>
auch daru&#x0364;ber freueten: daß man na&#x0364;ch&#x017F;tens den<lb/>
Trau&#x017F;chein erwartete: daß ich einen Be&#x017F;uch von<lb/>
dem D. <hi rendition="#fr">Lewin</hi> oder einem andern Gei&#x017F;tlichen,<lb/>
de&#x017F;&#x017F;en Nahmen &#x017F;ie nicht wu&#x0364;ßte, zu gewarten ha&#x0364;t-<lb/>
te, der dem Werck die Crone auf&#x017F;etzen &#x017F;olte:<lb/>
und daß noch andere be&#x017F;ondere Zuru&#x0364;&#x017F;tungen ge-<lb/>
macht wu&#x0364;rden, die mich beynahe in Furcht &#x017F;etzten,<lb/>
daß man den Mittewochen nicht erwarten, &#x017F;on-<lb/>
dern mich noch vorher unbereitet und ungewarnt<lb/>
u&#x0364;bereilen wu&#x0364;rde.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;es machte mich &#x017F;ehr unruhig. Jch wuß-<lb/>
te nicht, wozu ich mich ent&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ollte. Bald<lb/>
dachte ich: was kan ich anders thun, als mich in<lb/>
die Arme der <hi rendition="#fr">Lady Eli&#x017F;. Lavrance</hi> werfen,<lb/>
und bey ihr Schutz &#x017F;uchen? Bald ent&#x017F;chloß ich<lb/>
mich zu dem Gegentheil, um mich an <hi rendition="#fr">Lovelace</hi><lb/>
wegen &#x017F;einer artigen Klugheit zu ra&#x0364;chen, die mir<lb/>
meine Ab&#x017F;ichten &#x017F;o ent&#x017F;etzlich verru&#x0364;ckte. Endlich<lb/>
ent&#x017F;chloß ich mich, mir noch einmahl den Zu-<lb/>
&#x017F;pruch meiner Frau Ba&#x017F;e auf eine halbe Stun-<lb/>
de auszubitten.</p><lb/>
          <p>Jch &#x017F;chickte <hi rendition="#fr">Eli&#x017F;abeth</hi> an &#x017F;ie, und ließ &#x017F;ie<lb/>
bitten. Sie kam auch. Jch bat &#x017F;ie auf das<lb/>
in&#x017F;ta&#x0364;ndig&#x017F;te, mir zu &#x017F;agen, ob ich denn nicht eine<lb/>
Fri&#x017F;t von vierzehn Tagen erhalten ko&#x0364;nnte?</p><lb/>
          <p>Sie ver&#x017F;icherte mir, daß es unmo&#x0364;glich &#x017F;ey.</p><lb/>
          <p>Wie aber eine Woche? Acht Tage werde ich<lb/>
doch erhalten ko&#x0364;nnen?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="catch">Sie</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[424/0430] Die Geſchichte waͤren: daß ſich mein Bruder und Schweſter daruͤber freueten, daß nun bald wieder Friede im Hauſe werden wuͤrde: daß ſich die Bedienten auch daruͤber freueten: daß man naͤchſtens den Trauſchein erwartete: daß ich einen Beſuch von dem D. Lewin oder einem andern Geiſtlichen, deſſen Nahmen ſie nicht wuͤßte, zu gewarten haͤt- te, der dem Werck die Crone aufſetzen ſolte: und daß noch andere beſondere Zuruͤſtungen ge- macht wuͤrden, die mich beynahe in Furcht ſetzten, daß man den Mittewochen nicht erwarten, ſon- dern mich noch vorher unbereitet und ungewarnt uͤbereilen wuͤrde. Dieſes machte mich ſehr unruhig. Jch wuß- te nicht, wozu ich mich entſchlieſſen ſollte. Bald dachte ich: was kan ich anders thun, als mich in die Arme der Lady Eliſ. Lavrance werfen, und bey ihr Schutz ſuchen? Bald entſchloß ich mich zu dem Gegentheil, um mich an Lovelace wegen ſeiner artigen Klugheit zu raͤchen, die mir meine Abſichten ſo entſetzlich verruͤckte. Endlich entſchloß ich mich, mir noch einmahl den Zu- ſpruch meiner Frau Baſe auf eine halbe Stun- de auszubitten. Jch ſchickte Eliſabeth an ſie, und ließ ſie bitten. Sie kam auch. Jch bat ſie auf das inſtaͤndigſte, mir zu ſagen, ob ich denn nicht eine Friſt von vierzehn Tagen erhalten koͤnnte? Sie verſicherte mir, daß es unmoͤglich ſey. Wie aber eine Woche? Acht Tage werde ich doch erhalten koͤnnen? Sie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/430
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 2. Göttingen, 1748, S. 424. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa02_1748/430>, abgerufen am 22.11.2024.