Willen die Reise-Kosten und die Wohnung be- zahlen soll, bis ich eine beständigere Wohnung ha- be: allein ich hoffe auch diese Art der Verpflich- tung nicht lange mehr gegen ihn zu tragen.
Aus Jhrer Nachricht von dem Besuch meines Onckles kann ich freylich sehr wenig Hoffnung zur Versöhnung mit den Meinigen schöpfen, da er sich Mühe gegeben hat, Jhre Frau Mutter gegen ei- ne Person aufzubringen, die er ehemahls selbst liebete, und die jetzt fast von allen Freunden ver- lassen ist. Allein ist es nicht meine Schuldigkeit, einen Versuch zu thun? Soll ich deswegen, weil sie empfindlich sind, auch durch Halstarrigkeit und Empfindlichkeit den Bruch noch größer machen? Sie haben nach dem, was sie wissen, Recht, empfind- lich gegen mich zu seyn, weil sie meine Flucht für freywillig und überlegt ansehen, und sich haben weiß machen lassen, daß ich noch mit dem ihnen so verhaßten Lovelace über sie frohlocken kann. Jch werde mir weniger vorzuwerfen haben, wenn ich alle mögliche Mittel der Versöhnung anwende. Diese Betrachtung hält mich zurück, Jhrem Rath zu folgen, und mich mit ihm trauen zu lassen: inson- derheit, da er sich meine Bedingung, oder wie er es nennet, meinen Befehl mit der größesten Höflichkeit und Unterwerffung gefallen läßt. Eben diese Ursachen halten mich auch ab, mich zu seinen vornehmen Ver- wantinnen zu begeben, deren Vermittelung die Meinigen laut Jhres Briefes schon zum voraus verwerfen. Jch setze alle meine Hoffnung auf die Ankunft des Obristen Morden. Denn ich dencke,
wenn
Willen die Reiſe-Koſten und die Wohnung be- zahlen ſoll, bis ich eine beſtaͤndigere Wohnung ha- be: allein ich hoffe auch dieſe Art der Verpflich- tung nicht lange mehr gegen ihn zu tragen.
Aus Jhrer Nachricht von dem Beſuch meines Onckles kann ich freylich ſehr wenig Hoffnung zur Verſoͤhnung mit den Meinigen ſchoͤpfen, da er ſich Muͤhe gegeben hat, Jhre Frau Mutter gegen ei- ne Perſon aufzubringen, die er ehemahls ſelbſt liebete, und die jetzt faſt von allen Freunden ver- laſſen iſt. Allein iſt es nicht meine Schuldigkeit, einen Verſuch zu thun? Soll ich deswegen, weil ſie empfindlich ſind, auch durch Halſtarrigkeit und Empfindlichkeit den Bruch noch groͤßer machen? Sie haben nach dem, was ſie wiſſen, Recht, empfind- lich gegen mich zu ſeyn, weil ſie meine Flucht fuͤr freywillig und uͤberlegt anſehen, und ſich haben weiß machen laſſen, daß ich noch mit dem ihnen ſo verhaßten Lovelace uͤber ſie frohlocken kann. Jch werde mir weniger vorzuwerfen haben, wenn ich alle moͤgliche Mittel der Verſoͤhnung anwende. Dieſe Betrachtung haͤlt mich zuruͤck, Jhrem Rath zu folgen, und mich mit ihm trauen zu laſſen: inſon- derheit, da er ſich meine Bedingung, oder wie er es nennet, meinen Befehl mit der groͤßeſten Hoͤflichkeit und Unterwerffung gefallen laͤßt. Eben dieſe Urſachen halten mich auch ab, mich zu ſeinen vornehmen Ver- wantinnen zu begeben, deren Vermittelung die Meinigen laut Jhres Briefes ſchon zum voraus verwerfen. Jch ſetze alle meine Hoffnung auf die Ankunft des Obriſten Morden. Denn ich dencke,
wenn
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0128"n="114"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
Willen die Reiſe-Koſten und die Wohnung be-<lb/>
zahlen ſoll, bis ich eine beſtaͤndigere Wohnung ha-<lb/>
be: allein ich hoffe auch dieſe Art der Verpflich-<lb/>
tung nicht lange mehr gegen ihn zu tragen.</p><lb/><p>Aus Jhrer Nachricht von dem Beſuch meines<lb/>
Onckles kann ich freylich ſehr wenig Hoffnung zur<lb/>
Verſoͤhnung mit den Meinigen ſchoͤpfen, da er ſich<lb/>
Muͤhe gegeben hat, Jhre Frau Mutter gegen ei-<lb/>
ne Perſon aufzubringen, die er ehemahls ſelbſt<lb/>
liebete, und die jetzt faſt von allen Freunden ver-<lb/>
laſſen iſt. Allein iſt es nicht meine Schuldigkeit,<lb/>
einen Verſuch zu thun? Soll ich deswegen, weil<lb/>ſie empfindlich ſind, auch durch Halſtarrigkeit und<lb/>
Empfindlichkeit den Bruch noch groͤßer machen?<lb/>
Sie haben nach dem, was ſie wiſſen, Recht, empfind-<lb/>
lich gegen mich zu ſeyn, weil ſie meine Flucht fuͤr<lb/>
freywillig und uͤberlegt anſehen, und ſich haben<lb/>
weiß machen laſſen, daß ich noch mit dem ihnen ſo<lb/>
verhaßten <hirendition="#fr">Lovelace</hi> uͤber ſie frohlocken kann.<lb/>
Jch werde mir weniger vorzuwerfen haben, wenn<lb/>
ich alle moͤgliche Mittel der Verſoͤhnung anwende.<lb/>
Dieſe Betrachtung haͤlt mich zuruͤck, Jhrem Rath<lb/>
zu folgen, und mich mit ihm trauen zu laſſen: inſon-<lb/>
derheit, da er ſich meine Bedingung, oder wie er es<lb/>
nennet, meinen Befehl mit der groͤßeſten Hoͤflichkeit<lb/>
und Unterwerffung gefallen laͤßt. Eben dieſe Urſachen<lb/>
halten mich auch ab, mich zu ſeinen vornehmen Ver-<lb/>
wantinnen zu begeben, deren Vermittelung die<lb/>
Meinigen laut Jhres Briefes ſchon zum voraus<lb/>
verwerfen. Jch ſetze alle meine Hoffnung auf die<lb/>
Ankunft des Obriſten <hirendition="#fr">Morden.</hi> Denn ich dencke,<lb/><fwplace="bottom"type="catch">wenn</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[114/0128]
Willen die Reiſe-Koſten und die Wohnung be-
zahlen ſoll, bis ich eine beſtaͤndigere Wohnung ha-
be: allein ich hoffe auch dieſe Art der Verpflich-
tung nicht lange mehr gegen ihn zu tragen.
Aus Jhrer Nachricht von dem Beſuch meines
Onckles kann ich freylich ſehr wenig Hoffnung zur
Verſoͤhnung mit den Meinigen ſchoͤpfen, da er ſich
Muͤhe gegeben hat, Jhre Frau Mutter gegen ei-
ne Perſon aufzubringen, die er ehemahls ſelbſt
liebete, und die jetzt faſt von allen Freunden ver-
laſſen iſt. Allein iſt es nicht meine Schuldigkeit,
einen Verſuch zu thun? Soll ich deswegen, weil
ſie empfindlich ſind, auch durch Halſtarrigkeit und
Empfindlichkeit den Bruch noch groͤßer machen?
Sie haben nach dem, was ſie wiſſen, Recht, empfind-
lich gegen mich zu ſeyn, weil ſie meine Flucht fuͤr
freywillig und uͤberlegt anſehen, und ſich haben
weiß machen laſſen, daß ich noch mit dem ihnen ſo
verhaßten Lovelace uͤber ſie frohlocken kann.
Jch werde mir weniger vorzuwerfen haben, wenn
ich alle moͤgliche Mittel der Verſoͤhnung anwende.
Dieſe Betrachtung haͤlt mich zuruͤck, Jhrem Rath
zu folgen, und mich mit ihm trauen zu laſſen: inſon-
derheit, da er ſich meine Bedingung, oder wie er es
nennet, meinen Befehl mit der groͤßeſten Hoͤflichkeit
und Unterwerffung gefallen laͤßt. Eben dieſe Urſachen
halten mich auch ab, mich zu ſeinen vornehmen Ver-
wantinnen zu begeben, deren Vermittelung die
Meinigen laut Jhres Briefes ſchon zum voraus
verwerfen. Jch ſetze alle meine Hoffnung auf die
Ankunft des Obriſten Morden. Denn ich dencke,
wenn
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/128>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.