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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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then. Du irrest dich: alles was ich geschrieben
habe, betrifft deinen Vortheil mehr als den ihrigen.
Denn sie kann dich glücklich machen. Allein daß
du sie glücklich machen solltest, das ist beynahe ohn-
möglich, wenn ihr Gemüth eben so artig bleibt als
es jetzt ist. Jch brauche dir dieses nicht zu bewei-
sen: du bist so freymüthig, daß du meinen Satz
wol selbst unterschreiben würdest. Jch rathe dir
nicht deswegen zum Ehestande, weil ich selbst grosse
Lust dazu habe; ich dencke wahrhaftig noch nicht
darauf mich in eheliche Fesseln schmieden zu lassen.
Allein da du der letzte von deinem Nahmen bist,
da deine Familie alt und ansehnlich ist, da du selbst
dich künftig zu verheyrathen gedenckest: so überlege
doch nur, ob du jemahls wieder eine solche Parthey
finden wirst, als du jetzt hast? ein Frauenzimmer
von einem so guten Geschlecht, dessen du dich nicht
schämen darfst (ob dir gleich dein Hochadlicher
Hochmuth den Kopf oft so herumdrehet, daß du von
allen Familien verächtlich redest, denen du feind bist)
ein Frauenzimmer von unvergleichlicher Schön-
heit, das Tugend, Klugheit und eine Seele hat?
(Seele will ich jetzt für Verstand nehmen.)

Bist du nicht ein kleiner Geist, daß du dein Ver-
gnügen dem Glück aller deiner Nachkommen vorzie-
hest? Du solltest dir eine Ehre machen, Kinder auf
eine Ewigkeit zu zeugen und dein Geschlecht und
Nahmen unsterblich zu machen, allein du willst
nicht anfangen bis daß die Rase-Jahre völlig vorbey
sind, das ist, bis Kranckheiten und Alter dich un-
tüchtig machen. Willst du dir den Fluch aller dei-

ner



then. Du irreſt dich: alles was ich geſchrieben
habe, betrifft deinen Vortheil mehr als den ihrigen.
Denn ſie kann dich gluͤcklich machen. Allein daß
du ſie gluͤcklich machen ſollteſt, das iſt beynahe ohn-
moͤglich, wenn ihr Gemuͤth eben ſo artig bleibt als
es jetzt iſt. Jch brauche dir dieſes nicht zu bewei-
ſen: du biſt ſo freymuͤthig, daß du meinen Satz
wol ſelbſt unterſchreiben wuͤrdeſt. Jch rathe dir
nicht deswegen zum Eheſtande, weil ich ſelbſt groſſe
Luſt dazu habe; ich dencke wahrhaftig noch nicht
darauf mich in eheliche Feſſeln ſchmieden zu laſſen.
Allein da du der letzte von deinem Nahmen biſt,
da deine Familie alt und anſehnlich iſt, da du ſelbſt
dich kuͤnftig zu verheyrathen gedenckeſt: ſo uͤberlege
doch nur, ob du jemahls wieder eine ſolche Parthey
finden wirſt, als du jetzt haſt? ein Frauenzimmer
von einem ſo guten Geſchlecht, deſſen du dich nicht
ſchaͤmen darfſt (ob dir gleich dein Hochadlicher
Hochmuth den Kopf oft ſo herumdrehet, daß du von
allen Familien veraͤchtlich redeſt, denen du feind biſt)
ein Frauenzimmer von unvergleichlicher Schoͤn-
heit, das Tugend, Klugheit und eine Seele hat?
(Seele will ich jetzt fuͤr Verſtand nehmen.)

Biſt du nicht ein kleiner Geiſt, daß du dein Ver-
gnuͤgen dem Gluͤck aller deiner Nachkommen vorzie-
heſt? Du ſollteſt dir eine Ehre machen, Kinder auf
eine Ewigkeit zu zeugen und dein Geſchlecht und
Nahmen unſterblich zu machen, allein du willſt
nicht anfangen bis daß die Raſe-Jahre voͤllig vorbey
ſind, das iſt, bis Kranckheiten und Alter dich un-
tuͤchtig machen. Willſt du dir den Fluch aller dei-

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[380/0394] then. Du irreſt dich: alles was ich geſchrieben habe, betrifft deinen Vortheil mehr als den ihrigen. Denn ſie kann dich gluͤcklich machen. Allein daß du ſie gluͤcklich machen ſollteſt, das iſt beynahe ohn- moͤglich, wenn ihr Gemuͤth eben ſo artig bleibt als es jetzt iſt. Jch brauche dir dieſes nicht zu bewei- ſen: du biſt ſo freymuͤthig, daß du meinen Satz wol ſelbſt unterſchreiben wuͤrdeſt. Jch rathe dir nicht deswegen zum Eheſtande, weil ich ſelbſt groſſe Luſt dazu habe; ich dencke wahrhaftig noch nicht darauf mich in eheliche Feſſeln ſchmieden zu laſſen. Allein da du der letzte von deinem Nahmen biſt, da deine Familie alt und anſehnlich iſt, da du ſelbſt dich kuͤnftig zu verheyrathen gedenckeſt: ſo uͤberlege doch nur, ob du jemahls wieder eine ſolche Parthey finden wirſt, als du jetzt haſt? ein Frauenzimmer von einem ſo guten Geſchlecht, deſſen du dich nicht ſchaͤmen darfſt (ob dir gleich dein Hochadlicher Hochmuth den Kopf oft ſo herumdrehet, daß du von allen Familien veraͤchtlich redeſt, denen du feind biſt) ein Frauenzimmer von unvergleichlicher Schoͤn- heit, das Tugend, Klugheit und eine Seele hat? (Seele will ich jetzt fuͤr Verſtand nehmen.) Biſt du nicht ein kleiner Geiſt, daß du dein Ver- gnuͤgen dem Gluͤck aller deiner Nachkommen vorzie- heſt? Du ſollteſt dir eine Ehre machen, Kinder auf eine Ewigkeit zu zeugen und dein Geſchlecht und Nahmen unſterblich zu machen, allein du willſt nicht anfangen bis daß die Raſe-Jahre voͤllig vorbey ſind, das iſt, bis Kranckheiten und Alter dich un- tuͤchtig machen. Willſt du dir den Fluch aller dei- ner

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 380. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/394>, abgerufen am 22.12.2024.