dienen? Selbst alsdenn würde ich dieser Unterlas- sungs-Sünde mich nicht fchuldig machen, wenn es einen Briefwechsel mit einer Freundin beträfe, die mir nicht so lieb und theuer wäre als Sie.
Herr Hickman meint, daß er schwere Gewissens- Fragen entscheiden könne: er hat mir sein theologi- sches Bedencken nicht vorenthalten, und glaubt, daß ich bey solchen Umständen den Briefwechsel nicht aufgeben solle. Es ist für ihn ein Glück, daß er gleiche Einsichten mit mir hat: denn weil mich meine Mutter unwillig gemacht hat, so suche ich jetzt einen, mit dem ich mich zancken könne.
Jch will mich, um Sie zu beruhigen, so weit be- quemen: ich will einige Tage lang nicht an Sie schreiben, wenn keine ausserordentliche Zufälle mich dazu nöthigen, bis das Verbot meiner Mutter alt wird. Allein ich kann Sie des Briefwechsels ohn- möglich erlassen, Sie müssen dem ohngeachtet an mich schreiben. Mein Hertz, mein Gewissen und meine Ehre leiden es nicht, daß sich mein Gehorsam so weit erstrecke.
Wie will ich es aber anfangen? -- Es soll alles gut werden. Meine Mutter darf nur noch Einen solchen Schritt wagen, so will ich in der Stille nach London flüchten, und Sie nicht verlassen, bis Sie entweder getrauet oder gantz frey von Herrn Lovela- cen sind. Jn diesem letzten Falle will ich Sie der Welt zum Trotz mit nach unserem Hause bringen: oder, wenn Sie das nicht wollen, so will ich bey Jhnen bleiben, und Sie als Jhr Schatten beglei- ten.
Er-
Dritter Theil. K k
dienen? Selbſt alsdenn wuͤrde ich dieſer Unterlaſ- ſungs-Suͤnde mich nicht fchuldig machen, wenn es einen Briefwechſel mit einer Freundin betraͤfe, die mir nicht ſo lieb und theuer waͤre als Sie.
Herr Hickman meint, daß er ſchwere Gewiſſens- Fragen entſcheiden koͤnne: er hat mir ſein theologi- ſches Bedencken nicht vorenthalten, und glaubt, daß ich bey ſolchen Umſtaͤnden den Briefwechſel nicht aufgeben ſolle. Es iſt fuͤr ihn ein Gluͤck, daß er gleiche Einſichten mit mir hat: denn weil mich meine Mutter unwillig gemacht hat, ſo ſuche ich jetzt einen, mit dem ich mich zancken koͤnne.
Jch will mich, um Sie zu beruhigen, ſo weit be- quemen: ich will einige Tage lang nicht an Sie ſchreiben, wenn keine auſſerordentliche Zufaͤlle mich dazu noͤthigen, bis das Verbot meiner Mutter alt wird. Allein ich kann Sie des Briefwechſels ohn- moͤglich erlaſſen, Sie muͤſſen dem ohngeachtet an mich ſchreiben. Mein Hertz, mein Gewiſſen und meine Ehre leiden es nicht, daß ſich mein Gehorſam ſo weit erſtrecke.
Wie will ich es aber anfangen? ‒‒ Es ſoll alles gut werden. Meine Mutter darf nur noch Einen ſolchen Schritt wagen, ſo will ich in der Stille nach London fluͤchten, und Sie nicht verlaſſen, bis Sie entweder getrauet oder gantz frey von Herrn Lovela- cen ſind. Jn dieſem letzten Falle will ich Sie der Welt zum Trotz mit nach unſerem Hauſe bringen: oder, wenn Sie das nicht wollen, ſo will ich bey Jhnen bleiben, und Sie als Jhr Schatten beglei- ten.
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Dritter Theil. K k
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dienen? Selbſt alsdenn wuͤrde ich dieſer Unterlaſ-
ſungs-Suͤnde mich nicht fchuldig machen, wenn es
einen Briefwechſel mit einer Freundin betraͤfe, die
mir nicht ſo lieb und theuer waͤre als Sie.
Herr Hickman meint, daß er ſchwere Gewiſſens-
Fragen entſcheiden koͤnne: er hat mir ſein theologi-
ſches Bedencken nicht vorenthalten, und glaubt,
daß ich bey ſolchen Umſtaͤnden den Briefwechſel nicht
aufgeben ſolle. Es iſt fuͤr ihn ein Gluͤck, daß er
gleiche Einſichten mit mir hat: denn weil mich meine
Mutter unwillig gemacht hat, ſo ſuche ich jetzt einen,
mit dem ich mich zancken koͤnne.
Jch will mich, um Sie zu beruhigen, ſo weit be-
quemen: ich will einige Tage lang nicht an Sie
ſchreiben, wenn keine auſſerordentliche Zufaͤlle mich
dazu noͤthigen, bis das Verbot meiner Mutter alt
wird. Allein ich kann Sie des Briefwechſels ohn-
moͤglich erlaſſen, Sie muͤſſen dem ohngeachtet an
mich ſchreiben. Mein Hertz, mein Gewiſſen und
meine Ehre leiden es nicht, daß ſich mein Gehorſam
ſo weit erſtrecke.
Wie will ich es aber anfangen? ‒‒ Es ſoll alles
gut werden. Meine Mutter darf nur noch Einen
ſolchen Schritt wagen, ſo will ich in der Stille nach
London fluͤchten, und Sie nicht verlaſſen, bis Sie
entweder getrauet oder gantz frey von Herrn Lovela-
cen ſind. Jn dieſem letzten Falle will ich Sie der
Welt zum Trotz mit nach unſerem Hauſe bringen:
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ten.
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Dritter Theil. K k
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/527>, abgerufen am 22.12.2024.
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