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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749.

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Lerne künftig von mir, das Geschlecht höher zu
schätzen, dem wir unser angenehmstes Vergnügen
zu dancken haben.

Jch werde so gleich mehr schreiben.



Der sechs und siebenzigste Brief
von
Herrn Lovelacen, eine Fortsetzung des vorigen.

Du hast recht, wenn du mir das betrüglichste
und listigste Hertz
zuschreibest. Dieses ge-
reicht mir zur Ehre! Jch dancke dir für deinen Lob-
spruch. Du kannst sehr richtig urtheilen. Jch brü-
ste mich wie der Geistliche des Boileau, und ma-
che aus Hochmuth einen großmächtigen Unterkinn.
Bin ich nicht schuldig, das Lob zu verdienen, das
du mir ertheilest? Du wirst doch nicht verlangen,
daß ich für unbegangne Sünden Busse thun soll?

Alle Tugenden und Annehmlichkeiten sind die
Bedienten meiner Schönen. "Sie ist (wie du
"schreibest) zur Ehre des Jahrhunderts, in
"dem sie lebt, gebohren:" (du hast bis hieher
Recht) "und wenn sie zu der höchsten Würde in der
"Welt stiege, so würde doch Rang und Würde
"durch sie geehret werden." Allein was würde
dieses für ein Lob meines Kindes seyn, wenn Rang
und Würde ohne eigene Verdienste wäre? Würde!
Höchste Würde!
kickel kackel! Du kennest
mich, und bist doch noch von Hermelin, von Flit-
ter-Gold, von gefärbten Bändern eingenommen!

Jch


Lerne kuͤnftig von mir, das Geſchlecht hoͤher zu
ſchaͤtzen, dem wir unſer angenehmſtes Vergnuͤgen
zu dancken haben.

Jch werde ſo gleich mehr ſchreiben.



Der ſechs und ſiebenzigſte Brief
von
Herrn Lovelacen, eine Fortſetzung des vorigen.

Du haſt recht, wenn du mir das betruͤglichſte
und liſtigſte Hertz
zuſchreibeſt. Dieſes ge-
reicht mir zur Ehre! Jch dancke dir fuͤr deinen Lob-
ſpruch. Du kannſt ſehr richtig urtheilen. Jch bruͤ-
ſte mich wie der Geiſtliche des Boileau, und ma-
che aus Hochmuth einen großmaͤchtigen Unterkinn.
Bin ich nicht ſchuldig, das Lob zu verdienen, das
du mir ertheileſt? Du wirſt doch nicht verlangen,
daß ich fuͤr unbegangne Suͤnden Buſſe thun ſoll?

Alle Tugenden und Annehmlichkeiten ſind die
Bedienten meiner Schoͤnen. „Sie iſt (wie du
„ſchreibeſt) zur Ehre des Jahrhunderts, in
„dem ſie lebt, gebohren:„ (du haſt bis hieher
Recht) „und wenn ſie zu der hoͤchſten Wuͤrde in der
„Welt ſtiege, ſo wuͤrde doch Rang und Wuͤrde
„durch ſie geehret werden.„ Allein was wuͤrde
dieſes fuͤr ein Lob meines Kindes ſeyn, wenn Rang
und Wuͤrde ohne eigene Verdienſte waͤre? Wuͤrde!
Hoͤchſte Wuͤrde!
kickel kackel! Du kenneſt
mich, und biſt doch noch von Hermelin, von Flit-
ter-Gold, von gefaͤrbten Baͤndern eingenommen!

Jch
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[541/0555] Lerne kuͤnftig von mir, das Geſchlecht hoͤher zu ſchaͤtzen, dem wir unſer angenehmſtes Vergnuͤgen zu dancken haben. Jch werde ſo gleich mehr ſchreiben. Der ſechs und ſiebenzigſte Brief von Herrn Lovelacen, eine Fortſetzung des vorigen. Du haſt recht, wenn du mir das betruͤglichſte und liſtigſte Hertz zuſchreibeſt. Dieſes ge- reicht mir zur Ehre! Jch dancke dir fuͤr deinen Lob- ſpruch. Du kannſt ſehr richtig urtheilen. Jch bruͤ- ſte mich wie der Geiſtliche des Boileau, und ma- che aus Hochmuth einen großmaͤchtigen Unterkinn. Bin ich nicht ſchuldig, das Lob zu verdienen, das du mir ertheileſt? Du wirſt doch nicht verlangen, daß ich fuͤr unbegangne Suͤnden Buſſe thun ſoll? Alle Tugenden und Annehmlichkeiten ſind die Bedienten meiner Schoͤnen. „Sie iſt (wie du „ſchreibeſt) zur Ehre des Jahrhunderts, in „dem ſie lebt, gebohren:„ (du haſt bis hieher Recht) „und wenn ſie zu der hoͤchſten Wuͤrde in der „Welt ſtiege, ſo wuͤrde doch Rang und Wuͤrde „durch ſie geehret werden.„ Allein was wuͤrde dieſes fuͤr ein Lob meines Kindes ſeyn, wenn Rang und Wuͤrde ohne eigene Verdienſte waͤre? Wuͤrde! Hoͤchſte Wuͤrde! kickel kackel! Du kenneſt mich, und biſt doch noch von Hermelin, von Flit- ter-Gold, von gefaͤrbten Baͤndern eingenommen! Jch

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/555>, abgerufen am 22.12.2024.