vorstellen, wie viele Bewunderer Sie haben werden, und wie wenige unter diesen würdig seyn können, sich einige Hoffnung auf Sie zu machen.
Es scheint, daß Jhre gütige Eltern aus unge- meiner Liebe gegen eine so liebenswürdige Tochter Jh- nen erlaubt haben, einige Partheyen auszuschlagen: sie haben aber endlich einen Freyer Jhnen mit meh- rerem Nachdruck anzupreisen für gut befunden, weil sich ein anderer fand, gegen dessen Gesuch sie wichti- ge Einwendungen haben mögen. Es kömmt mir so vor, daß Jhre Eltern zu Anfang aus Jhrem Be- tragen keine ausnehmende Abneigung haben schlies- sen können; und daß sie deswegen weiter gegangen sind. Vielleicht haben sie auch zu sehr für ein so blö- des Gemüth geeilet. Als aber alles von ihrer Sei- ten richtig war, und man ausnehmend-vortheilhafte Bedingungen für Sie erhalten hatte, aus denen man die Liebe dieses Herrn zu Jhnen deutlich sehen konnte: so treten Sie auf einmal mit einer solchen Heftigkeit zurück, die sich für Jhr artiges und gefäl- liges Gemüth, für das Gemüth, das sonst alle Jh- re Handlung mit so vieler Anmuth belebte, kaum zu schicken scheint.
Jch weiß von diesen beyden Herren nur wenig: doch weiß ich mehr von Herrn Lovelacen als von dem Herrn Solmes. Jch wünschete, daß ich mehr zu seinem Lobe sagen könnte, als ich mit Wahr- heit sagen kann. Jhr Bruder gestehet, daß zwi- schen den beyden Herren sonst gar keine Vergleichung anzustellen sey, ein eintziges Stück ausgenommen: allein dieses eine überwieget alle übrigen Stücke,
die
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vorſtellen, wie viele Bewunderer Sie haben werden, und wie wenige unter dieſen wuͤrdig ſeyn koͤnnen, ſich einige Hoffnung auf Sie zu machen.
Es ſcheint, daß Jhre guͤtige Eltern aus unge- meiner Liebe gegen eine ſo liebenswuͤrdige Tochter Jh- nen erlaubt haben, einige Partheyen auszuſchlagen: ſie haben aber endlich einen Freyer Jhnen mit meh- rerem Nachdruck anzupreiſen fuͤr gut befunden, weil ſich ein anderer fand, gegen deſſen Geſuch ſie wichti- ge Einwendungen haben moͤgen. Es koͤmmt mir ſo vor, daß Jhre Eltern zu Anfang aus Jhrem Be- tragen keine ausnehmende Abneigung haben ſchlieſ- ſen koͤnnen; und daß ſie deswegen weiter gegangen ſind. Vielleicht haben ſie auch zu ſehr fuͤr ein ſo bloͤ- des Gemuͤth geeilet. Als aber alles von ihrer Sei- ten richtig war, und man ausnehmend-vortheilhafte Bedingungen fuͤr Sie erhalten hatte, aus denen man die Liebe dieſes Herrn zu Jhnen deutlich ſehen konnte: ſo treten Sie auf einmal mit einer ſolchen Heftigkeit zuruͤck, die ſich fuͤr Jhr artiges und gefaͤl- liges Gemuͤth, fuͤr das Gemuͤth, das ſonſt alle Jh- re Handlung mit ſo vieler Anmuth belebte, kaum zu ſchicken ſcheint.
Jch weiß von dieſen beyden Herren nur wenig: doch weiß ich mehr von Herrn Lovelacen als von dem Herrn Solmes. Jch wuͤnſchete, daß ich mehr zu ſeinem Lobe ſagen koͤnnte, als ich mit Wahr- heit ſagen kann. Jhr Bruder geſtehet, daß zwi- ſchen den beyden Herren ſonſt gar keine Vergleichung anzuſtellen ſey, ein eintziges Stuͤck ausgenommen: allein dieſes eine uͤberwieget alle uͤbrigen Stuͤcke,
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vorſtellen, wie viele Bewunderer Sie haben werden,
und wie wenige unter dieſen wuͤrdig ſeyn koͤnnen, ſich
einige Hoffnung auf Sie zu machen.
Es ſcheint, daß Jhre guͤtige Eltern aus unge-
meiner Liebe gegen eine ſo liebenswuͤrdige Tochter Jh-
nen erlaubt haben, einige Partheyen auszuſchlagen:
ſie haben aber endlich einen Freyer Jhnen mit meh-
rerem Nachdruck anzupreiſen fuͤr gut befunden, weil
ſich ein anderer fand, gegen deſſen Geſuch ſie wichti-
ge Einwendungen haben moͤgen. Es koͤmmt mir
ſo vor, daß Jhre Eltern zu Anfang aus Jhrem Be-
tragen keine ausnehmende Abneigung haben ſchlieſ-
ſen koͤnnen; und daß ſie deswegen weiter gegangen
ſind. Vielleicht haben ſie auch zu ſehr fuͤr ein ſo bloͤ-
des Gemuͤth geeilet. Als aber alles von ihrer Sei-
ten richtig war, und man ausnehmend-vortheilhafte
Bedingungen fuͤr Sie erhalten hatte, aus denen
man die Liebe dieſes Herrn zu Jhnen deutlich ſehen
konnte: ſo treten Sie auf einmal mit einer ſolchen
Heftigkeit zuruͤck, die ſich fuͤr Jhr artiges und gefaͤl-
liges Gemuͤth, fuͤr das Gemuͤth, das ſonſt alle Jh-
re Handlung mit ſo vieler Anmuth belebte, kaum zu
ſchicken ſcheint.
Jch weiß von dieſen beyden Herren nur wenig:
doch weiß ich mehr von Herrn Lovelacen als von
dem Herrn Solmes. Jch wuͤnſchete, daß ich
mehr zu ſeinem Lobe ſagen koͤnnte, als ich mit Wahr-
heit ſagen kann. Jhr Bruder geſtehet, daß zwi-
ſchen den beyden Herren ſonſt gar keine Vergleichung
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allein dieſes eine uͤberwieget alle uͤbrigen Stuͤcke,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 3. Göttingen, 1749, S. 551. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa03_1749/565>, abgerufen am 22.12.2024.
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