Jch hatte ihr durchdie Dorcas vorstellen las- sen, in was für Gefahr sie wegen Singletons stünde, und ich bat sie, nicht auszugehen, wenn sie mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort war: es wären nur zwey Spielhäuser in der Stadt und dennoch wäre gestern keine Gefahr gewesen; da nun mehr als hundert Kirchen in London wären, so sey noch viel weniger Gefahr zu besorgen. Sie ließ sich nach St. James Kirche tragen.
Das Kind würde sich mehr bemühen, mir gefällig zu seyn, wenn es wüßte, was ich weiß, und wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hause in den Ohren liegen. Denn diese beschweren sich be- ständig, daß sie sich um meinetwillen so viel zurück halten und immer gegenwärtig seyn müßten: sie dürften sich beynahe gar nicht mehr um das Vor- der-Haus bekümmern: und in ihr artiges Hinter- Gebäude dürsten sie keine Gesellschaft bringen um nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar nicht daran, daß ich es ihnen vergelten würde: allein sie fragen mich (nicht anders als wenn sie ihre Pfeile aus des Lords M. seinen Köcher gebor- get hätten) warum ich eine so langsame Erndte bey so wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht, Mädchens! so bald sie nach Hause kommt, will ich den Anfang machen.
Jch habe den Brief gelesen, der heute von der Fräulein Howe eingelaufen ist. Meuderey, Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-
de
Jch hatte ihr durchdie Dorcas vorſtellen laſ- ſen, in was fuͤr Gefahr ſie wegen Singletons ſtuͤnde, und ich bat ſie, nicht auszugehen, wenn ſie mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort war: es waͤren nur zwey Spielhaͤuſer in der Stadt und dennoch waͤre geſtern keine Gefahr geweſen; da nun mehr als hundert Kirchen in London waͤren, ſo ſey noch viel weniger Gefahr zu beſorgen. Sie ließ ſich nach St. James Kirche tragen.
Das Kind wuͤrde ſich mehr bemuͤhen, mir gefaͤllig zu ſeyn, wenn es wuͤßte, was ich weiß, und wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hauſe in den Ohren liegen. Denn dieſe beſchweren ſich be- ſtaͤndig, daß ſie ſich um meinetwillen ſo viel zuruͤck halten und immer gegenwaͤrtig ſeyn muͤßten: ſie duͤrften ſich beynahe gar nicht mehr um das Vor- der-Haus bekuͤmmern: und in ihr artiges Hinter- Gebaͤude duͤrſten ſie keine Geſellſchaft bringen um nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar nicht daran, daß ich es ihnen vergelten wuͤrde: allein ſie fragen mich (nicht anders als wenn ſie ihre Pfeile aus des Lords M. ſeinen Koͤcher gebor- get haͤtten) warum ich eine ſo langſame Erndte bey ſo wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht, Maͤdchens! ſo bald ſie nach Hauſe kommt, will ich den Anfang machen.
Jch habe den Brief geleſen, der heute von der Fraͤulein Howe eingelaufen iſt. Meuderey, Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-
de
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0200"n="194"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jch hatte ihr durchdie <hirendition="#fr">Dorcas</hi> vorſtellen laſ-<lb/>ſen, in was fuͤr Gefahr ſie wegen <hirendition="#fr">Singletons</hi><lb/>ſtuͤnde, und ich bat ſie, nicht auszugehen, wenn ſie<lb/>
mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort<lb/>
war: es waͤren nur zwey Spielhaͤuſer in der Stadt<lb/>
und dennoch waͤre geſtern keine Gefahr geweſen;<lb/>
da nun mehr als hundert Kirchen in <hirendition="#fr">London</hi><lb/>
waͤren, ſo ſey noch viel weniger Gefahr zu beſorgen.<lb/>
Sie ließ ſich nach <hirendition="#fr">St. James</hi> Kirche tragen.</p><lb/><p>Das Kind wuͤrde ſich mehr bemuͤhen, mir<lb/>
gefaͤllig zu ſeyn, wenn es wuͤßte, was ich weiß, und<lb/>
wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hauſe in<lb/>
den Ohren liegen. Denn dieſe beſchweren ſich be-<lb/>ſtaͤndig, daß ſie ſich um meinetwillen ſo viel zuruͤck<lb/>
halten und immer gegenwaͤrtig ſeyn muͤßten: ſie<lb/>
duͤrften ſich beynahe gar nicht mehr um das Vor-<lb/>
der-Haus bekuͤmmern: und in ihr artiges Hinter-<lb/>
Gebaͤude duͤrſten ſie keine Geſellſchaft bringen um<lb/>
nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar<lb/>
nicht daran, daß ich es ihnen vergelten wuͤrde:<lb/>
allein ſie fragen mich (nicht anders als wenn ſie<lb/>
ihre Pfeile aus des Lords M. ſeinen Koͤcher gebor-<lb/>
get haͤtten) warum ich eine ſo langſame Erndte<lb/>
bey ſo wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht,<lb/>
Maͤdchens! ſo bald ſie nach Hauſe kommt, will<lb/>
ich den Anfang machen.</p><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jch habe den Brief geleſen, der heute von der<lb/>
Fraͤulein <hirendition="#fr">Howe</hi> eingelaufen iſt. Meuderey,<lb/>
Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">de</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[194/0200]
Jch hatte ihr durchdie Dorcas vorſtellen laſ-
ſen, in was fuͤr Gefahr ſie wegen Singletons
ſtuͤnde, und ich bat ſie, nicht auszugehen, wenn ſie
mich nicht mitnehmen wollte. Jhre Antwort
war: es waͤren nur zwey Spielhaͤuſer in der Stadt
und dennoch waͤre geſtern keine Gefahr geweſen;
da nun mehr als hundert Kirchen in London
waͤren, ſo ſey noch viel weniger Gefahr zu beſorgen.
Sie ließ ſich nach St. James Kirche tragen.
Das Kind wuͤrde ſich mehr bemuͤhen, mir
gefaͤllig zu ſeyn, wenn es wuͤßte, was ich weiß, und
wie mir die Frauens-Leute unten in dem Hauſe in
den Ohren liegen. Denn dieſe beſchweren ſich be-
ſtaͤndig, daß ſie ſich um meinetwillen ſo viel zuruͤck
halten und immer gegenwaͤrtig ſeyn muͤßten: ſie
duͤrften ſich beynahe gar nicht mehr um das Vor-
der-Haus bekuͤmmern: und in ihr artiges Hinter-
Gebaͤude duͤrſten ſie keine Geſellſchaft bringen um
nicht Argwohn zu erregen. Sie zweifelten zwar
nicht daran, daß ich es ihnen vergelten wuͤrde:
allein ſie fragen mich (nicht anders als wenn ſie
ihre Pfeile aus des Lords M. ſeinen Koͤcher gebor-
get haͤtten) warum ich eine ſo langſame Erndte
bey ſo wenigem Korn haben wollte? Jhr habt recht,
Maͤdchens! ſo bald ſie nach Hauſe kommt, will
ich den Anfang machen.
Jch habe den Brief geleſen, der heute von der
Fraͤulein Howe eingelaufen iſt. Meuderey,
Hochverrath, Hexerey, alles mit einander! ich wer-
de
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 194. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/200>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.