[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.de die Fräulein Harlowe ohnmöglich mit Geduld sehen können. Unsere Nymphen haben recht: was ist es nöthig die Nacht zu erwarten? Sarah und Marichen erinnern mich beyde an meinen Haupt- Sturm, den ich auf sie gewagt habe. Allein durch Gewalt erhalte ich meinen Endzweck nicht! Doch wer weiß, ob ich ihn nicht erhalte? wenn es an- ders wahr ist, was wir sagen: einmahl besieget, immer besieget. Welches Frauenzimmer wird zu unsern Wünschen ein deutliches Ja sagen? Sie ist nach Hause gekommen: sie will mich Weil ich sie nicht sprechen kann, und sie über Der erste Brief, dessen sie habhafft werden dacht, N 2
de die Fraͤulein Harlowe ohnmoͤglich mit Geduld ſehen koͤnnen. Unſere Nymphen haben recht: was iſt es noͤthig die Nacht zu erwarten? Sarah und Marichen erinnern mich beyde an meinen Haupt- Sturm, den ich auf ſie gewagt habe. Allein durch Gewalt erhalte ich meinen Endzweck nicht! Doch wer weiß, ob ich ihn nicht erhalte? wenn es an- ders wahr iſt, was wir ſagen: einmahl beſieget, immer beſieget. Welches Frauenzimmer wird zu unſern Wuͤnſchen ein deutliches Ja ſagen? Sie iſt nach Hauſe gekommen: ſie will mich Weil ich ſie nicht ſprechen kann, und ſie uͤber Der erſte Brief, deſſen ſie habhafft werden dacht, N 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0201" n="195"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> de die Fraͤulein <hi rendition="#fr">Harlowe</hi> ohnmoͤglich mit Geduld<lb/> ſehen koͤnnen. Unſere Nymphen haben recht: was<lb/> iſt es noͤthig die Nacht zu erwarten? <hi rendition="#fr">Sarah</hi> und<lb/><hi rendition="#fr">Marichen</hi> erinnern mich beyde an meinen Haupt-<lb/> Sturm, den ich auf ſie gewagt habe. Allein durch<lb/> Gewalt erhalte ich meinen Endzweck nicht! Doch<lb/> wer weiß, ob ich ihn nicht erhalte? wenn es an-<lb/> ders wahr iſt, was wir ſagen: einmahl beſieget,<lb/> immer beſieget. Welches Frauenzimmer wird zu<lb/> unſern Wuͤnſchen ein deutliches Ja ſagen?</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <p>Sie iſt nach Hauſe gekommen: ſie will mich<lb/> aber nicht ſprechen, ſondern den gantzen Tag allein<lb/> bleiben. <hi rendition="#fr">Dorcas</hi> ſagt: ſie glaube, daß es aus<lb/> Heiligkeit geſchaͤhe. Der Teufel hohle! iſt es et-<lb/> was unheiliges, was ſie mit mir ſpricht? Was fuͤr<lb/> ein heiligeres Werck koͤnnte ſie thun, als wenn ſie<lb/> mich bekehrte? Wird ſie mich aber bekehren koͤn-<lb/> nen, wenn ſie mich nicht ſprechen will, ſo bald ſie<lb/> außerordentlich andaͤchtig iſt. Jch haſſe ſie, von<lb/> Hertzen haſſe ich ſie! Sie iſt garſtig, alt, unge-<lb/> ſtalt! ‒ ‒ Was fuͤr Laͤſterungen! allein ſie bleibt<lb/> doch eine <hi rendition="#fr">Harlowe,</hi> und darum haſſe ich ſie.</p><lb/> <p>Weil ich ſie nicht ſprechen kann, und ſie uͤber<lb/> ihren Willen und uͤber ihre Zeit alleine Herr ſeyn<lb/> will, ſo will ich meine Zeit anwenden, und dir den<lb/> Jnhalt der Briefe melden.</p><lb/> <p>Der erſte Brief, deſſen ſie habhafft werden<lb/> konnte, iſt von dem 27ſten April. Wo mag ſie<lb/> die vorigen Briefe gelaſſen haben? <hi rendition="#fr">Hickmans</hi><lb/> wird darin als einer ſehr geſchaͤfftigten Perſon ge-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">N 2</fw><fw place="bottom" type="catch">dacht,</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [195/0201]
de die Fraͤulein Harlowe ohnmoͤglich mit Geduld
ſehen koͤnnen. Unſere Nymphen haben recht: was
iſt es noͤthig die Nacht zu erwarten? Sarah und
Marichen erinnern mich beyde an meinen Haupt-
Sturm, den ich auf ſie gewagt habe. Allein durch
Gewalt erhalte ich meinen Endzweck nicht! Doch
wer weiß, ob ich ihn nicht erhalte? wenn es an-
ders wahr iſt, was wir ſagen: einmahl beſieget,
immer beſieget. Welches Frauenzimmer wird zu
unſern Wuͤnſchen ein deutliches Ja ſagen?
Sie iſt nach Hauſe gekommen: ſie will mich
aber nicht ſprechen, ſondern den gantzen Tag allein
bleiben. Dorcas ſagt: ſie glaube, daß es aus
Heiligkeit geſchaͤhe. Der Teufel hohle! iſt es et-
was unheiliges, was ſie mit mir ſpricht? Was fuͤr
ein heiligeres Werck koͤnnte ſie thun, als wenn ſie
mich bekehrte? Wird ſie mich aber bekehren koͤn-
nen, wenn ſie mich nicht ſprechen will, ſo bald ſie
außerordentlich andaͤchtig iſt. Jch haſſe ſie, von
Hertzen haſſe ich ſie! Sie iſt garſtig, alt, unge-
ſtalt! ‒ ‒ Was fuͤr Laͤſterungen! allein ſie bleibt
doch eine Harlowe, und darum haſſe ich ſie.
Weil ich ſie nicht ſprechen kann, und ſie uͤber
ihren Willen und uͤber ihre Zeit alleine Herr ſeyn
will, ſo will ich meine Zeit anwenden, und dir den
Jnhalt der Briefe melden.
Der erſte Brief, deſſen ſie habhafft werden
konnte, iſt von dem 27ſten April. Wo mag ſie
die vorigen Briefe gelaſſen haben? Hickmans
wird darin als einer ſehr geſchaͤfftigten Perſon ge-
dacht,
N 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |