Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749.

Bild:
<< vorherige Seite



lassen. Jch versprach ihm deßwegen, ihn den an-
dern Morgen zu sprechen, so bald er es beliebte.

Er ließ sich dieses endlich gefallen, aber so,
daß ich nichts von gutem Anstande bey ihm ver-
nahm, und küssete mir die Hand so, daß ich noch
einen rothen Fleck darauf habe.

Bringen Sie doch, allerliebste Fräulein Ho-
we,
den Vorschlag mit der Frau Townsend zu
Stande. Jch will den Menschen verlassen.
Sehen Sie nicht, daß er sich von Tage zu Tage
mehr heraus nimmt? Jch zittere, wenn ich zu-
rück dencke, wie viel er schon gewonnen hat. Und
nun giebt er mir sogar Ursache, noch mehr Böses
zu befürchten, als meine Feder vor Verdruß schrei-
ben kann. Bringen Sie ja alles in Richtigkeit,
so will ich von dem wunderlichen Kerl fliehen.
Er mußte gewiß einen Endzweck haben, den er
nicht gestehen wird, da er sich recht darzu drängete,
mit mir zu zancken. Was kann das für ein End-
zweck seyn.



Es verdroß mich so sehr auf ihn, und er hatte
mich in solche Furcht gesetzt, daß ich halb außer
mir und voll Verzweifelung die Antwort auf sei-
nen Antrag fast gantz zerriß.

Morgen früh will ich ihn sprechen, weil ich es
ihm zugesagt habe: Jch will aber bald ausgehen,
ohne ihn mitzunehmen. Wenn er mir nicht Re-
de und Antwort giebt, woher diese plötzliche Ver-
änderung entstehet, und ich in einem Hause, das
in gutem Ruff ist, eine Miethe finden kann, so

will



laſſen. Jch verſprach ihm deßwegen, ihn den an-
dern Morgen zu ſprechen, ſo bald er es beliebte.

Er ließ ſich dieſes endlich gefallen, aber ſo,
daß ich nichts von gutem Anſtande bey ihm ver-
nahm, und kuͤſſete mir die Hand ſo, daß ich noch
einen rothen Fleck darauf habe.

Bringen Sie doch, allerliebſte Fraͤulein Ho-
we,
den Vorſchlag mit der Frau Townsend zu
Stande. Jch will den Menſchen verlaſſen.
Sehen Sie nicht, daß er ſich von Tage zu Tage
mehr heraus nimmt? Jch zittere, wenn ich zu-
ruͤck dencke, wie viel er ſchon gewonnen hat. Und
nun giebt er mir ſogar Urſache, noch mehr Boͤſes
zu befuͤrchten, als meine Feder vor Verdruß ſchrei-
ben kann. Bringen Sie ja alles in Richtigkeit,
ſo will ich von dem wunderlichen Kerl fliehen.
Er mußte gewiß einen Endzweck haben, den er
nicht geſtehen wird, da er ſich recht darzu draͤngete,
mit mir zu zancken. Was kann das fuͤr ein End-
zweck ſeyn.



Es verdroß mich ſo ſehr auf ihn, und er hatte
mich in ſolche Furcht geſetzt, daß ich halb außer
mir und voll Verzweifelung die Antwort auf ſei-
nen Antrag faſt gantz zerriß.

Morgen fruͤh will ich ihn ſprechen, weil ich es
ihm zugeſagt habe: Jch will aber bald ausgehen,
ohne ihn mitzunehmen. Wenn er mir nicht Re-
de und Antwort giebt, woher dieſe ploͤtzliche Ver-
aͤnderung entſtehet, und ich in einem Hauſe, das
in gutem Ruff iſt, eine Miethe finden kann, ſo

will
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0230" n="224"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
la&#x017F;&#x017F;en. Jch ver&#x017F;prach ihm deßwegen, ihn den an-<lb/>
dern Morgen zu &#x017F;prechen, &#x017F;o bald er es beliebte.</p><lb/>
          <p>Er ließ &#x017F;ich die&#x017F;es endlich gefallen, aber &#x017F;o,<lb/>
daß ich nichts von gutem An&#x017F;tande bey ihm ver-<lb/>
nahm, und ku&#x0364;&#x017F;&#x017F;ete mir die Hand &#x017F;o, daß ich noch<lb/>
einen rothen Fleck darauf habe.</p><lb/>
          <p>Bringen Sie doch, allerlieb&#x017F;te Fra&#x0364;ulein <hi rendition="#fr">Ho-<lb/>
we,</hi> den Vor&#x017F;chlag mit der Frau <hi rendition="#fr">Townsend</hi> zu<lb/>
Stande. Jch will den Men&#x017F;chen verla&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Sehen Sie nicht, daß er &#x017F;ich von Tage zu Tage<lb/>
mehr heraus nimmt? Jch zittere, wenn ich zu-<lb/>
ru&#x0364;ck dencke, wie viel er &#x017F;chon gewonnen hat. Und<lb/>
nun giebt er mir &#x017F;ogar Ur&#x017F;ache, noch mehr Bo&#x0364;&#x017F;es<lb/>
zu befu&#x0364;rchten, als meine Feder vor Verdruß &#x017F;chrei-<lb/>
ben kann. Bringen Sie ja alles in Richtigkeit,<lb/>
&#x017F;o will ich von dem wunderlichen Kerl fliehen.<lb/>
Er mußte gewiß einen Endzweck haben, den er<lb/>
nicht ge&#x017F;tehen wird, da er &#x017F;ich recht darzu dra&#x0364;ngete,<lb/>
mit mir zu zancken. Was kann das fu&#x0364;r ein End-<lb/>
zweck &#x017F;eyn.</p><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Es verdroß mich &#x017F;o &#x017F;ehr auf ihn, und er hatte<lb/>
mich in &#x017F;olche Furcht ge&#x017F;etzt, daß ich halb außer<lb/>
mir und voll Verzweifelung die Antwort auf &#x017F;ei-<lb/>
nen Antrag fa&#x017F;t gantz zerriß.</p><lb/>
          <p>Morgen fru&#x0364;h will ich ihn &#x017F;prechen, weil ich es<lb/>
ihm zuge&#x017F;agt habe: Jch will aber bald ausgehen,<lb/>
ohne ihn mitzunehmen. Wenn er mir nicht Re-<lb/>
de und Antwort giebt, woher die&#x017F;e plo&#x0364;tzliche Ver-<lb/>
a&#x0364;nderung ent&#x017F;tehet, und ich in einem Hau&#x017F;e, das<lb/>
in gutem Ruff i&#x017F;t, eine Miethe finden kann, &#x017F;o<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">will</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[224/0230] laſſen. Jch verſprach ihm deßwegen, ihn den an- dern Morgen zu ſprechen, ſo bald er es beliebte. Er ließ ſich dieſes endlich gefallen, aber ſo, daß ich nichts von gutem Anſtande bey ihm ver- nahm, und kuͤſſete mir die Hand ſo, daß ich noch einen rothen Fleck darauf habe. Bringen Sie doch, allerliebſte Fraͤulein Ho- we, den Vorſchlag mit der Frau Townsend zu Stande. Jch will den Menſchen verlaſſen. Sehen Sie nicht, daß er ſich von Tage zu Tage mehr heraus nimmt? Jch zittere, wenn ich zu- ruͤck dencke, wie viel er ſchon gewonnen hat. Und nun giebt er mir ſogar Urſache, noch mehr Boͤſes zu befuͤrchten, als meine Feder vor Verdruß ſchrei- ben kann. Bringen Sie ja alles in Richtigkeit, ſo will ich von dem wunderlichen Kerl fliehen. Er mußte gewiß einen Endzweck haben, den er nicht geſtehen wird, da er ſich recht darzu draͤngete, mit mir zu zancken. Was kann das fuͤr ein End- zweck ſeyn. Es verdroß mich ſo ſehr auf ihn, und er hatte mich in ſolche Furcht geſetzt, daß ich halb außer mir und voll Verzweifelung die Antwort auf ſei- nen Antrag faſt gantz zerriß. Morgen fruͤh will ich ihn ſprechen, weil ich es ihm zugeſagt habe: Jch will aber bald ausgehen, ohne ihn mitzunehmen. Wenn er mir nicht Re- de und Antwort giebt, woher dieſe ploͤtzliche Ver- aͤnderung entſtehet, und ich in einem Hauſe, das in gutem Ruff iſt, eine Miethe finden kann, ſo will

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/230
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 4. Göttingen, 1749, S. 224. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa04_1749/230>, abgerufen am 24.11.2024.