Ja, Madame! versetzte ich, zu der Frau Moore gekehrt - Jn der That, Mademoiselle. zu der Jungfer Rawlins - - Jch bin ganz in Verzweifelung. Jch kann dergleichen Auffüh- rung nicht länger ertragen. Jch habe das Glück gehabt, von recht artigen Frauenzimmern, ob ich es gleich selbst sage; und dabey nahm ich ein schamhaftiges Gesicht an; so wohl in der Fremde, als zu Hause, mit freundlichen Bli- cken begünstigt zu werden. Du weist, Bru- der, daß dieß wahr ist. Jn Ansehung mei- ner Gemahlinn, habe ich nur eine Hoffnung übrig: denn was die Aussöhnung mit ihren Freunden betrifft; so schätze ich sie alle gar zu geringe, daß ich diese anders als um ihretwillen achten sollte. Meine einzige Hoffnung ist, daß, wenn es Gott gefiele, uns Kinder zu geben, sie wieder vollkommen zu ihrer gewöhnlichen Mun- terkeit gelangen, und wir alsdenn glücklich seyn möchten. Aber die Aussöhnung, welche ihr bisher so sehr am Herzen gelegen, ist nunmehr, wie ich schon vorher zu verstehen gegeben habe, nicht weiter zu hoffen - - Das macht der über- eilte Schritt, den sie gethan hat, und die noch un- bedächtlichere Gemüthsverfassung, worinn sie ste- het. Denn ihr Bruder und ihre Schwester, wie sie leicht glauben können, werden daraus ei- nen artigen Handel gegen uns machen, wenn es ihnen zu Ohren kommt: da sie sich anmaßen werden, wie sie schon itzo thun, unsere Vermäh- lung in Zweifel zu ziehen - - und das liebe Kind
selbst
Ja, Madame! verſetzte ich, zu der Frau Moore gekehrt ‒ Jn der That, Mademoiſelle. zu der Jungfer Rawlins ‒ ‒ Jch bin ganz in Verzweifelung. Jch kann dergleichen Auffuͤh- rung nicht laͤnger ertragen. Jch habe das Gluͤck gehabt, von recht artigen Frauenzimmern, ob ich es gleich ſelbſt ſage; und dabey nahm ich ein ſchamhaftiges Geſicht an; ſo wohl in der Fremde, als zu Hauſe, mit freundlichen Bli- cken beguͤnſtigt zu werden. Du weiſt, Bru- der, daß dieß wahr iſt. Jn Anſehung mei- ner Gemahlinn, habe ich nur eine Hoffnung uͤbrig: denn was die Ausſoͤhnung mit ihren Freunden betrifft; ſo ſchaͤtze ich ſie alle gar zu geringe, daß ich dieſe anders als um ihretwillen achten ſollte. Meine einzige Hoffnung iſt, daß, wenn es Gott gefiele, uns Kinder zu geben, ſie wieder vollkommen zu ihrer gewoͤhnlichen Mun- terkeit gelangen, und wir alsdenn gluͤcklich ſeyn moͤchten. Aber die Ausſoͤhnung, welche ihr bisher ſo ſehr am Herzen gelegen, iſt nunmehr, wie ich ſchon vorher zu verſtehen gegeben habe, nicht weiter zu hoffen ‒ ‒ Das macht der uͤber- eilte Schritt, den ſie gethan hat, und die noch un- bedaͤchtlichere Gemuͤthsverfaſſung, worinn ſie ſte- het. Denn ihr Bruder und ihre Schweſter, wie ſie leicht glauben koͤnnen, werden daraus ei- nen artigen Handel gegen uns machen, wenn es ihnen zu Ohren kommt: da ſie ſich anmaßen werden, wie ſie ſchon itzo thun, unſere Vermaͤh- lung in Zweifel zu ziehen ‒ ‒ und das liebe Kind
ſelbſt
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Ja, Madame! verſetzte ich, zu der Frau
Moore gekehrt ‒ Jn der That, Mademoiſelle.
zu der Jungfer Rawlins ‒ ‒ Jch bin ganz in
Verzweifelung. Jch kann dergleichen Auffuͤh-
rung nicht laͤnger ertragen. Jch habe das Gluͤck
gehabt, von recht artigen Frauenzimmern, ob ich
es gleich ſelbſt ſage; und dabey nahm ich
ein ſchamhaftiges Geſicht an; ſo wohl in
der Fremde, als zu Hauſe, mit freundlichen Bli-
cken beguͤnſtigt zu werden. Du weiſt, Bru-
der, daß dieß wahr iſt. Jn Anſehung mei-
ner Gemahlinn, habe ich nur eine Hoffnung
uͤbrig: denn was die Ausſoͤhnung mit ihren
Freunden betrifft; ſo ſchaͤtze ich ſie alle gar zu
geringe, daß ich dieſe anders als um ihretwillen
achten ſollte. Meine einzige Hoffnung iſt, daß,
wenn es Gott gefiele, uns Kinder zu geben, ſie
wieder vollkommen zu ihrer gewoͤhnlichen Mun-
terkeit gelangen, und wir alsdenn gluͤcklich ſeyn
moͤchten. Aber die Ausſoͤhnung, welche ihr
bisher ſo ſehr am Herzen gelegen, iſt nunmehr,
wie ich ſchon vorher zu verſtehen gegeben habe,
nicht weiter zu hoffen ‒ ‒ Das macht der uͤber-
eilte Schritt, den ſie gethan hat, und die noch un-
bedaͤchtlichere Gemuͤthsverfaſſung, worinn ſie ſte-
het. Denn ihr Bruder und ihre Schweſter,
wie ſie leicht glauben koͤnnen, werden daraus ei-
nen artigen Handel gegen uns machen, wenn es
ihnen zu Ohren kommt: da ſie ſich anmaßen
werden, wie ſie ſchon itzo thun, unſere Vermaͤh-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 274. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/280>, abgerufen am 24.11.2024.
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