sich einige unschuldige Freyheiten genommen, wel- che ihn leicht hätten verleiten können, den Eid zu brechen, den sie ihm ausgelegt hätten; und daß dieß die Ursache ihres Misvergnügens wäre.
Jch möchte wohl gesehen haben, was mein schönes Kind hiebey für ein Gesicht machte - - Gewiß sie war in ihrem Herzen verlegen, wie sie eine so heftige Empfindlichkeit über eine so gerin- ge Beleidigung rechtfertigen sollte. Sie wußte nichts zu sagen - - Sie fing nicht alsbald an zu reden - - Als sie anfing: wünschte sie nur, daß Jungfer Rawlins niemals an eine Mannsperson gerathen möchte, die sich solche unschuldige Frey- heiten bey ihr nehmen wollte.
Jungfer Rawlins trieb die Sache weiter.
Jhre Begebenheiten, gnädige Frau, haben in Wahrheit sehr viel Besonderes. Wofern aber die Hoffnung zu einer Aussöhnung mit ihren Freunden dadurch, daß sie ihn verlassen, noch weiter entfernet wird: so erlauben sie mir zu sa- gen, daß es ein Jammer - - ein Jammer -; hiebey vermuthe ich, wird die Jungfer recht sprö- de gethan, sich gefechert und entfärbet haben; - daß es ein Jammer ist, daß der Eid nicht zu er- lassen stehet; sonderlich da er gestehet, daß er eben kein so strenges Leben geführet hat.
Jch möchte fast hineingegangen seyn und das Mägdchen hiefür geküsset haben.
Cl. Sie haben seine Historie gehöret. Mei- ne ist zu lang, wie ich ihnen schon gesagt habe, und zu traurig, meine Verwirrung bey dem An-
blicke
T 3
ſich einige unſchuldige Freyheiten genommen, wel- che ihn leicht haͤtten verleiten koͤnnen, den Eid zu brechen, den ſie ihm auſgelegt haͤtten; und daß dieß die Urſache ihres Misvergnuͤgens waͤre.
Jch moͤchte wohl geſehen haben, was mein ſchoͤnes Kind hiebey fuͤr ein Geſicht machte ‒ ‒ Gewiß ſie war in ihrem Herzen verlegen, wie ſie eine ſo heftige Empfindlichkeit uͤber eine ſo gerin- ge Beleidigung rechtfertigen ſollte. Sie wußte nichts zu ſagen ‒ ‒ Sie fing nicht alsbald an zu reden ‒ ‒ Als ſie anfing: wuͤnſchte ſie nur, daß Jungfer Rawlins niemals an eine Mannsperſon gerathen moͤchte, die ſich ſolche unſchuldige Frey- heiten bey ihr nehmen wollte.
Jungfer Rawlins trieb die Sache weiter.
Jhre Begebenheiten, gnaͤdige Frau, haben in Wahrheit ſehr viel Beſonderes. Wofern aber die Hoffnung zu einer Ausſoͤhnung mit ihren Freunden dadurch, daß ſie ihn verlaſſen, noch weiter entfernet wird: ſo erlauben ſie mir zu ſa- gen, daß es ein Jammer ‒ ‒ ein Jammer ‒; hiebey vermuthe ich, wird die Jungfer recht ſproͤ- de gethan, ſich gefechert und entfaͤrbet haben; ‒ daß es ein Jammer iſt, daß der Eid nicht zu er- laſſen ſtehet; ſonderlich da er geſtehet, daß er eben kein ſo ſtrenges Leben gefuͤhret hat.
Jch moͤchte faſt hineingegangen ſeyn und das Maͤgdchen hiefuͤr gekuͤſſet haben.
Cl. Sie haben ſeine Hiſtorie gehoͤret. Mei- ne iſt zu lang, wie ich ihnen ſchon geſagt habe, und zu traurig, meine Verwirrung bey dem An-
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ſich einige unſchuldige Freyheiten genommen, wel-
che ihn leicht haͤtten verleiten koͤnnen, den Eid zu
brechen, den ſie ihm auſgelegt haͤtten; und daß
dieß die Urſache ihres Misvergnuͤgens waͤre.
Jch moͤchte wohl geſehen haben, was mein
ſchoͤnes Kind hiebey fuͤr ein Geſicht machte ‒ ‒
Gewiß ſie war in ihrem Herzen verlegen, wie ſie
eine ſo heftige Empfindlichkeit uͤber eine ſo gerin-
ge Beleidigung rechtfertigen ſollte. Sie wußte
nichts zu ſagen ‒ ‒ Sie fing nicht alsbald an zu
reden ‒ ‒ Als ſie anfing: wuͤnſchte ſie nur, daß
Jungfer Rawlins niemals an eine Mannsperſon
gerathen moͤchte, die ſich ſolche unſchuldige Frey-
heiten bey ihr nehmen wollte.
Jungfer Rawlins trieb die Sache weiter.
Jhre Begebenheiten, gnaͤdige Frau, haben in
Wahrheit ſehr viel Beſonderes. Wofern aber
die Hoffnung zu einer Ausſoͤhnung mit ihren
Freunden dadurch, daß ſie ihn verlaſſen, noch
weiter entfernet wird: ſo erlauben ſie mir zu ſa-
gen, daß es ein Jammer ‒ ‒ ein Jammer ‒;
hiebey vermuthe ich, wird die Jungfer recht ſproͤ-
de gethan, ſich gefechert und entfaͤrbet haben; ‒
daß es ein Jammer iſt, daß der Eid nicht zu er-
laſſen ſtehet; ſonderlich da er geſtehet, daß er eben
kein ſo ſtrenges Leben gefuͤhret hat.
Jch moͤchte faſt hineingegangen ſeyn und das
Maͤgdchen hiefuͤr gekuͤſſet haben.
Cl. Sie haben ſeine Hiſtorie gehoͤret. Mei-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/299>, abgerufen am 24.11.2024.
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