ihm, daß ich ihm und seiner Tante und Base wünsche, glücklich einander vorzufinden. Es kann ihm nimmermehr gegen dieselben an Entschuldi- gungen wegen desjenigen, was vorgefallen ist, fehlen: so wenig es ihm an Vorwand gegen die, welche er hinters Licht führen will, jemals man- gelt. Sagen sie ihm, daß er mir bey meinen eignen Freunden eine gänzlich böse Meynung zu- wege gebracht habe. Aus der Ursache bekümme- re ich mich desto weniger darum, was die seini- gen von mir denken.
Frau Moore kam darauf zu mir. Weil mir bange war, es möchte unterdessen zwischen ben andern beyden etwas vorgehen, das mir nicht gefiele: so nahm ich die Briefe und ging in das Zimmer. Jch fand, daß sie sich in das Closet begeben hatten. Meine Geliebte flisperte mit ei- nem ernstlichen Gesichte der Jungfer Rawlins ins Ohr, welche die Aufmerksamkeit selbst war.
Jhr Rücken war mir zugekehrt. Da aber Jungfer Rawlins ein Zeichen gab, daß ich da wäre; indem sie ihr bey dem Ermel zupste: so fing sie mit Unwillen an zu mir zu sprechen; nicht anders als wenn sie in einer Erzählung, die ihr auf dem Herzen lag, unterbrochen wäre. Kann ich niemals allein seyn, mein Herr, ohne überfal- len zu werden? - - Was haben sie hier, oder mit mir zu thun? - - Sie haben ja ihre Briefe. Haben sie sie nicht?
Lovel. Jch habe sie, meine Allerliebste: er- lauben sie wir aber, daß ich sie bitte, selbst zu über-
legen,
ihm, daß ich ihm und ſeiner Tante und Baſe wuͤnſche, gluͤcklich einander vorzufinden. Es kann ihm nimmermehr gegen dieſelben an Entſchuldi- gungen wegen desjenigen, was vorgefallen iſt, fehlen: ſo wenig es ihm an Vorwand gegen die, welche er hinters Licht fuͤhren will, jemals man- gelt. Sagen ſie ihm, daß er mir bey meinen eignen Freunden eine gaͤnzlich boͤſe Meynung zu- wege gebracht habe. Aus der Urſache bekuͤmme- re ich mich deſto weniger darum, was die ſeini- gen von mir denken.
Frau Moore kam darauf zu mir. Weil mir bange war, es moͤchte unterdeſſen zwiſchen ben andern beyden etwas vorgehen, das mir nicht gefiele: ſo nahm ich die Briefe und ging in das Zimmer. Jch fand, daß ſie ſich in das Cloſet begeben hatten. Meine Geliebte fliſperte mit ei- nem ernſtlichen Geſichte der Jungfer Rawlins ins Ohr, welche die Aufmerkſamkeit ſelbſt war.
Jhr Ruͤcken war mir zugekehrt. Da aber Jungfer Rawlins ein Zeichen gab, daß ich da waͤre; indem ſie ihr bey dem Ermel zupſte: ſo fing ſie mit Unwillen an zu mir zu ſprechen; nicht anders als wenn ſie in einer Erzaͤhlung, die ihr auf dem Herzen lag, unterbrochen waͤre. Kann ich niemals allein ſeyn, mein Herr, ohne uͤberfal- len zu werden? ‒ ‒ Was haben ſie hier, oder mit mir zu thun? ‒ ‒ Sie haben ja ihre Briefe. Haben ſie ſie nicht?
Lovel. Jch habe ſie, meine Allerliebſte: er- lauben ſie wir aber, daß ich ſie bitte, ſelbſt zu uͤber-
legen,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0304"n="298"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
ihm, daß ich ihm und ſeiner Tante und Baſe<lb/>
wuͤnſche, gluͤcklich einander vorzufinden. Es kann<lb/>
ihm nimmermehr gegen dieſelben an Entſchuldi-<lb/>
gungen wegen desjenigen, was vorgefallen iſt,<lb/>
fehlen: ſo wenig es ihm an Vorwand gegen die,<lb/>
welche er hinters Licht fuͤhren will, jemals man-<lb/>
gelt. Sagen ſie ihm, daß er mir bey meinen<lb/>
eignen Freunden eine gaͤnzlich boͤſe Meynung zu-<lb/>
wege gebracht habe. Aus der Urſache bekuͤmme-<lb/>
re ich mich deſto weniger darum, was die ſeini-<lb/>
gen von mir denken.</p><lb/><p>Frau Moore kam darauf zu mir. Weil<lb/>
mir bange war, es moͤchte unterdeſſen zwiſchen<lb/>
ben andern beyden etwas vorgehen, das mir nicht<lb/>
gefiele: ſo nahm ich die Briefe und ging in das<lb/>
Zimmer. Jch fand, daß ſie ſich in das Cloſet<lb/>
begeben hatten. Meine Geliebte fliſperte mit ei-<lb/>
nem ernſtlichen Geſichte der Jungfer Rawlins<lb/>
ins Ohr, welche die Aufmerkſamkeit ſelbſt war.</p><lb/><p>Jhr Ruͤcken war mir zugekehrt. Da aber<lb/>
Jungfer Rawlins ein Zeichen gab, daß ich da<lb/>
waͤre; indem ſie ihr bey dem Ermel zupſte: ſo<lb/>
fing ſie mit Unwillen an zu mir zu ſprechen; nicht<lb/>
anders als wenn ſie in einer Erzaͤhlung, die ihr<lb/>
auf dem Herzen lag, unterbrochen waͤre. Kann<lb/>
ich niemals allein ſeyn, mein Herr, ohne uͤberfal-<lb/>
len zu werden? ‒‒ Was haben ſie hier, oder<lb/>
mit mir zu thun? ‒‒ Sie haben ja ihre Briefe.<lb/>
Haben ſie ſie nicht?</p><lb/><p><hirendition="#fr">Lovel.</hi> Jch habe ſie, meine Allerliebſte: er-<lb/>
lauben ſie wir aber, daß ich ſie bitte, ſelbſt zu uͤber-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">legen,</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[298/0304]
ihm, daß ich ihm und ſeiner Tante und Baſe
wuͤnſche, gluͤcklich einander vorzufinden. Es kann
ihm nimmermehr gegen dieſelben an Entſchuldi-
gungen wegen desjenigen, was vorgefallen iſt,
fehlen: ſo wenig es ihm an Vorwand gegen die,
welche er hinters Licht fuͤhren will, jemals man-
gelt. Sagen ſie ihm, daß er mir bey meinen
eignen Freunden eine gaͤnzlich boͤſe Meynung zu-
wege gebracht habe. Aus der Urſache bekuͤmme-
re ich mich deſto weniger darum, was die ſeini-
gen von mir denken.
Frau Moore kam darauf zu mir. Weil
mir bange war, es moͤchte unterdeſſen zwiſchen
ben andern beyden etwas vorgehen, das mir nicht
gefiele: ſo nahm ich die Briefe und ging in das
Zimmer. Jch fand, daß ſie ſich in das Cloſet
begeben hatten. Meine Geliebte fliſperte mit ei-
nem ernſtlichen Geſichte der Jungfer Rawlins
ins Ohr, welche die Aufmerkſamkeit ſelbſt war.
Jhr Ruͤcken war mir zugekehrt. Da aber
Jungfer Rawlins ein Zeichen gab, daß ich da
waͤre; indem ſie ihr bey dem Ermel zupſte: ſo
fing ſie mit Unwillen an zu mir zu ſprechen; nicht
anders als wenn ſie in einer Erzaͤhlung, die ihr
auf dem Herzen lag, unterbrochen waͤre. Kann
ich niemals allein ſeyn, mein Herr, ohne uͤberfal-
len zu werden? ‒ ‒ Was haben ſie hier, oder
mit mir zu thun? ‒ ‒ Sie haben ja ihre Briefe.
Haben ſie ſie nicht?
Lovel. Jch habe ſie, meine Allerliebſte: er-
lauben ſie wir aber, daß ich ſie bitte, ſelbſt zu uͤber-
legen,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/304>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.