Clar. O in was für Schwierigkeiten hat mich ein unglücklicher Schritt verwickelt! - - Jedoch es ist auch nicht nöthig, daß ich mich auf jemand in meiner Sache berufe. Jch bin schlüs- sig, was ich für Maaßregeln zu nehmen habe.
Capit. Vollkommen schlüßig, gnädige Fräulein?
Cl. Ja vollkommen.
Capit. Was soll ich ihrem Onkel Harlowe sagen, ihre Gnaden? - - Der arme Herr! Wie wird er sich entsetzen! - - Sie sehen, Herr Love- lace - - Sie sehen, mein Herr - - Er wandte sich zu mir mit einer gekünstelten Bewegung der Hand - - Aber sie mögen es sich selbst danken - - Und hiemit ging er ungemein zierlich von uns zurück.
Es ist wahr, bey meiner Seele. So dachte ich dabey. Jch lief queer durch das Zim- mer und zerbiß meine unberedeten Lippen, bald die obere, bald die untere, vor Verdruß.
Der Capitain bückte sich tief gegen die Fräu- lein und ging an das Fenster, wo sein Hut und seine Peitsche lagen. Nachdem er diese genom- men hatte: öffnete er die Thüre. Kind, sprach er zu jemand, den er sahe, ich bitte meinem Be- dienten zu sagen, daß er mein Pferd an die Thü- re bringe.
Lovel. Sie werden ja nicht weggehen, mein Herr! - - Jch hoffe, sie werden doch nicht weg- gehen! - - Jch bin der unglückseligste Mensch in der Welt! - - Sie werden ja nicht wegge-
hen
D d 3
Clar. O in was fuͤr Schwierigkeiten hat mich ein ungluͤcklicher Schritt verwickelt! ‒ ‒ Jedoch es iſt auch nicht noͤthig, daß ich mich auf jemand in meiner Sache berufe. Jch bin ſchluͤſ- ſig, was ich fuͤr Maaßregeln zu nehmen habe.
Capit. Vollkommen ſchluͤßig, gnaͤdige Fraͤulein?
Cl. Ja vollkommen.
Capit. Was ſoll ich ihrem Onkel Harlowe ſagen, ihre Gnaden? ‒ ‒ Der arme Herr! Wie wird er ſich entſetzen! ‒ ‒ Sie ſehen, Herr Love- lace ‒ ‒ Sie ſehen, mein Herr ‒ ‒ Er wandte ſich zu mir mit einer gekuͤnſtelten Bewegung der Hand ‒ ‒ Aber ſie moͤgen es ſich ſelbſt danken ‒ ‒ Und hiemit ging er ungemein zierlich von uns zuruͤck.
Es iſt wahr, bey meiner Seele. So dachte ich dabey. Jch lief queer durch das Zim- mer und zerbiß meine unberedeten Lippen, bald die obere, bald die untere, vor Verdruß.
Der Capitain buͤckte ſich tief gegen die Fraͤu- lein und ging an das Fenſter, wo ſein Hut und ſeine Peitſche lagen. Nachdem er dieſe genom- men hatte: oͤffnete er die Thuͤre. Kind, ſprach er zu jemand, den er ſahe, ich bitte meinem Be- dienten zu ſagen, daß er mein Pferd an die Thuͤ- re bringe.
Lovel. Sie werden ja nicht weggehen, mein Herr! ‒ ‒ Jch hoffe, ſie werden doch nicht weg- gehen! ‒ ‒ Jch bin der ungluͤckſeligſte Menſch in der Welt! ‒ ‒ Sie werden ja nicht wegge-
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Clar. O in was fuͤr Schwierigkeiten hat
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Jedoch es iſt auch nicht noͤthig, daß ich mich auf
jemand in meiner Sache berufe. Jch bin ſchluͤſ-
ſig, was ich fuͤr Maaßregeln zu nehmen habe.
Capit. Vollkommen ſchluͤßig, gnaͤdige
Fraͤulein?
Cl. Ja vollkommen.
Capit. Was ſoll ich ihrem Onkel Harlowe
ſagen, ihre Gnaden? ‒ ‒ Der arme Herr! Wie
wird er ſich entſetzen! ‒ ‒ Sie ſehen, Herr Love-
lace ‒ ‒ Sie ſehen, mein Herr ‒ ‒ Er wandte
ſich zu mir mit einer gekuͤnſtelten Bewegung der
Hand ‒ ‒ Aber ſie moͤgen es ſich ſelbſt danken
‒ ‒ Und hiemit ging er ungemein zierlich von
uns zuruͤck.
Es iſt wahr, bey meiner Seele. So
dachte ich dabey. Jch lief queer durch das Zim-
mer und zerbiß meine unberedeten Lippen, bald
die obere, bald die untere, vor Verdruß.
Der Capitain buͤckte ſich tief gegen die Fraͤu-
lein und ging an das Fenſter, wo ſein Hut und
ſeine Peitſche lagen. Nachdem er dieſe genom-
men hatte: oͤffnete er die Thuͤre. Kind, ſprach
er zu jemand, den er ſahe, ich bitte meinem Be-
dienten zu ſagen, daß er mein Pferd an die Thuͤ-
re bringe.
Lovel. Sie werden ja nicht weggehen, mein
Herr! ‒ ‒ Jch hoffe, ſie werden doch nicht weg-
gehen! ‒ ‒ Jch bin der ungluͤckſeligſte Menſch
in der Welt! ‒ ‒ Sie werden ja nicht wegge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/427>, abgerufen am 24.11.2024.
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