hen - - Jedoch, ach! - - Aber sie werden ja nicht weggehen, mein Herr! - - Vielleicht ist noch Hoffnung, daß die Lady Elisabeth etwas bey ihr vermag - -
Capit. Mein lieber Herr Lovelace, darf denn mein rechtschaffener Freund, ein gütiger On- kel, nicht auch hoffen, etwas bey seiner Tochter Base zu gelten? - - Allein ich bitte um Ver- zeihung - - So oft sie schreiben, werden sie mich allemal bereit finden, der Fräulein zu dienen; und das so wohl um ihrer selbst, als um meines theuresten Freundes willen.
Die Fräulein hatte sich in einen Stuhl ge- worfen. Sie saß mit niedergeschlagenen Augen und war ganz unbeweglich, als in tiefen Ge- danken.
Der Capitain bückte sich noch einmal gegen sie: ward aber nicht mit der geringsten Gegen- höflichkeit beehret. Herr Lovelace, sagte er mit einem gleichgültigen und freyen Gesichte, ich bin ihr Diener.
Noch immer saß die liebe unerforschliche Fräulein so unbeweglich als eine Bildseule. Sie regte weder Hand, Fuß, Kopf, noch Auge - - Jch habe in meinem Leben niemals jemand in so tiefen Gedanken, in einem so wachenden Trau- me gesehen.
Er ging bey ihr vorüber, um durch die Thü- re hinauszugehen, an welcher sie saß: ob gleich die andere Thüre der gerade Weg für ihn war. Er bückte sich wieder. Sie rührete sich nicht.
Jch
hen ‒ ‒ Jedoch, ach! ‒ ‒ Aber ſie werden ja nicht weggehen, mein Herr! ‒ ‒ Vielleicht iſt noch Hoffnung, daß die Lady Eliſabeth etwas bey ihr vermag ‒ ‒
Capit. Mein lieber Herr Lovelace, darf denn mein rechtſchaffener Freund, ein guͤtiger On- kel, nicht auch hoffen, etwas bey ſeiner Tochter Baſe zu gelten? ‒ ‒ Allein ich bitte um Ver- zeihung ‒ ‒ So oft ſie ſchreiben, werden ſie mich allemal bereit finden, der Fraͤulein zu dienen; und das ſo wohl um ihrer ſelbſt, als um meines theureſten Freundes willen.
Die Fraͤulein hatte ſich in einen Stuhl ge- worfen. Sie ſaß mit niedergeſchlagenen Augen und war ganz unbeweglich, als in tiefen Ge- danken.
Der Capitain buͤckte ſich noch einmal gegen ſie: ward aber nicht mit der geringſten Gegen- hoͤflichkeit beehret. Herr Lovelace, ſagte er mit einem gleichguͤltigen und freyen Geſichte, ich bin ihr Diener.
Noch immer ſaß die liebe unerforſchliche Fraͤulein ſo unbeweglich als eine Bildſeule. Sie regte weder Hand, Fuß, Kopf, noch Auge ‒ ‒ Jch habe in meinem Leben niemals jemand in ſo tiefen Gedanken, in einem ſo wachenden Trau- me geſehen.
Er ging bey ihr voruͤber, um durch die Thuͤ- re hinauszugehen, an welcher ſie ſaß: ob gleich die andere Thuͤre der gerade Weg fuͤr ihn war. Er buͤckte ſich wieder. Sie ruͤhrete ſich nicht.
Jch
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0428"n="422"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
hen ‒‒ Jedoch, ach! ‒‒ Aber ſie werden ja<lb/>
nicht weggehen, mein Herr! ‒‒ Vielleicht iſt<lb/>
noch Hoffnung, daß die Lady Eliſabeth etwas bey<lb/>
ihr vermag ‒‒</p><lb/><p><hirendition="#fr">Capit. Mein lieber</hi> Herr Lovelace, darf<lb/>
denn mein rechtſchaffener Freund, ein guͤtiger On-<lb/>
kel, nicht auch hoffen, etwas bey ſeiner <hirendition="#fr">Tochter<lb/>
Baſe</hi> zu gelten? ‒‒ Allein ich bitte um Ver-<lb/>
zeihung ‒‒ So oft ſie ſchreiben, werden ſie mich<lb/>
allemal bereit finden, der Fraͤulein zu dienen;<lb/>
und das ſo wohl um ihrer ſelbſt, als um meines<lb/>
theureſten Freundes willen.</p><lb/><p>Die Fraͤulein hatte ſich in einen Stuhl ge-<lb/>
worfen. Sie ſaß mit niedergeſchlagenen Augen<lb/>
und war ganz unbeweglich, als in tiefen Ge-<lb/>
danken.</p><lb/><p>Der Capitain buͤckte ſich noch einmal gegen<lb/>ſie: ward aber nicht mit der geringſten Gegen-<lb/>
hoͤflichkeit beehret. <hirendition="#fr">Herr Lovelace,</hi>ſagte er mit<lb/>
einem gleichguͤltigen und freyen Geſichte, <hirendition="#fr">ich bin<lb/>
ihr Diener.</hi></p><lb/><p>Noch immer ſaß die liebe unerforſchliche<lb/>
Fraͤulein ſo unbeweglich als eine Bildſeule. Sie<lb/>
regte weder Hand, Fuß, Kopf, noch Auge ‒‒<lb/>
Jch habe in meinem Leben niemals jemand in<lb/>ſo tiefen Gedanken, in einem ſo wachenden Trau-<lb/>
me geſehen.</p><lb/><p>Er ging bey ihr voruͤber, um durch die Thuͤ-<lb/>
re hinauszugehen, an welcher ſie ſaß: ob gleich<lb/>
die andere Thuͤre der gerade Weg fuͤr ihn war.<lb/>
Er buͤckte ſich wieder. Sie ruͤhrete ſich nicht.<lb/><fwplace="bottom"type="catch">Jch</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[422/0428]
hen ‒ ‒ Jedoch, ach! ‒ ‒ Aber ſie werden ja
nicht weggehen, mein Herr! ‒ ‒ Vielleicht iſt
noch Hoffnung, daß die Lady Eliſabeth etwas bey
ihr vermag ‒ ‒
Capit. Mein lieber Herr Lovelace, darf
denn mein rechtſchaffener Freund, ein guͤtiger On-
kel, nicht auch hoffen, etwas bey ſeiner Tochter
Baſe zu gelten? ‒ ‒ Allein ich bitte um Ver-
zeihung ‒ ‒ So oft ſie ſchreiben, werden ſie mich
allemal bereit finden, der Fraͤulein zu dienen;
und das ſo wohl um ihrer ſelbſt, als um meines
theureſten Freundes willen.
Die Fraͤulein hatte ſich in einen Stuhl ge-
worfen. Sie ſaß mit niedergeſchlagenen Augen
und war ganz unbeweglich, als in tiefen Ge-
danken.
Der Capitain buͤckte ſich noch einmal gegen
ſie: ward aber nicht mit der geringſten Gegen-
hoͤflichkeit beehret. Herr Lovelace, ſagte er mit
einem gleichguͤltigen und freyen Geſichte, ich bin
ihr Diener.
Noch immer ſaß die liebe unerforſchliche
Fraͤulein ſo unbeweglich als eine Bildſeule. Sie
regte weder Hand, Fuß, Kopf, noch Auge ‒ ‒
Jch habe in meinem Leben niemals jemand in
ſo tiefen Gedanken, in einem ſo wachenden Trau-
me geſehen.
Er ging bey ihr voruͤber, um durch die Thuͤ-
re hinauszugehen, an welcher ſie ſaß: ob gleich
die andere Thuͤre der gerade Weg fuͤr ihn war.
Er buͤckte ſich wieder. Sie ruͤhrete ſich nicht.
Jch
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/428>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.