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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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Der ein und dreyßigste Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Da mich der Jnhalt des Briefes von der
Fräulein Howe beynahe ganz eingenom-
men hatte: so ging ich eben den Augenblick, als
die Fräulein Harlowe und Frau Moore in Be-
gleitung der Jungfer Rawlins zu Hause kamen,
mit einem rachbegierigen Herzen hinunter; aber
hatte in meinem Gesichte alle das sanfte, das ge-
ruhige, das freundliche, was der Spiegel lehren
konnte; und in meinem Bezeigen alle das feine,
was ein so wenig seiner Mensch, als ich nach ih-
rer Erklärung oft habe heißen müssen, anzuneh-
men vermögend war.

Die Jungfer Rawlins ward beynahe so bald,
als sie gekommen war, zurückgerufen; weil sie
einen unerwarteten Besuch annehmen sollte.
Dieß gereichte nicht allein ihr zu großem Mis-
vergnügen; sondern machte auch, daß meine
Schöne in ihrer Hoffnung betrogen ward: wie
ich aus ihrer beyden Blicken abnehmen konnte.
Denn es schien, daß sie mit einander die Abrede
genommen hatten, auf der Haide, oder wenig-
stens in dem Garten der Frau Moore einen
Spatziergang zu thun, wenn ich mich zur Stadt

begeben




Der ein und dreyßigſte Brief
von
Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford.

Da mich der Jnhalt des Briefes von der
Fraͤulein Howe beynahe ganz eingenom-
men hatte: ſo ging ich eben den Augenblick, als
die Fraͤulein Harlowe und Frau Moore in Be-
gleitung der Jungfer Rawlins zu Hauſe kamen,
mit einem rachbegierigen Herzen hinunter; aber
hatte in meinem Geſichte alle das ſanfte, das ge-
ruhige, das freundliche, was der Spiegel lehren
konnte; und in meinem Bezeigen alle das feine,
was ein ſo wenig ſeiner Menſch, als ich nach ih-
rer Erklaͤrung oft habe heißen muͤſſen, anzuneh-
men vermoͤgend war.

Die Jungfer Rawlins ward beynahe ſo bald,
als ſie gekommen war, zuruͤckgerufen; weil ſie
einen unerwarteten Beſuch annehmen ſollte.
Dieß gereichte nicht allein ihr zu großem Mis-
vergnuͤgen; ſondern machte auch, daß meine
Schoͤne in ihrer Hoffnung betrogen ward: wie
ich aus ihrer beyden Blicken abnehmen konnte.
Denn es ſchien, daß ſie mit einander die Abrede
genommen hatten, auf der Haide, oder wenig-
ſtens in dem Garten der Frau Moore einen
Spatziergang zu thun, wenn ich mich zur Stadt

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[542/0548] Der ein und dreyßigſte Brief von Herrn Lovelace an Herrn Joh. Belford. Sonnt. Abends ‒ ‒ Montags fruͤhe. Da mich der Jnhalt des Briefes von der Fraͤulein Howe beynahe ganz eingenom- men hatte: ſo ging ich eben den Augenblick, als die Fraͤulein Harlowe und Frau Moore in Be- gleitung der Jungfer Rawlins zu Hauſe kamen, mit einem rachbegierigen Herzen hinunter; aber hatte in meinem Geſichte alle das ſanfte, das ge- ruhige, das freundliche, was der Spiegel lehren konnte; und in meinem Bezeigen alle das feine, was ein ſo wenig ſeiner Menſch, als ich nach ih- rer Erklaͤrung oft habe heißen muͤſſen, anzuneh- men vermoͤgend war. Die Jungfer Rawlins ward beynahe ſo bald, als ſie gekommen war, zuruͤckgerufen; weil ſie einen unerwarteten Beſuch annehmen ſollte. Dieß gereichte nicht allein ihr zu großem Mis- vergnuͤgen; ſondern machte auch, daß meine Schoͤne in ihrer Hoffnung betrogen ward: wie ich aus ihrer beyden Blicken abnehmen konnte. Denn es ſchien, daß ſie mit einander die Abrede genommen hatten, auf der Haide, oder wenig- ſtens in dem Garten der Frau Moore einen Spatziergang zu thun, wenn ich mich zur Stadt begeben

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 542. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/548>, abgerufen am 24.11.2024.