kommen, und schwur; Eidschwüre der Ver- liebten, Bruder! daß sie wirklich und in Wahr- heit die Lady Elisabeth Lawrance und meine Ba- se Montague gewesen wären.
Sie hub ihre Hände und Augen auf - - Was kann ich denken! - - Was kann ich den- ken! - -
Sie denken, ich sey der Teufel, gnädige Fräulein, der Teufel selbst: sonst könnten sie, nachdem sie mir diese Fragen vorgelegt haben, an der Wahrheit so feyerlich beschworner Antworten nicht zu zweifeln scheinen.
Und wenn ich das auch von dir denke: habe ich nicht Ursache dazu? Jst wohl sonst ein Mensch in der Welt; ich hoffe um der menschlichen Na- tur willen, daß keiner seyn werde; der mit einem armen und von allen Freunden verlassenen Frau- enzimmer so verfahren könnte, als du mit mir gethan hast, die du selbst aller Freude beraubet hattest - - da ich vorher ehe ich dich kannte, an einem jeden, der mich kannte, ein Freund fand.
Jch habe ihnen schon vorher gesagt, werthe- ste Fräulein, daß meine Tante und meine Base wirklich hier gewesen sind, Abschied von ihnen zu nehmen, ehe sie nach Berkschire abreiseten. Al- lein die Wirkungen meines undankbaren Ver- brechens; dafür erkenne ich es mit Schaam und Reue; waren schuld daran, daß sie dieselben nicht sehen und sprechen konnten. Jch konnte auch keine Lust haben, sie von denselben sehen zu
lassen:
kommen, und ſchwur; Eidſchwuͤre der Ver- liebten, Bruder! daß ſie wirklich und in Wahr- heit die Lady Eliſabeth Lawrance und meine Ba- ſe Montague geweſen waͤren.
Sie hub ihre Haͤnde und Augen auf ‒ ‒ Was kann ich denken! ‒ ‒ Was kann ich den- ken! ‒ ‒
Sie denken, ich ſey der Teufel, gnaͤdige Fraͤulein, der Teufel ſelbſt: ſonſt koͤnnten ſie, nachdem ſie mir dieſe Fragen vorgelegt haben, an der Wahrheit ſo feyerlich beſchworner Antworten nicht zu zweifeln ſcheinen.
Und wenn ich das auch von dir denke: habe ich nicht Urſache dazu? Jſt wohl ſonſt ein Menſch in der Welt; ich hoffe um der menſchlichen Na- tur willen, daß keiner ſeyn werde; der mit einem armen und von allen Freunden verlaſſenen Frau- enzimmer ſo verfahren koͤnnte, als du mit mir gethan haſt, die du ſelbſt aller Freude beraubet hatteſt ‒ ‒ da ich vorher ehe ich dich kannte, an einem jeden, der mich kannte, ein Freund fand.
Jch habe ihnen ſchon vorher geſagt, werthe- ſte Fraͤulein, daß meine Tante und meine Baſe wirklich hier geweſen ſind, Abſchied von ihnen zu nehmen, ehe ſie nach Berkſchire abreiſeten. Al- lein die Wirkungen meines undankbaren Ver- brechens; dafuͤr erkenne ich es mit Schaam und Reue; waren ſchuld daran, daß ſie dieſelben nicht ſehen und ſprechen konnten. Jch konnte auch keine Luſt haben, ſie von denſelben ſehen zu
laſſen:
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0691"n="685"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
kommen, und ſchwur; <hirendition="#fr">Eidſchwuͤre der Ver-<lb/>
liebten, Bruder!</hi> daß ſie wirklich und in Wahr-<lb/>
heit die Lady Eliſabeth Lawrance und meine Ba-<lb/>ſe Montague geweſen waͤren.</p><lb/><p>Sie hub ihre Haͤnde und Augen auf ‒‒<lb/>
Was kann ich denken! ‒‒ Was <hirendition="#fr">kann</hi> ich den-<lb/>
ken! ‒‒</p><lb/><p>Sie <hirendition="#fr">denken,</hi> ich ſey der Teufel, gnaͤdige<lb/>
Fraͤulein, der Teufel ſelbſt: ſonſt koͤnnten ſie,<lb/>
nachdem ſie mir dieſe Fragen vorgelegt haben, an<lb/>
der Wahrheit ſo feyerlich beſchworner Antworten<lb/>
nicht zu zweifeln ſcheinen.</p><lb/><p>Und wenn ich das auch von dir denke: habe<lb/>
ich nicht Urſache dazu? Jſt wohl ſonſt ein Menſch<lb/>
in der Welt; ich hoffe um der menſchlichen Na-<lb/>
tur willen, daß keiner ſeyn werde; der mit einem<lb/>
armen und von allen Freunden verlaſſenen Frau-<lb/>
enzimmer ſo verfahren koͤnnte, als du mit <hirendition="#fr">mir</hi><lb/>
gethan haſt, die du ſelbſt aller Freude beraubet<lb/>
hatteſt ‒‒ da ich vorher ehe ich dich kannte, an<lb/>
einem jeden, der mich kannte, ein Freund<lb/>
fand.</p><lb/><p>Jch habe ihnen ſchon <hirendition="#fr">vorher</hi> geſagt, werthe-<lb/>ſte Fraͤulein, daß meine Tante und meine Baſe<lb/>
wirklich hier geweſen ſind, Abſchied von ihnen zu<lb/>
nehmen, ehe ſie nach Berkſchire abreiſeten. Al-<lb/>
lein die Wirkungen meines undankbaren Ver-<lb/>
brechens; dafuͤr erkenne ich es mit Schaam und<lb/>
Reue; waren ſchuld daran, daß ſie dieſelben<lb/>
nicht ſehen und ſprechen konnten. Jch konnte<lb/>
auch keine Luſt haben, <hirendition="#fr">ſie</hi> von denſelben ſehen zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">laſſen:</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[685/0691]
kommen, und ſchwur; Eidſchwuͤre der Ver-
liebten, Bruder! daß ſie wirklich und in Wahr-
heit die Lady Eliſabeth Lawrance und meine Ba-
ſe Montague geweſen waͤren.
Sie hub ihre Haͤnde und Augen auf ‒ ‒
Was kann ich denken! ‒ ‒ Was kann ich den-
ken! ‒ ‒
Sie denken, ich ſey der Teufel, gnaͤdige
Fraͤulein, der Teufel ſelbſt: ſonſt koͤnnten ſie,
nachdem ſie mir dieſe Fragen vorgelegt haben, an
der Wahrheit ſo feyerlich beſchworner Antworten
nicht zu zweifeln ſcheinen.
Und wenn ich das auch von dir denke: habe
ich nicht Urſache dazu? Jſt wohl ſonſt ein Menſch
in der Welt; ich hoffe um der menſchlichen Na-
tur willen, daß keiner ſeyn werde; der mit einem
armen und von allen Freunden verlaſſenen Frau-
enzimmer ſo verfahren koͤnnte, als du mit mir
gethan haſt, die du ſelbſt aller Freude beraubet
hatteſt ‒ ‒ da ich vorher ehe ich dich kannte, an
einem jeden, der mich kannte, ein Freund
fand.
Jch habe ihnen ſchon vorher geſagt, werthe-
ſte Fraͤulein, daß meine Tante und meine Baſe
wirklich hier geweſen ſind, Abſchied von ihnen zu
nehmen, ehe ſie nach Berkſchire abreiſeten. Al-
lein die Wirkungen meines undankbaren Ver-
brechens; dafuͤr erkenne ich es mit Schaam und
Reue; waren ſchuld daran, daß ſie dieſelben
nicht ſehen und ſprechen konnten. Jch konnte
auch keine Luſt haben, ſie von denſelben ſehen zu
laſſen:
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 685. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/691>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.