Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



lassen: denn sie würden mir niemals vergeben
haben; wenn sie erfahren hätten, was vorgegan-
gen wäre - - Und was hatte ich für Grund zu
vermuthen, daß sie es würden vor ihnen ver-
schwiegen haben, wenn sie zu sich selbst gekom-
men wären?

Es hat itzo nichts auf sich, wer oder was
sie sind, da der Endzweck, warum sie zum Vor-
schein gekommen, in meinem Unglücke erhalten
ist. Aber wenn du zwey falsche Dinge so feyer-
lich betheuret hast: was für einen Bösewicht se-
he ich denn vor mir! - -

Jch dachte, sie hätte nunmehr Ursache zufrie-
den zu seyn, und bat sie um die Erlaubniß, von
dem morgenden Tage, als dem glücklichsten in
meinem Leben zu reden. Wir haben den Trau-
schein, liebste Fräulein - - Sie müssen mich ent-
schuldigen, daß ich sie nicht von hier gehen lassen
kann, bis ich alle Mittel versuchet habe, die ich
versuchen kann, Vergebung von ihnen zu er-
langen.

Soll ich denn, versetzte sie mit einer gewissen
Art unsinniger Wildheit, in diesem scheuslichen
Hause eine Gefangene seyn? - - - Soll ich,
mein Herr? - - Nehmen sie sich in Acht! - -
Nehmen sie sich in Acht - - Sie drohete dabey
mit aufgehobner Hand - - daß sie mich nicht
zur Verzweifelung bringen - - Wo ich umkom-
me, sollte es auch durch meine eigne Hand seyn:
so wird gewiß meines Blutes wegen Untersu-
chung geschehen. Siehe zu, daß deine Ränke

dich



laſſen: denn ſie wuͤrden mir niemals vergeben
haben; wenn ſie erfahren haͤtten, was vorgegan-
gen waͤre ‒ ‒ Und was hatte ich fuͤr Grund zu
vermuthen, daß ſie es wuͤrden vor ihnen ver-
ſchwiegen haben, wenn ſie zu ſich ſelbſt gekom-
men waͤren?

Es hat itzo nichts auf ſich, wer oder was
ſie ſind, da der Endzweck, warum ſie zum Vor-
ſchein gekommen, in meinem Ungluͤcke erhalten
iſt. Aber wenn du zwey falſche Dinge ſo feyer-
lich betheuret haſt: was fuͤr einen Boͤſewicht ſe-
he ich denn vor mir! ‒ ‒

Jch dachte, ſie haͤtte nunmehr Urſache zufrie-
den zu ſeyn, und bat ſie um die Erlaubniß, von
dem morgenden Tage, als dem gluͤcklichſten in
meinem Leben zu reden. Wir haben den Trau-
ſchein, liebſte Fraͤulein ‒ ‒ Sie muͤſſen mich ent-
ſchuldigen, daß ich ſie nicht von hier gehen laſſen
kann, bis ich alle Mittel verſuchet habe, die ich
verſuchen kann, Vergebung von ihnen zu er-
langen.

Soll ich denn, verſetzte ſie mit einer gewiſſen
Art unſinniger Wildheit, in dieſem ſcheuslichen
Hauſe eine Gefangene ſeyn? ‒ ‒ ‒ Soll ich,
mein Herr? ‒ ‒ Nehmen ſie ſich in Acht! ‒ ‒
Nehmen ſie ſich in Acht ‒ ‒ Sie drohete dabey
mit aufgehobner Hand ‒ ‒ daß ſie mich nicht
zur Verzweifelung bringen ‒ ‒ Wo ich umkom-
me, ſollte es auch durch meine eigne Hand ſeyn:
ſo wird gewiß meines Blutes wegen Unterſu-
chung geſchehen. Siehe zu, daß deine Raͤnke

dich
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0692" n="686"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
la&#x017F;&#x017F;en: denn &#x017F;ie wu&#x0364;rden mir niemals vergeben<lb/>
haben; wenn &#x017F;ie erfahren ha&#x0364;tten, was vorgegan-<lb/>
gen wa&#x0364;re &#x2012; &#x2012; Und was hatte ich fu&#x0364;r Grund zu<lb/>
vermuthen, daß &#x017F;ie es wu&#x0364;rden vor ihnen ver-<lb/>
&#x017F;chwiegen haben, wenn &#x017F;ie zu &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gekom-<lb/>
men wa&#x0364;ren?</p><lb/>
          <p>Es hat itzo nichts auf &#x017F;ich, <hi rendition="#fr">wer</hi> oder <hi rendition="#fr">was</hi><lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ind, da der Endzweck, warum &#x017F;ie zum Vor-<lb/>
&#x017F;chein gekommen, in meinem Unglu&#x0364;cke erhalten<lb/>
i&#x017F;t. Aber wenn du zwey fal&#x017F;che Dinge &#x017F;o feyer-<lb/>
lich betheuret ha&#x017F;t: was fu&#x0364;r einen Bo&#x0364;&#x017F;ewicht &#x017F;e-<lb/>
he ich denn vor mir! &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Jch dachte, &#x017F;ie ha&#x0364;tte nunmehr Ur&#x017F;ache zufrie-<lb/>
den zu &#x017F;eyn, und bat &#x017F;ie um die Erlaubniß, von<lb/>
dem morgenden Tage, als dem glu&#x0364;cklich&#x017F;ten in<lb/>
meinem Leben zu reden. Wir haben den Trau-<lb/>
&#x017F;chein, lieb&#x017F;te Fra&#x0364;ulein &#x2012; &#x2012; Sie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en mich ent-<lb/>
&#x017F;chuldigen, daß ich &#x017F;ie nicht von hier gehen la&#x017F;&#x017F;en<lb/>
kann, bis ich alle Mittel ver&#x017F;uchet habe, die ich<lb/>
ver&#x017F;uchen <hi rendition="#fr">kann,</hi> Vergebung von ihnen zu er-<lb/>
langen.</p><lb/>
          <p>Soll ich denn, ver&#x017F;etzte &#x017F;ie mit einer gewi&#x017F;&#x017F;en<lb/>
Art un&#x017F;inniger Wildheit, in die&#x017F;em &#x017F;cheuslichen<lb/>
Hau&#x017F;e eine Gefangene &#x017F;eyn? &#x2012; &#x2012; &#x2012; Soll ich,<lb/>
mein Herr? &#x2012; &#x2012; Nehmen &#x017F;ie &#x017F;ich in Acht! &#x2012; &#x2012;<lb/>
Nehmen &#x017F;ie &#x017F;ich in Acht &#x2012; &#x2012; Sie drohete dabey<lb/>
mit aufgehobner Hand &#x2012; &#x2012; daß &#x017F;ie mich nicht<lb/>
zur Verzweifelung bringen &#x2012; &#x2012; Wo ich umkom-<lb/>
me, &#x017F;ollte es auch durch meine eigne Hand &#x017F;eyn:<lb/>
&#x017F;o wird gewiß meines Blutes wegen Unter&#x017F;u-<lb/>
chung ge&#x017F;chehen. Siehe zu, daß deine Ra&#x0364;nke<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">dich</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[686/0692] laſſen: denn ſie wuͤrden mir niemals vergeben haben; wenn ſie erfahren haͤtten, was vorgegan- gen waͤre ‒ ‒ Und was hatte ich fuͤr Grund zu vermuthen, daß ſie es wuͤrden vor ihnen ver- ſchwiegen haben, wenn ſie zu ſich ſelbſt gekom- men waͤren? Es hat itzo nichts auf ſich, wer oder was ſie ſind, da der Endzweck, warum ſie zum Vor- ſchein gekommen, in meinem Ungluͤcke erhalten iſt. Aber wenn du zwey falſche Dinge ſo feyer- lich betheuret haſt: was fuͤr einen Boͤſewicht ſe- he ich denn vor mir! ‒ ‒ Jch dachte, ſie haͤtte nunmehr Urſache zufrie- den zu ſeyn, und bat ſie um die Erlaubniß, von dem morgenden Tage, als dem gluͤcklichſten in meinem Leben zu reden. Wir haben den Trau- ſchein, liebſte Fraͤulein ‒ ‒ Sie muͤſſen mich ent- ſchuldigen, daß ich ſie nicht von hier gehen laſſen kann, bis ich alle Mittel verſuchet habe, die ich verſuchen kann, Vergebung von ihnen zu er- langen. Soll ich denn, verſetzte ſie mit einer gewiſſen Art unſinniger Wildheit, in dieſem ſcheuslichen Hauſe eine Gefangene ſeyn? ‒ ‒ ‒ Soll ich, mein Herr? ‒ ‒ Nehmen ſie ſich in Acht! ‒ ‒ Nehmen ſie ſich in Acht ‒ ‒ Sie drohete dabey mit aufgehobner Hand ‒ ‒ daß ſie mich nicht zur Verzweifelung bringen ‒ ‒ Wo ich umkom- me, ſollte es auch durch meine eigne Hand ſeyn: ſo wird gewiß meines Blutes wegen Unterſu- chung geſchehen. Siehe zu, daß deine Raͤnke dich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/692
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 686. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/692>, abgerufen am 24.11.2024.