sie gelitten hat, vermögend seyn sollte, den Lebens- faden zu zerschneiden?
Jhre gottselige Tugend wird sie allemal da- für in Sicherheit stellen, sie mag verheyrathet oder unverheyrathet seyn, daß ein so geringer Zu- fall, ein solches nicht freywilliges Leiden zu ih- rem Verderben gereichen sollte.
Diese, und dergleichen Betrachtungen sind es, die mich gegen alle Furcht vor eingebildet- schreckhaften Folgen verwahren. Jch wollte wünschen, daß sie auch bey dir einiges Gewicht haben möchten: da du ein so tapferer Vertheidi- ger für sie bist. Jedoch dieß gebe ich dir zu, daß sie in der That zu viel daraus machet, daß sie es zu sehr zu Herzen nimmt. Gewiß sie hätte es itzo schon vergessen sollen: es wäre denn, daß die unvergleichliche, unvergleichliche Folge käme, die ich noch immer in Hoffnung erwarte, wenn ich auch nicht weiter gehen sollte. Und fürchtet sie sich selbst davor, so hat die liebe und allzu zärtliche Seele einige Ursache, es so sehr zu Her- zen zu nehmen. Jedoch, denke ich, würde sie sich alsdenn wohl nicht weigern, sich zu einer recht- mäßigen Frau und Mutter machen zu lassen.
O Bruder! hätte ich eine Kayserkrone: ich schwöre dir zu, ich wollte sie hingeben, so gar meinem Feinde; wenn ich nur ein schönes Büb- chen von dieser Fräulein haben sollte. Und soll- te sie mir entkommen, aber doch keine solche Wirkung erfolgen: so würde meine Rache an ihrer Familie, und, in dem Falle, an ihr selbst
unvoll-
ſie gelitten hat, vermoͤgend ſeyn ſollte, den Lebens- faden zu zerſchneiden?
Jhre gottſelige Tugend wird ſie allemal da- fuͤr in Sicherheit ſtellen, ſie mag verheyrathet oder unverheyrathet ſeyn, daß ein ſo geringer Zu- fall, ein ſolches nicht freywilliges Leiden zu ih- rem Verderben gereichen ſollte.
Dieſe, und dergleichen Betrachtungen ſind es, die mich gegen alle Furcht vor eingebildet- ſchreckhaften Folgen verwahren. Jch wollte wuͤnſchen, daß ſie auch bey dir einiges Gewicht haben moͤchten: da du ein ſo tapferer Vertheidi- ger fuͤr ſie biſt. Jedoch dieß gebe ich dir zu, daß ſie in der That zu viel daraus machet, daß ſie es zu ſehr zu Herzen nimmt. Gewiß ſie haͤtte es itzo ſchon vergeſſen ſollen: es waͤre denn, daß die unvergleichliche, unvergleichliche Folge kaͤme, die ich noch immer in Hoffnung erwarte, wenn ich auch nicht weiter gehen ſollte. Und fuͤrchtet ſie ſich ſelbſt davor, ſo hat die liebe und allzu zaͤrtliche Seele einige Urſache, es ſo ſehr zu Her- zen zu nehmen. Jedoch, denke ich, wuͤrde ſie ſich alsdenn wohl nicht weigern, ſich zu einer recht- maͤßigen Frau und Mutter machen zu laſſen.
O Bruder! haͤtte ich eine Kayſerkrone: ich ſchwoͤre dir zu, ich wollte ſie hingeben, ſo gar meinem Feinde; wenn ich nur ein ſchoͤnes Buͤb- chen von dieſer Fraͤulein haben ſollte. Und ſoll- te ſie mir entkommen, aber doch keine ſolche Wirkung erfolgen: ſo wuͤrde meine Rache an ihrer Familie, und, in dem Falle, an ihr ſelbſt
unvoll-
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ſie gelitten hat, vermoͤgend ſeyn ſollte, den Lebens-
faden zu zerſchneiden?
Jhre gottſelige Tugend wird ſie allemal da-
fuͤr in Sicherheit ſtellen, ſie mag verheyrathet
oder unverheyrathet ſeyn, daß ein ſo geringer Zu-
fall, ein ſolches nicht freywilliges Leiden zu ih-
rem Verderben gereichen ſollte.
Dieſe, und dergleichen Betrachtungen ſind
es, die mich gegen alle Furcht vor eingebildet-
ſchreckhaften Folgen verwahren. Jch wollte
wuͤnſchen, daß ſie auch bey dir einiges Gewicht
haben moͤchten: da du ein ſo tapferer Vertheidi-
ger fuͤr ſie biſt. Jedoch dieß gebe ich dir zu,
daß ſie in der That zu viel daraus machet, daß ſie
es zu ſehr zu Herzen nimmt. Gewiß ſie haͤtte
es itzo ſchon vergeſſen ſollen: es waͤre denn, daß
die unvergleichliche, unvergleichliche Folge kaͤme,
die ich noch immer in Hoffnung erwarte, wenn
ich auch nicht weiter gehen ſollte. Und fuͤrchtet
ſie ſich ſelbſt davor, ſo hat die liebe und allzu
zaͤrtliche Seele einige Urſache, es ſo ſehr zu Her-
zen zu nehmen. Jedoch, denke ich, wuͤrde ſie ſich
alsdenn wohl nicht weigern, ſich zu einer recht-
maͤßigen Frau und Mutter machen zu laſſen.
O Bruder! haͤtte ich eine Kayſerkrone: ich
ſchwoͤre dir zu, ich wollte ſie hingeben, ſo gar
meinem Feinde; wenn ich nur ein ſchoͤnes Buͤb-
chen von dieſer Fraͤulein haben ſollte. Und ſoll-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 704. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/710>, abgerufen am 24.11.2024.
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