Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



heit hat, auf Dorcas ein Vertrauen zu setzen, die
ihr doch, bis itzo, gar nicht angestanden.

Allein ich habe dir ein Stück von meinem
Traum zu erzählen vergessen: und das war die-
ses. Den nächstfolgenden Morgen ließ die
Fräulein sich von Traurigkeit und Unwillen so
weit hinreißen, daß es Mühe kostete, sie von ei-
ner Gewaltthätigkeit gegen sich selbst abzuhalten.
Jnzwischen ward sie doch endlich gewonnen, daß
sie sich entschloß, am Leben zu bleiben, und sich so
gut, als möglich, in die Sache zu schicken. Ein
Brief von dem Capitain Tomlinson, dauchte
mich, half sie zufrieden sprechen. Jn demsel-
ben ward mir gemeldet, daß ihr Onkel Harlowe
gewiß am Mittwochen, Abends, den 28ten Jun.
zu Kenntisch-Town seyn wollte: weil der folgen-
de Tag, der 29te Jun. sein Geburtstag wäre;
und er in der Betrachtung ein doppeltes Verlan-
gen trüge, unsere Vermählung alsdenn in seiner
Gegenwart in geheim vollzogen zu sehen.

Jst denn aber der Donnerstag, der 29te,
wirklich ihres Onkels Geburtstag? Mich deucht,
du fragest darnach. - - Allerdings ist er es: sonst
sollte der Vollziehungstag früher eingefallen seyn.
Vor dreyen Wochen habe ich es selbst von ihr
gehöret. Jch weiß auch schon die Geburtstäge
von allen übrigen in ihrer Familie, und den Hoch-
zeittag von ihren Eltern. Die kleinsten Um-
stände können oft in Sachen von der äußersten
Wichtigkeit große Dienste thun.

Was sagst du nun zu meinem Traume?

Wer
Z z 3



heit hat, auf Dorcas ein Vertrauen zu ſetzen, die
ihr doch, bis itzo, gar nicht angeſtanden.

Allein ich habe dir ein Stuͤck von meinem
Traum zu erzaͤhlen vergeſſen: und das war die-
ſes. Den naͤchſtfolgenden Morgen ließ die
Fraͤulein ſich von Traurigkeit und Unwillen ſo
weit hinreißen, daß es Muͤhe koſtete, ſie von ei-
ner Gewaltthaͤtigkeit gegen ſich ſelbſt abzuhalten.
Jnzwiſchen ward ſie doch endlich gewonnen, daß
ſie ſich entſchloß, am Leben zu bleiben, und ſich ſo
gut, als moͤglich, in die Sache zu ſchicken. Ein
Brief von dem Capitain Tomlinſon, dauchte
mich, half ſie zufrieden ſprechen. Jn demſel-
ben ward mir gemeldet, daß ihr Onkel Harlowe
gewiß am Mittwochen, Abends, den 28ten Jun.
zu Kenntiſch-Town ſeyn wollte: weil der folgen-
de Tag, der 29te Jun. ſein Geburtstag waͤre;
und er in der Betrachtung ein doppeltes Verlan-
gen truͤge, unſere Vermaͤhlung alsdenn in ſeiner
Gegenwart in geheim vollzogen zu ſehen.

Jſt denn aber der Donnerſtag, der 29te,
wirklich ihres Onkels Geburtstag? Mich deucht,
du frageſt darnach. ‒ ‒ Allerdings iſt er es: ſonſt
ſollte der Vollziehungstag fruͤher eingefallen ſeyn.
Vor dreyen Wochen habe ich es ſelbſt von ihr
gehoͤret. Jch weiß auch ſchon die Geburtstaͤge
von allen uͤbrigen in ihrer Familie, und den Hoch-
zeittag von ihren Eltern. Die kleinſten Um-
ſtaͤnde koͤnnen oft in Sachen von der aͤußerſten
Wichtigkeit große Dienſte thun.

Was ſagſt du nun zu meinem Traume?

Wer
Z z 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0731" n="725"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
heit hat, auf Dorcas ein Vertrauen zu &#x017F;etzen, die<lb/>
ihr doch, bis itzo, gar nicht ange&#x017F;tanden.</p><lb/>
          <p>Allein ich habe dir ein Stu&#x0364;ck von meinem<lb/>
Traum zu erza&#x0364;hlen verge&#x017F;&#x017F;en: und das war die-<lb/>
&#x017F;es. Den na&#x0364;ch&#x017F;tfolgenden Morgen ließ die<lb/>
Fra&#x0364;ulein &#x017F;ich von Traurigkeit und Unwillen &#x017F;o<lb/>
weit hinreißen, daß es Mu&#x0364;he ko&#x017F;tete, &#x017F;ie von ei-<lb/>
ner Gewalttha&#x0364;tigkeit gegen &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t abzuhalten.<lb/>
Jnzwi&#x017F;chen ward &#x017F;ie doch endlich gewonnen, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;ich ent&#x017F;chloß, am Leben zu bleiben, und &#x017F;ich &#x017F;o<lb/>
gut, als mo&#x0364;glich, in die Sache zu &#x017F;chicken. Ein<lb/>
Brief von dem Capitain Tomlin&#x017F;on, dauchte<lb/>
mich, half &#x017F;ie zufrieden &#x017F;prechen. Jn dem&#x017F;el-<lb/>
ben ward mir gemeldet, daß ihr Onkel Harlowe<lb/>
gewiß am Mittwochen, Abends, den 28ten Jun.<lb/>
zu Kennti&#x017F;ch-Town &#x017F;eyn wollte: weil der folgen-<lb/>
de Tag, der 29te Jun. &#x017F;ein Geburtstag wa&#x0364;re;<lb/>
und er in der Betrachtung ein doppeltes Verlan-<lb/>
gen tru&#x0364;ge, un&#x017F;ere Verma&#x0364;hlung alsdenn in &#x017F;einer<lb/>
Gegenwart in geheim vollzogen zu &#x017F;ehen.</p><lb/>
          <p>J&#x017F;t denn aber der Donner&#x017F;tag, der 29te,<lb/>
wirklich ihres Onkels Geburtstag? Mich deucht,<lb/>
du frage&#x017F;t darnach. &#x2012; &#x2012; Allerdings i&#x017F;t er es: &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
&#x017F;ollte der Vollziehungstag fru&#x0364;her eingefallen &#x017F;eyn.<lb/>
Vor dreyen Wochen habe ich es &#x017F;elb&#x017F;t von ihr<lb/>
geho&#x0364;ret. Jch weiß auch &#x017F;chon die Geburtsta&#x0364;ge<lb/>
von allen u&#x0364;brigen in ihrer Familie, und den Hoch-<lb/>
zeittag von ihren Eltern. Die klein&#x017F;ten Um-<lb/>
&#x017F;ta&#x0364;nde ko&#x0364;nnen oft in Sachen von der a&#x0364;ußer&#x017F;ten<lb/>
Wichtigkeit große Dien&#x017F;te thun.</p><lb/>
          <p>Was &#x017F;ag&#x017F;t du nun zu meinem Traume?</p><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">Z z 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch">Wer</fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[725/0731] heit hat, auf Dorcas ein Vertrauen zu ſetzen, die ihr doch, bis itzo, gar nicht angeſtanden. Allein ich habe dir ein Stuͤck von meinem Traum zu erzaͤhlen vergeſſen: und das war die- ſes. Den naͤchſtfolgenden Morgen ließ die Fraͤulein ſich von Traurigkeit und Unwillen ſo weit hinreißen, daß es Muͤhe koſtete, ſie von ei- ner Gewaltthaͤtigkeit gegen ſich ſelbſt abzuhalten. Jnzwiſchen ward ſie doch endlich gewonnen, daß ſie ſich entſchloß, am Leben zu bleiben, und ſich ſo gut, als moͤglich, in die Sache zu ſchicken. Ein Brief von dem Capitain Tomlinſon, dauchte mich, half ſie zufrieden ſprechen. Jn demſel- ben ward mir gemeldet, daß ihr Onkel Harlowe gewiß am Mittwochen, Abends, den 28ten Jun. zu Kenntiſch-Town ſeyn wollte: weil der folgen- de Tag, der 29te Jun. ſein Geburtstag waͤre; und er in der Betrachtung ein doppeltes Verlan- gen truͤge, unſere Vermaͤhlung alsdenn in ſeiner Gegenwart in geheim vollzogen zu ſehen. Jſt denn aber der Donnerſtag, der 29te, wirklich ihres Onkels Geburtstag? Mich deucht, du frageſt darnach. ‒ ‒ Allerdings iſt er es: ſonſt ſollte der Vollziehungstag fruͤher eingefallen ſeyn. Vor dreyen Wochen habe ich es ſelbſt von ihr gehoͤret. Jch weiß auch ſchon die Geburtstaͤge von allen uͤbrigen in ihrer Familie, und den Hoch- zeittag von ihren Eltern. Die kleinſten Um- ſtaͤnde koͤnnen oft in Sachen von der aͤußerſten Wichtigkeit große Dienſte thun. Was ſagſt du nun zu meinem Traume? Wer Z z 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/731
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 725. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/731>, abgerufen am 16.06.2024.