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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750.

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nige Nachrichten aus dem Tagebuche der Fräulein
zu ersetzen. Es wird inzwischen nöthig seyn, vor-
her die Gelegenheit anzuzeigen, bey welcher dieß
Tagebuch gemachet ist.
Der Leser beliebe sich zu erinnern, daß sie in
dem Briefe, welchen sie bey ihrer Flucht nach Hamp-
stead an die Fräulein Howe geschrieben, verspricht,
bey mehrerer Muße ihr die eigentlichen Umstände
von ihrer Flucht zu melden (*).
Sie war in der That willens ihre Erzählung
von allem dem, was zwischen ihr und Herrn Love-
lacen seit ihren letzten Nachrichten vorgegangen war,
fortzusetzen. Allein die Ungewißheit, worinn sie von
der Zeit an lebte, nebst der verfluchten Begegnung,
die ihr widerfuhr, als sie betrügerischerweise wieder
zurückgebracht war, worauf eine Verrückung ihres
Kopfes eine ganze Woche lang erfolgte, hatte sie bis-
her gehindert, ihren Vorsatz auszuführen. Da sie
es nichts desto weniger noch im Sinne hatte, ihr
Versprechen zu erfüllen, so bald sich ihr eine beque-
me Gelegenheit zeigte: so machte sie ein kurzes Ver-
zeichniß von allem, wie es vorging, damit sie ihrem
Gedächtnisse zu statten kommen möchte - - dem sie
nach ihrer letzten Verwirrung, wie sie an einem Or-
te bemerket, weniger, als vorher, trauen konnte.
Jn diesem kurzen Verzeichnisse, oder Tagebuche,
merket sie folgendes an. "Weil sie besorgt hätte,
"Dorcas möchte eine Verrätherinn seyn: so wäre
"sie willens gewesen, unter der Zeit, da dieselbe nach
"einer Kutsche gegangen, davon zu gehen; und hätte
"sich auch wirklich in der Absicht die Treppe hinun-
"ter geschlichen. Da sie aber Fr. Sinclair an der
"Thüre gefunden," welche Dorcas unterdessen, daß
sie ausgegangen war, dahin gestellet hatte: "so wä-
"re sie eiligst wieder hinaufgestiegen, ohne gesehen
"zu werden.
Hierauf
(*) Siehe oben S. 177.


nige Nachrichten aus dem Tagebuche der Fraͤulein
zu erſetzen. Es wird inzwiſchen noͤthig ſeyn, vor-
her die Gelegenheit anzuzeigen, bey welcher dieß
Tagebuch gemachet iſt.
Der Leſer beliebe ſich zu erinnern, daß ſie in
dem Briefe, welchen ſie bey ihrer Flucht nach Hamp-
ſtead an die Fraͤulein Howe geſchrieben, verſpricht,
bey mehrerer Muße ihr die eigentlichen Umſtaͤnde
von ihrer Flucht zu melden (*).
Sie war in der That willens ihre Erzaͤhlung
von allem dem, was zwiſchen ihr und Herrn Love-
lacen ſeit ihren letzten Nachrichten vorgegangen war,
fortzuſetzen. Allein die Ungewißheit, worinn ſie von
der Zeit an lebte, nebſt der verfluchten Begegnung,
die ihr widerfuhr, als ſie betruͤgeriſcherweiſe wieder
zuruͤckgebracht war, worauf eine Verruͤckung ihres
Kopfes eine ganze Woche lang erfolgte, hatte ſie bis-
her gehindert, ihren Vorſatz auszufuͤhren. Da ſie
es nichts deſto weniger noch im Sinne hatte, ihr
Verſprechen zu erfuͤllen, ſo bald ſich ihr eine beque-
me Gelegenheit zeigte: ſo machte ſie ein kurzes Ver-
zeichniß von allem, wie es vorging, damit ſie ihrem
Gedaͤchtniſſe zu ſtatten kommen moͤchte ‒ ‒ dem ſie
nach ihrer letzten Verwirrung, wie ſie an einem Or-
te bemerket, weniger, als vorher, trauen konnte.
Jn dieſem kurzen Verzeichniſſe, oder Tagebuche,
merket ſie folgendes an. „Weil ſie beſorgt haͤtte,
„Dorcas moͤchte eine Verraͤtherinn ſeyn: ſo waͤre
„ſie willens geweſen, unter der Zeit, da dieſelbe nach
„einer Kutſche gegangen, davon zu gehen; und haͤtte
„ſich auch wirklich in der Abſicht die Treppe hinun-
„ter geſchlichen. Da ſie aber Fr. Sinclair an der
„Thuͤre gefunden,“ welche Dorcas unterdeſſen, daß
ſie ausgegangen war, dahin geſtellet hatte: „ſo waͤ-
„re ſie eiligſt wieder hinaufgeſtiegen, ohne geſehen
„zu werden.
Hierauf
(*) Siehe oben S. 177.
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[736/0742] (*) (*) nige Nachrichten aus dem Tagebuche der Fraͤulein zu erſetzen. Es wird inzwiſchen noͤthig ſeyn, vor- her die Gelegenheit anzuzeigen, bey welcher dieß Tagebuch gemachet iſt. Der Leſer beliebe ſich zu erinnern, daß ſie in dem Briefe, welchen ſie bey ihrer Flucht nach Hamp- ſtead an die Fraͤulein Howe geſchrieben, verſpricht, bey mehrerer Muße ihr die eigentlichen Umſtaͤnde von ihrer Flucht zu melden (*). Sie war in der That willens ihre Erzaͤhlung von allem dem, was zwiſchen ihr und Herrn Love- lacen ſeit ihren letzten Nachrichten vorgegangen war, fortzuſetzen. Allein die Ungewißheit, worinn ſie von der Zeit an lebte, nebſt der verfluchten Begegnung, die ihr widerfuhr, als ſie betruͤgeriſcherweiſe wieder zuruͤckgebracht war, worauf eine Verruͤckung ihres Kopfes eine ganze Woche lang erfolgte, hatte ſie bis- her gehindert, ihren Vorſatz auszufuͤhren. Da ſie es nichts deſto weniger noch im Sinne hatte, ihr Verſprechen zu erfuͤllen, ſo bald ſich ihr eine beque- me Gelegenheit zeigte: ſo machte ſie ein kurzes Ver- zeichniß von allem, wie es vorging, damit ſie ihrem Gedaͤchtniſſe zu ſtatten kommen moͤchte ‒ ‒ dem ſie nach ihrer letzten Verwirrung, wie ſie an einem Or- te bemerket, weniger, als vorher, trauen konnte. Jn dieſem kurzen Verzeichniſſe, oder Tagebuche, merket ſie folgendes an. „Weil ſie beſorgt haͤtte, „Dorcas moͤchte eine Verraͤtherinn ſeyn: ſo waͤre „ſie willens geweſen, unter der Zeit, da dieſelbe nach „einer Kutſche gegangen, davon zu gehen; und haͤtte „ſich auch wirklich in der Abſicht die Treppe hinun- „ter geſchlichen. Da ſie aber Fr. Sinclair an der „Thuͤre gefunden,“ welche Dorcas unterdeſſen, daß ſie ausgegangen war, dahin geſtellet hatte: „ſo waͤ- „re ſie eiligſt wieder hinaufgeſtiegen, ohne geſehen „zu werden. Hierauf (*) Siehe oben S. 177.

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 736. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/742>, abgerufen am 24.11.2024.