war, Feuer! Feuer! - Das Haus steht in Feuer! - Stehen sie auf, gnädige Frau! - - Diesen Augenblick stehen sie auf - - wo sie nicht in ihrem Bette verbrennen wollen!
Kaum hatte sie das fürchterliche Geschrey ausgestossen: so hörte ich meiner Fräulein Thüre mit übereilter Heftigkeit aufriegeln, aufschließen und öffnen, und die Stimme meiner reizenden Schöne nicht anders erschallen, als wenn jemand von einer Ohnmacht überfallen wird.
Du kannst leicht errathen, wie sehr ich ge- rühret wurde. Jch zitterte aus Sorge für sie, und eilte weit geschwinder herunter als mich die Bestürzung von dem Feuerlerm hinaufzuren- nen getrieben hatte, um sie dadurch zu beruhi- gen, daß alle Gefahr vorüber wäre.
Da ich zu ihrer Kammer-Thür hernnter ge- flogen war: erblickte ich das liebenswürdigste Ge- schöpfe von der Welt, auf den Arm der keichen- den Dorcas gestützt, seufzend, zitternd und nahe bey einer Ohnmacht, bloß mit einem Unterrocke bedeckt, ihre reizende Brust halb entblößt und ihre Füße nur eben mit der Spitze in die Schuhe gesteckt. So bald sie mich sahe, blieb ihr die Luft bestehen und sie gab sich Mühe zu reden, konnte aber nichts sagen, als o, Herr Lovelace! und wollte niedersinken.
Jch faßte sie in meine Arme mit einem Feu- er, das sie vorher niemals gefühlt hatte. Mein werthestes Leben, fürchten sie nichts. Jch bin oben gewesen. Die Gefahr ist vorbey. Das
Feuer
war, Feuer! Feuer! ‒ Das Haus ſteht in Feuer! ‒ Stehen ſie auf, gnaͤdige Frau! ‒ ‒ Dieſen Augenblick ſtehen ſie auf ‒ ‒ wo ſie nicht in ihrem Bette verbrennen wollen!
Kaum hatte ſie das fuͤrchterliche Geſchrey ausgeſtoſſen: ſo hoͤrte ich meiner Fraͤulein Thuͤre mit uͤbereilter Heftigkeit aufriegeln, aufſchließen und oͤffnen, und die Stimme meiner reizenden Schoͤne nicht anders erſchallen, als wenn jemand von einer Ohnmacht uͤberfallen wird.
Du kannſt leicht errathen, wie ſehr ich ge- ruͤhret wurde. Jch zitterte aus Sorge fuͤr ſie, und eilte weit geſchwinder herunter als mich die Beſtuͤrzung von dem Feuerlerm hinaufzuren- nen getrieben hatte, um ſie dadurch zu beruhi- gen, daß alle Gefahr voruͤber waͤre.
Da ich zu ihrer Kammer-Thuͤr hernnter ge- flogen war: erblickte ich das liebenswuͤrdigſte Ge- ſchoͤpfe von der Welt, auf den Arm der keichen- den Dorcas geſtuͤtzt, ſeufzend, zitternd und nahe bey einer Ohnmacht, bloß mit einem Unterrocke bedeckt, ihre reizende Bruſt halb entbloͤßt und ihre Fuͤße nur eben mit der Spitze in die Schuhe geſteckt. So bald ſie mich ſahe, blieb ihr die Luft beſtehen und ſie gab ſich Muͤhe zu reden, konnte aber nichts ſagen, als o, Herr Lovelace! und wollte niederſinken.
Jch faßte ſie in meine Arme mit einem Feu- er, das ſie vorher niemals gefuͤhlt hatte. Mein wertheſtes Leben, fuͤrchten ſie nichts. Jch bin oben geweſen. Die Gefahr iſt vorbey. Das
Feuer
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war, Feuer! Feuer! ‒ Das Haus ſteht in
Feuer! ‒ Stehen ſie auf, gnaͤdige Frau! ‒ ‒
Dieſen Augenblick ſtehen ſie auf ‒ ‒ wo ſie nicht
in ihrem Bette verbrennen wollen!
Kaum hatte ſie das fuͤrchterliche Geſchrey
ausgeſtoſſen: ſo hoͤrte ich meiner Fraͤulein Thuͤre
mit uͤbereilter Heftigkeit aufriegeln, aufſchließen
und oͤffnen, und die Stimme meiner reizenden
Schoͤne nicht anders erſchallen, als wenn jemand
von einer Ohnmacht uͤberfallen wird.
Du kannſt leicht errathen, wie ſehr ich ge-
ruͤhret wurde. Jch zitterte aus Sorge fuͤr ſie,
und eilte weit geſchwinder herunter als mich die
Beſtuͤrzung von dem Feuerlerm hinaufzuren-
nen getrieben hatte, um ſie dadurch zu beruhi-
gen, daß alle Gefahr voruͤber waͤre.
Da ich zu ihrer Kammer-Thuͤr hernnter ge-
flogen war: erblickte ich das liebenswuͤrdigſte Ge-
ſchoͤpfe von der Welt, auf den Arm der keichen-
den Dorcas geſtuͤtzt, ſeufzend, zitternd und nahe
bey einer Ohnmacht, bloß mit einem Unterrocke
bedeckt, ihre reizende Bruſt halb entbloͤßt und
ihre Fuͤße nur eben mit der Spitze in die Schuhe
geſteckt. So bald ſie mich ſahe, blieb ihr die Luft
beſtehen und ſie gab ſich Muͤhe zu reden, konnte
aber nichts ſagen, als o, Herr Lovelace! und
wollte niederſinken.
Jch faßte ſie in meine Arme mit einem Feu-
er, das ſie vorher niemals gefuͤhlt hatte. Mein
wertheſtes Leben, fuͤrchten ſie nichts. Jch bin
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 72. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/78>, abgerufen am 25.11.2024.
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