Und was meynten sie dann mit ihrem Ver- sprechen? Meynten sie etwas zu meinem Vor- theil damit? Sie hatten die Absicht dabey, daß ich damals so davon gedenken sollte. Meynten sie etwas zu meinem Vortheil damit, gnädige Fräulein? - - Hatten sie die Absicht, daß ich so davon gedenken sollte?
Lassen sie meine Hand los, mein Herr - - Nehmen sie ihren Arm um mich weg - - Sie sträubete sich: aber zitterte doch - Warum se- hen sie mich mit so starren Augen an?
Antworten sie mir, gnädige Fräulein - - Meynten sie etwas zu meinem Besten mit ihrem Versprechen?
Lassen sie mich doch nicht so gezwungen wer- den, zu antworten.
Hierauf ruhete sie ein wenig aus, und nach- dem sie mehr Muth gefasset hatte, fing sie wieder an. Lassen sie mich gehen. Jch bin nur eine Weibsperson - - nur eine schwache Weibsper- son. Allein mein Leben ist in meiner eignen Ge- walt, wenn meine Person es gleich nicht ist - - Jch will nicht so gezwungen werden.
Sie sollen dann auch nicht. Hiemit ließ ich ihre Hand fahren und bückte mich: aber mein Herz war mir schon an der Kehle, und hoffete nur, weiter gereizet zu werden.
Sie stand auf und wollte davon eilen.
Jch verfolge sie nicht, gnädige Fräulein - - Jch will es auf eine Probe ihrer Großmuth an- kommen lassen - - Bleiben sie stehen - - Kom-
men
Und was meynten ſie dann mit ihrem Ver- ſprechen? Meynten ſie etwas zu meinem Vor- theil damit? Sie hatten die Abſicht dabey, daß ich damals ſo davon gedenken ſollte. Meynten ſie etwas zu meinem Vortheil damit, gnaͤdige Fraͤulein? ‒ ‒ Hatten ſie die Abſicht, daß ich ſo davon gedenken ſollte?
Laſſen ſie meine Hand los, mein Herr ‒ ‒ Nehmen ſie ihren Arm um mich weg ‒ ‒ Sie ſtraͤubete ſich: aber zitterte doch ‒ Warum ſe- hen ſie mich mit ſo ſtarren Augen an?
Antworten ſie mir, gnaͤdige Fraͤulein ‒ ‒ Meynten ſie etwas zu meinem Beſten mit ihrem Verſprechen?
Laſſen ſie mich doch nicht ſo gezwungen wer- den, zu antworten.
Hierauf ruhete ſie ein wenig aus, und nach- dem ſie mehr Muth gefaſſet hatte, fing ſie wieder an. Laſſen ſie mich gehen. Jch bin nur eine Weibsperſon ‒ ‒ nur eine ſchwache Weibsper- ſon. Allein mein Leben iſt in meiner eignen Ge- walt, wenn meine Perſon es gleich nicht iſt ‒ ‒ Jch will nicht ſo gezwungen werden.
Sie ſollen dann auch nicht. Hiemit ließ ich ihre Hand fahren und buͤckte mich: aber mein Herz war mir ſchon an der Kehle, und hoffete nur, weiter gereizet zu werden.
Sie ſtand auf und wollte davon eilen.
Jch verfolge ſie nicht, gnaͤdige Fraͤulein ‒ ‒ Jch will es auf eine Probe ihrer Großmuth an- kommen laſſen ‒ ‒ Bleiben ſie ſtehen ‒ ‒ Kom-
men
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0780"n="774"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Und was meynten ſie dann mit ihrem Ver-<lb/>ſprechen? Meynten ſie etwas zu meinem Vor-<lb/>
theil damit? Sie hatten die Abſicht dabey, daß<lb/>
ich damals ſo davon <hirendition="#fr">gedenken</hi>ſollte. Meynten<lb/>ſie etwas zu meinem Vortheil damit, gnaͤdige<lb/>
Fraͤulein? ‒‒ Hatten ſie die Abſicht, daß ich ſo<lb/>
davon <hirendition="#fr">gedenken</hi>ſollte?</p><lb/><p>Laſſen ſie meine Hand los, mein Herr ‒‒<lb/>
Nehmen ſie ihren Arm um mich weg ‒‒ Sie<lb/>ſtraͤubete ſich: aber zitterte doch ‒<hirendition="#fr">Warum ſe-<lb/>
hen ſie mich mit ſo ſtarren Augen an?</hi></p><lb/><p>Antworten ſie mir, gnaͤdige Fraͤulein ‒‒<lb/>
Meynten ſie etwas zu meinem Beſten mit ihrem<lb/>
Verſprechen?</p><lb/><p>Laſſen ſie mich doch nicht ſo gezwungen wer-<lb/>
den, zu antworten.</p><lb/><p>Hierauf ruhete ſie ein wenig aus, und nach-<lb/>
dem ſie mehr Muth gefaſſet hatte, fing ſie wieder<lb/>
an. Laſſen ſie mich gehen. Jch bin nur eine<lb/>
Weibsperſon ‒‒ nur eine ſchwache Weibsper-<lb/>ſon. Allein mein Leben iſt in meiner eignen Ge-<lb/>
walt, wenn meine Perſon es gleich nicht iſt ‒‒<lb/>
Jch will nicht ſo gezwungen werden.</p><lb/><p>Sie ſollen dann auch nicht. Hiemit ließ ich<lb/>
ihre Hand fahren und buͤckte mich: aber mein<lb/>
Herz war mir ſchon an der Kehle, und hoffete<lb/>
nur, weiter gereizet zu werden.</p><lb/><p>Sie ſtand auf und wollte davon eilen.</p><lb/><p>Jch verfolge ſie nicht, gnaͤdige Fraͤulein ‒‒<lb/>
Jch will es auf eine Probe ihrer Großmuth an-<lb/>
kommen laſſen ‒‒ Bleiben ſie ſtehen ‒‒ Kom-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">men</fw><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[774/0780]
Und was meynten ſie dann mit ihrem Ver-
ſprechen? Meynten ſie etwas zu meinem Vor-
theil damit? Sie hatten die Abſicht dabey, daß
ich damals ſo davon gedenken ſollte. Meynten
ſie etwas zu meinem Vortheil damit, gnaͤdige
Fraͤulein? ‒ ‒ Hatten ſie die Abſicht, daß ich ſo
davon gedenken ſollte?
Laſſen ſie meine Hand los, mein Herr ‒ ‒
Nehmen ſie ihren Arm um mich weg ‒ ‒ Sie
ſtraͤubete ſich: aber zitterte doch ‒ Warum ſe-
hen ſie mich mit ſo ſtarren Augen an?
Antworten ſie mir, gnaͤdige Fraͤulein ‒ ‒
Meynten ſie etwas zu meinem Beſten mit ihrem
Verſprechen?
Laſſen ſie mich doch nicht ſo gezwungen wer-
den, zu antworten.
Hierauf ruhete ſie ein wenig aus, und nach-
dem ſie mehr Muth gefaſſet hatte, fing ſie wieder
an. Laſſen ſie mich gehen. Jch bin nur eine
Weibsperſon ‒ ‒ nur eine ſchwache Weibsper-
ſon. Allein mein Leben iſt in meiner eignen Ge-
walt, wenn meine Perſon es gleich nicht iſt ‒ ‒
Jch will nicht ſo gezwungen werden.
Sie ſollen dann auch nicht. Hiemit ließ ich
ihre Hand fahren und buͤckte mich: aber mein
Herz war mir ſchon an der Kehle, und hoffete
nur, weiter gereizet zu werden.
Sie ſtand auf und wollte davon eilen.
Jch verfolge ſie nicht, gnaͤdige Fraͤulein ‒ ‒
Jch will es auf eine Probe ihrer Großmuth an-
kommen laſſen ‒ ‒ Bleiben ſie ſtehen ‒ ‒ Kom-
men
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 774. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/780>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.