ersten bewiesen hat: so wird sie, zum Trotz aller Männer, Weiber, und des Teufels selbst, auf vollkommene Probe ein Engel seyn. Denn soll alle ihr Leiden ein Ende haben. Jch will als- denn dem überwundenen Teufel entsagen und mich bessern. Wo ja noch ein schändlicher Ein- fall in mir aufsteiget: so will ich ihn lieber in meinem Herzen, wie er entstehet, alsobald unter- drücken, als ihn Platz finden lassen.
Wenige Stunden werden nunmehr alles ent- scheiden. Der Ausgang aber mag seyn, wie er will: so werde ich zu viel zu thun haben, daß ich noch wieder schreiben könnte, bis ich zu M. Hall anlange.
Unterdessen empfinde ich eine seltsame Unru- he. Jch muß sie, wo möglich, unterdrücken: ehe ich mich vor ihre Augen wage - - Mein Herz schlägt meine Brust von dem Tische zurück. Jch will die Feder niederlegen, und mich gänz- lich seinen Trieben überlassen.
Der
erſten bewieſen hat: ſo wird ſie, zum Trotz aller Maͤnner, Weiber, und des Teufels ſelbſt, auf vollkommene Probe ein Engel ſeyn. Denn ſoll alle ihr Leiden ein Ende haben. Jch will als- denn dem uͤberwundenen Teufel entſagen und mich beſſern. Wo ja noch ein ſchaͤndlicher Ein- fall in mir aufſteiget: ſo will ich ihn lieber in meinem Herzen, wie er entſtehet, alſobald unter- druͤcken, als ihn Platz finden laſſen.
Wenige Stunden werden nunmehr alles ent- ſcheiden. Der Ausgang aber mag ſeyn, wie er will: ſo werde ich zu viel zu thun haben, daß ich noch wieder ſchreiben koͤnnte, bis ich zu M. Hall anlange.
Unterdeſſen empfinde ich eine ſeltſame Unru- he. Jch muß ſie, wo moͤglich, unterdruͤcken: ehe ich mich vor ihre Augen wage ‒ ‒ Mein Herz ſchlaͤgt meine Bruſt von dem Tiſche zuruͤck. Jch will die Feder niederlegen, und mich gaͤnz- lich ſeinen Trieben uͤberlaſſen.
Der
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erſten bewieſen hat: ſo wird ſie, zum Trotz aller
Maͤnner, Weiber, und des Teufels ſelbſt, auf
vollkommene Probe ein Engel ſeyn. Denn ſoll
alle ihr Leiden ein Ende haben. Jch will als-
denn dem uͤberwundenen Teufel entſagen und
mich beſſern. Wo ja noch ein ſchaͤndlicher Ein-
fall in mir aufſteiget: ſo will ich ihn lieber in
meinem Herzen, wie er entſtehet, alſobald unter-
druͤcken, als ihn Platz finden laſſen.
Wenige Stunden werden nunmehr alles ent-
ſcheiden. Der Ausgang aber mag ſeyn, wie er
will: ſo werde ich zu viel zu thun haben, daß ich
noch wieder ſchreiben koͤnnte, bis ich zu M. Hall
anlange.
Unterdeſſen empfinde ich eine ſeltſame Unru-
he. Jch muß ſie, wo moͤglich, unterdruͤcken:
ehe ich mich vor ihre Augen wage ‒ ‒ Mein
Herz ſchlaͤgt meine Bruſt von dem Tiſche zuruͤck.
Jch will die Feder niederlegen, und mich gaͤnz-
lich ſeinen Trieben uͤberlaſſen.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 797. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/803>, abgerufen am 24.11.2024.
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