glaube der Teufel hätte sie nicht halten können: da ein Engel ihr befahl, sich fortzupacken.
Madame, sprach ich, erlauben sie mir, ihnen zu sagen: und ging, mit einem grimmigen Ge- sichte, verflucht verdrieslich und gar beschämt, auf sie zu - -
Aber sie wandte sich zu mir: Bleib stehen, wo du bist, o schändlichster und verruchtester Kerl! - - Bleib stehen, wo du bist! - - Und unterstehe dich nicht, mich mit dem vermessenen Gesichte anrühren zu wollen: wo du nicht willst, daß ich den Augenblick als eine Leiche zu deinen Füßen liege!
Zu meinem Erstaunen hatte sie ein Feder- messer in der Hand, hielte die Spitze gegen ihre eigne Brust, und faßte bedächtlich den ganzen Stiel so, daß es nicht zu versuchen war, ihr das- selbe wegzunehmen.
Jch will niemand Schaden zufügen, als mir selbst. Jhr, mein Herr, und ihr Weibsleute, seyd vor aller Gewaltthätigkeit von mir gesichert. Die Gesetze sollen allein meine Zuflucht seyn. Die Gesetze; dieß Wort sprach sie mit besonde- rem Nachdruck aus; die für solche Leute natür- licherweise Schrecken mit sich führen, und ihnen auch nun die äußerste Furcht einjagten.
Kein Wunder! Da diejenigen, welche sich selbst der Verdammniß übergeben wollen, damit sie sich nur in dieser Welt gute Tage und alle Fülle verschaffen, vor allem dem erzittern werden, was ihre gewöhnlichen Mittel, diese guten Tage
und
glaube der Teufel haͤtte ſie nicht halten koͤnnen: da ein Engel ihr befahl, ſich fortzupacken.
Madame, ſprach ich, erlauben ſie mir, ihnen zu ſagen: und ging, mit einem grimmigen Ge- ſichte, verflucht verdrieslich und gar beſchaͤmt, auf ſie zu ‒ ‒
Aber ſie wandte ſich zu mir: Bleib ſtehen, wo du biſt, o ſchaͤndlichſter und verruchteſter Kerl! ‒ ‒ Bleib ſtehen, wo du biſt! ‒ ‒ Und unterſtehe dich nicht, mich mit dem vermeſſenen Geſichte anruͤhren zu wollen: wo du nicht willſt, daß ich den Augenblick als eine Leiche zu deinen Fuͤßen liege!
Zu meinem Erſtaunen hatte ſie ein Feder- meſſer in der Hand, hielte die Spitze gegen ihre eigne Bruſt, und faßte bedaͤchtlich den ganzen Stiel ſo, daß es nicht zu verſuchen war, ihr daſ- ſelbe wegzunehmen.
Jch will niemand Schaden zufuͤgen, als mir ſelbſt. Jhr, mein Herr, und ihr Weibsleute, ſeyd vor aller Gewaltthaͤtigkeit von mir geſichert. Die Geſetze ſollen allein meine Zuflucht ſeyn. Die Geſetze; dieß Wort ſprach ſie mit beſonde- rem Nachdruck aus; die fuͤr ſolche Leute natuͤr- licherweiſe Schrecken mit ſich fuͤhren, und ihnen auch nun die aͤußerſte Furcht einjagten.
Kein Wunder! Da diejenigen, welche ſich ſelbſt der Verdammniß uͤbergeben wollen, damit ſie ſich nur in dieſer Welt gute Tage und alle Fuͤlle verſchaffen, vor allem dem erzittern werden, was ihre gewoͤhnlichen Mittel, dieſe guten Tage
und
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glaube der Teufel haͤtte ſie nicht halten koͤnnen:
da ein Engel ihr befahl, ſich fortzupacken.
Madame, ſprach ich, erlauben ſie mir, ihnen
zu ſagen: und ging, mit einem grimmigen Ge-
ſichte, verflucht verdrieslich und gar beſchaͤmt,
auf ſie zu ‒ ‒
Aber ſie wandte ſich zu mir: Bleib ſtehen,
wo du biſt, o ſchaͤndlichſter und verruchteſter
Kerl! ‒ ‒ Bleib ſtehen, wo du biſt! ‒ ‒ Und
unterſtehe dich nicht, mich mit dem vermeſſenen
Geſichte anruͤhren zu wollen: wo du nicht willſt,
daß ich den Augenblick als eine Leiche zu deinen
Fuͤßen liege!
Zu meinem Erſtaunen hatte ſie ein Feder-
meſſer in der Hand, hielte die Spitze gegen ihre
eigne Bruſt, und faßte bedaͤchtlich den ganzen
Stiel ſo, daß es nicht zu verſuchen war, ihr daſ-
ſelbe wegzunehmen.
Jch will niemand Schaden zufuͤgen, als mir
ſelbſt. Jhr, mein Herr, und ihr Weibsleute,
ſeyd vor aller Gewaltthaͤtigkeit von mir geſichert.
Die Geſetze ſollen allein meine Zuflucht ſeyn.
Die Geſetze; dieß Wort ſprach ſie mit beſonde-
rem Nachdruck aus; die fuͤr ſolche Leute natuͤr-
licherweiſe Schrecken mit ſich fuͤhren, und ihnen
auch nun die aͤußerſte Furcht einjagten.
Kein Wunder! Da diejenigen, welche ſich
ſelbſt der Verdammniß uͤbergeben wollen, damit
ſie ſich nur in dieſer Welt gute Tage und alle
Fuͤlle verſchaffen, vor allem dem erzittern werden,
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 5. Göttingen, 1750, S. 813. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa05_1750/819>, abgerufen am 24.11.2024.
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