nicht haben, verursacheten, daß Tränke, Noth- zwang, und die äußersten Gewaltthätigkeiten zur Erreichung seines abscheulichen Zwecks nöthig waren: so sehen wir, daß er sich niemals ein Be- denken darüber machte. Jch zweifle gar nicht, daß eben diese oder eine gleiche Bosheit von Leu- ten dieser schändlichen Art öfterer würde ausgeü- bet werden, wenn die Thorheit und Leichtgläubig- keit der elenden und unvorsichtigen Personen, die sich selbst in ihre Hände werfen, ihnen nicht einen leichtern Sieg zuwege brächte.
Mit wie großem Vergnügen müssen diejeni- gen Eltern, welche ihre Töchter durch die Ver- mählung mit einem tugendhaften Mann glücklich berathen haben, diese Dinge überlegen! Und wie glücklich sind die jungen Weibspersonen, die sich selbst unter einem anständigen Schutz sicher befinden! - - Konnte eine solche Person, als Fräu- lein Clarissa Harlowe, nicht entgehen: wer kann wohl sicher seyn? - - Denn ob gleich ein jeder liederlicher Kerl nicht ein Lovelace ist: so ist doch auch nicht ein jedes Frauenzimmer eine Cla- rissa; und seine Unternehmungen sind nur mit Jhrem Widerstande und Jhrer Wachsamkeit in gleichem Verhältnisse gewesen.
Meine Mutter hat mir befohlen, Jhnen ih- re Gedanken überhaupt von Jhrer traurigen Ge- schichte zu eröffnen. Jch will es in einem andern Briefe thun, und denselben nebst diesem durch einen eignen Bothen an Sie schicken.
Künftig
nicht haben, verurſacheten, daß Traͤnke, Noth- zwang, und die aͤußerſten Gewaltthaͤtigkeiten zur Erreichung ſeines abſcheulichen Zwecks noͤthig waren: ſo ſehen wir, daß er ſich niemals ein Be- denken daruͤber machte. Jch zweifle gar nicht, daß eben dieſe oder eine gleiche Bosheit von Leu- ten dieſer ſchaͤndlichen Art oͤfterer wuͤrde ausgeuͤ- bet werden, wenn die Thorheit und Leichtglaͤubig- keit der elenden und unvorſichtigen Perſonen, die ſich ſelbſt in ihre Haͤnde werfen, ihnen nicht einen leichtern Sieg zuwege braͤchte.
Mit wie großem Vergnuͤgen muͤſſen diejeni- gen Eltern, welche ihre Toͤchter durch die Ver- maͤhlung mit einem tugendhaften Mann gluͤcklich berathen haben, dieſe Dinge uͤberlegen! Und wie gluͤcklich ſind die jungen Weibsperſonen, die ſich ſelbſt unter einem anſtaͤndigen Schutz ſicher befinden! ‒ ‒ Konnte eine ſolche Perſon, als Fraͤu- lein Clariſſa Harlowe, nicht entgehen: wer kann wohl ſicher ſeyn? ‒ ‒ Denn ob gleich ein jeder liederlicher Kerl nicht ein Lovelace iſt: ſo iſt doch auch nicht ein jedes Frauenzimmer eine Cla- riſſa; und ſeine Unternehmungen ſind nur mit Jhrem Widerſtande und Jhrer Wachſamkeit in gleichem Verhaͤltniſſe geweſen.
Meine Mutter hat mir befohlen, Jhnen ih- re Gedanken uͤberhaupt von Jhrer traurigen Ge- ſchichte zu eroͤffnen. Jch will es in einem andern Briefe thun, und denſelben nebſt dieſem durch einen eignen Bothen an Sie ſchicken.
Kuͤnftig
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nicht haben, verurſacheten, daß Traͤnke, Noth-
zwang, und die aͤußerſten Gewaltthaͤtigkeiten zur
Erreichung ſeines abſcheulichen Zwecks noͤthig
waren: ſo ſehen wir, daß er ſich niemals ein Be-
denken daruͤber machte. Jch zweifle gar nicht,
daß eben dieſe oder eine gleiche Bosheit von Leu-
ten dieſer ſchaͤndlichen Art oͤfterer wuͤrde ausgeuͤ-
bet werden, wenn die Thorheit und Leichtglaͤubig-
keit der elenden und unvorſichtigen Perſonen, die
ſich ſelbſt in ihre Haͤnde werfen, ihnen nicht einen
leichtern Sieg zuwege braͤchte.
Mit wie großem Vergnuͤgen muͤſſen diejeni-
gen Eltern, welche ihre Toͤchter durch die Ver-
maͤhlung mit einem tugendhaften Mann gluͤcklich
berathen haben, dieſe Dinge uͤberlegen! Und
wie gluͤcklich ſind die jungen Weibsperſonen, die
ſich ſelbſt unter einem anſtaͤndigen Schutz ſicher
befinden! ‒ ‒ Konnte eine ſolche Perſon, als Fraͤu-
lein Clariſſa Harlowe, nicht entgehen: wer kann
wohl ſicher ſeyn? ‒ ‒ Denn ob gleich ein jeder
liederlicher Kerl nicht ein Lovelace iſt: ſo iſt
doch auch nicht ein jedes Frauenzimmer eine Cla-
riſſa; und ſeine Unternehmungen ſind nur mit
Jhrem Widerſtande und Jhrer Wachſamkeit in
gleichem Verhaͤltniſſe geweſen.
Meine Mutter hat mir befohlen, Jhnen ih-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 154. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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