lassen, daß er mir die ihrigen den Augenblick überbringe, wenn Collins mit denselben ankommt: da es hinwiederum dem Hausknecht hier, wo ich bin, erlaubt seyn wird, die meinigen für Sie zu Collins zu tragen.
Weil Sie so inständig alle Umstände meiner traurigen Geschichte zu wissen verlangen: so will ich Jhnen, wo mir Leben und Kraft verliehen wird, von allem, was mich seit der Zeit, wel- che Sie benennen, betroffen hat, eine weitläuf- tige Nachricht aufsetzen. Aber es ist sehr wahr- scheinlich, daß Sie dieselbe nicht eher sehen wer- den, als bis mein letzter Auftritt in der Welt ge- endiget ist. Da ich diesen, indem ich schreibe, beständig vor Augen haben werde: so wird es nicht nöthig seyn, daß sonst jemand für die Wahrhaftigkeit der Person, welche die Feder führet, Gewähr leiste.
Es ist ferne von mir, daß ich mich vor wei- terer Gewaltthätigkeit dieses Kerls gesichert hal- ten sollte. Aber was kann ich thun! Wohin kann ich fliehen? - - Vielleicht mag der schlechte Zustand meiner Gesundheit, welcher nothwen- dig immer ärger werden muß, wie die Erinne- rung und Betrachtung der vergangenen Uebel mir von Zeit zu Zeit schwerer zusetzet, mein Schutz seyn. Jch dachte freylich einmal, weit von hier zu gehen; und wenn ich noch viele Jahre vor mir sähe, würde ich es wirklich thun - - - aber, wertheste Freundinn, der tödtliche Streich ist mir schon versetzet. - - Sie haben
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laſſen, daß er mir die ihrigen den Augenblick uͤberbringe, wenn Collins mit denſelben ankommt: da es hinwiederum dem Hausknecht hier, wo ich bin, erlaubt ſeyn wird, die meinigen fuͤr Sie zu Collins zu tragen.
Weil Sie ſo inſtaͤndig alle Umſtaͤnde meiner traurigen Geſchichte zu wiſſen verlangen: ſo will ich Jhnen, wo mir Leben und Kraft verliehen wird, von allem, was mich ſeit der Zeit, wel- che Sie benennen, betroffen hat, eine weitlaͤuf- tige Nachricht aufſetzen. Aber es iſt ſehr wahr- ſcheinlich, daß Sie dieſelbe nicht eher ſehen wer- den, als bis mein letzter Auftritt in der Welt ge- endiget iſt. Da ich dieſen, indem ich ſchreibe, beſtaͤndig vor Augen haben werde: ſo wird es nicht noͤthig ſeyn, daß ſonſt jemand fuͤr die Wahrhaftigkeit der Perſon, welche die Feder fuͤhret, Gewaͤhr leiſte.
Es iſt ferne von mir, daß ich mich vor wei- terer Gewaltthaͤtigkeit dieſes Kerls geſichert hal- ten ſollte. Aber was kann ich thun! Wohin kann ich fliehen? ‒ ‒ Vielleicht mag der ſchlechte Zuſtand meiner Geſundheit, welcher nothwen- dig immer aͤrger werden muß, wie die Erinne- rung und Betrachtung der vergangenen Uebel mir von Zeit zu Zeit ſchwerer zuſetzet, mein Schutz ſeyn. Jch dachte freylich einmal, weit von hier zu gehen; und wenn ich noch viele Jahre vor mir ſaͤhe, wuͤrde ich es wirklich thun ‒ ‒ ‒ aber, wertheſte Freundinn, der toͤdtliche Streich iſt mir ſchon verſetzet. ‒ ‒ Sie haben
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laſſen, daß er mir die ihrigen den Augenblick
uͤberbringe, wenn Collins mit denſelben ankommt:
da es hinwiederum dem Hausknecht hier, wo ich
bin, erlaubt ſeyn wird, die meinigen fuͤr Sie
zu Collins zu tragen.
Weil Sie ſo inſtaͤndig alle Umſtaͤnde meiner
traurigen Geſchichte zu wiſſen verlangen: ſo will
ich Jhnen, wo mir Leben und Kraft verliehen
wird, von allem, was mich ſeit der Zeit, wel-
che Sie benennen, betroffen hat, eine weitlaͤuf-
tige Nachricht aufſetzen. Aber es iſt ſehr wahr-
ſcheinlich, daß Sie dieſelbe nicht eher ſehen wer-
den, als bis mein letzter Auftritt in der Welt ge-
endiget iſt. Da ich dieſen, indem ich ſchreibe,
beſtaͤndig vor Augen haben werde: ſo wird es
nicht noͤthig ſeyn, daß ſonſt jemand fuͤr die
Wahrhaftigkeit der Perſon, welche die Feder
fuͤhret, Gewaͤhr leiſte.
Es iſt ferne von mir, daß ich mich vor wei-
terer Gewaltthaͤtigkeit dieſes Kerls geſichert hal-
ten ſollte. Aber was kann ich thun! Wohin
kann ich fliehen? ‒ ‒ Vielleicht mag der ſchlechte
Zuſtand meiner Geſundheit, welcher nothwen-
dig immer aͤrger werden muß, wie die Erinne-
rung und Betrachtung der vergangenen Uebel
mir von Zeit zu Zeit ſchwerer zuſetzet, mein
Schutz ſeyn. Jch dachte freylich einmal, weit
von hier zu gehen; und wenn ich noch viele
Jahre vor mir ſaͤhe, wuͤrde ich es wirklich thun ‒
‒ ‒ aber, wertheſte Freundinn, der toͤdtliche
Streich iſt mir ſchon verſetzet. ‒ ‒ Sie haben
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 163. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/169>, abgerufen am 24.11.2024.
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