Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Darauf gestand er uns, die Sache verhielte
sich also:

Er hätte den Leuten in dem Hause, woraus
die werthe Fräulein entflohen wäre, überhaupt
und ohne genaue Bestimmung aufgetragen, wo
möglich ausfündig zu machen, wohin sie gegan-
gen wäre, damit er Gelegenheit haben möchte,
sie dürch unabläßliches Anhalten zu bewegen, daß
sie seine Hand annähme, ehe ihre Mishelligkeiten
überall bekannt würden. Die gottlosen, wenig-
stens allzudienstfertigen, wo nicht gottlosen
Leute, entdeckten am Mittwochen, wo sie sich auf-
hielte: und weil sie besorgten, sie möchte von
dannen wieder aufbrechen, ehe sie von ihm Ver-
haltungsbefehle haben konnten; brachten sie die-
selbe in eine gelinde Verwahrung, wie sie es
nennen, und fertigten einen Bothen ab, ihm Nach-
richt davon zu geben und Verhaltungsbefehle von
ihm einzuholen.

Dieser Bothe langte hier am Freytage, Nach-
mittags, an, und wartete, bis wir am Sonna-
bend, Abends, zu Hause kamen. - - Jch habe
Jhnen schon gemeldet, liebste Fräulein, in was
für eine Wuth er gerieth, da er den Brief las,
welchen jener brachte.

Der Brief, den er, nach seiner zu dem Ende
geschehenen Absonderung von uns, schrieb, und
am Sonntag Morgen so frühe abfertigte, hatte
den Zweck, seinen Freund, Herrn Belford, zu be-
schwören, daß er bey dem Empfang desselben al-
sobald zu der Fräulein eilte, sie in Freyheit setzte,

ihr


Darauf geſtand er uns, die Sache verhielte
ſich alſo:

Er haͤtte den Leuten in dem Hauſe, woraus
die werthe Fraͤulein entflohen waͤre, uͤberhaupt
und ohne genaue Beſtimmung aufgetragen, wo
moͤglich ausfuͤndig zu machen, wohin ſie gegan-
gen waͤre, damit er Gelegenheit haben moͤchte,
ſie duͤrch unablaͤßliches Anhalten zu bewegen, daß
ſie ſeine Hand annaͤhme, ehe ihre Mishelligkeiten
uͤberall bekannt wuͤrden. Die gottloſen, wenig-
ſtens allzudienſtfertigen, wo nicht gottloſen
Leute, entdeckten am Mittwochen, wo ſie ſich auf-
hielte: und weil ſie beſorgten, ſie moͤchte von
dannen wieder aufbrechen, ehe ſie von ihm Ver-
haltungsbefehle haben konnten; brachten ſie die-
ſelbe in eine gelinde Verwahrung, wie ſie es
nennen, und fertigten einen Bothen ab, ihm Nach-
richt davon zu geben und Verhaltungsbefehle von
ihm einzuholen.

Dieſer Bothe langte hier am Freytage, Nach-
mittags, an, und wartete, bis wir am Sonna-
bend, Abends, zu Hauſe kamen. ‒ ‒ Jch habe
Jhnen ſchon gemeldet, liebſte Fraͤulein, in was
fuͤr eine Wuth er gerieth, da er den Brief las,
welchen jener brachte.

Der Brief, den er, nach ſeiner zu dem Ende
geſchehenen Abſonderung von uns, ſchrieb, und
am Sonntag Morgen ſo fruͤhe abfertigte, hatte
den Zweck, ſeinen Freund, Herrn Belford, zu be-
ſchwoͤren, daß er bey dem Empfang deſſelben al-
ſobald zu der Fraͤulein eilte, ſie in Freyheit ſetzte,

ihr
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0272" n="266"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Darauf ge&#x017F;tand er uns, die Sache verhielte<lb/>
&#x017F;ich al&#x017F;o:</p><lb/>
          <p>Er ha&#x0364;tte den Leuten in dem Hau&#x017F;e, woraus<lb/>
die werthe Fra&#x0364;ulein entflohen wa&#x0364;re, u&#x0364;berhaupt<lb/>
und ohne genaue Be&#x017F;timmung aufgetragen, wo<lb/>
mo&#x0364;glich ausfu&#x0364;ndig zu machen, wohin &#x017F;ie gegan-<lb/>
gen wa&#x0364;re, damit er Gelegenheit haben mo&#x0364;chte,<lb/>
&#x017F;ie du&#x0364;rch unabla&#x0364;ßliches Anhalten zu bewegen, daß<lb/>
&#x017F;ie &#x017F;eine Hand anna&#x0364;hme, ehe ihre Mishelligkeiten<lb/>
u&#x0364;berall bekannt wu&#x0364;rden. Die gottlo&#x017F;en, wenig-<lb/>
&#x017F;tens <hi rendition="#fr">allzudien&#x017F;tfertigen,</hi> wo nicht gottlo&#x017F;en<lb/>
Leute, entdeckten am Mittwochen, wo &#x017F;ie &#x017F;ich auf-<lb/>
hielte: und weil &#x017F;ie be&#x017F;orgten, &#x017F;ie mo&#x0364;chte von<lb/>
dannen wieder aufbrechen, ehe &#x017F;ie von ihm Ver-<lb/>
haltungsbefehle haben konnten; brachten &#x017F;ie die-<lb/>
&#x017F;elbe in eine <hi rendition="#fr">gelinde Verwahrung,</hi> wie &#x017F;ie es<lb/>
nennen, und fertigten einen Bothen ab, ihm Nach-<lb/>
richt davon zu geben und Verhaltungsbefehle von<lb/>
ihm einzuholen.</p><lb/>
          <p>Die&#x017F;er Bothe langte hier am Freytage, Nach-<lb/>
mittags, an, und wartete, bis wir am Sonna-<lb/>
bend, Abends, zu Hau&#x017F;e kamen. &#x2012; &#x2012; Jch habe<lb/>
Jhnen &#x017F;chon gemeldet, lieb&#x017F;te Fra&#x0364;ulein, in was<lb/>
fu&#x0364;r eine Wuth er gerieth, da er den Brief las,<lb/>
welchen jener brachte.</p><lb/>
          <p>Der Brief, den er, nach &#x017F;einer zu dem Ende<lb/>
ge&#x017F;chehenen Ab&#x017F;onderung von uns, &#x017F;chrieb, und<lb/>
am Sonntag Morgen &#x017F;o fru&#x0364;he abfertigte, hatte<lb/>
den Zweck, &#x017F;einen Freund, Herrn Belford, zu be-<lb/>
&#x017F;chwo&#x0364;ren, daß er bey dem Empfang de&#x017F;&#x017F;elben al-<lb/>
&#x017F;obald zu der Fra&#x0364;ulein eilte, &#x017F;ie in Freyheit &#x017F;etzte,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ihr</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[266/0272] Darauf geſtand er uns, die Sache verhielte ſich alſo: Er haͤtte den Leuten in dem Hauſe, woraus die werthe Fraͤulein entflohen waͤre, uͤberhaupt und ohne genaue Beſtimmung aufgetragen, wo moͤglich ausfuͤndig zu machen, wohin ſie gegan- gen waͤre, damit er Gelegenheit haben moͤchte, ſie duͤrch unablaͤßliches Anhalten zu bewegen, daß ſie ſeine Hand annaͤhme, ehe ihre Mishelligkeiten uͤberall bekannt wuͤrden. Die gottloſen, wenig- ſtens allzudienſtfertigen, wo nicht gottloſen Leute, entdeckten am Mittwochen, wo ſie ſich auf- hielte: und weil ſie beſorgten, ſie moͤchte von dannen wieder aufbrechen, ehe ſie von ihm Ver- haltungsbefehle haben konnten; brachten ſie die- ſelbe in eine gelinde Verwahrung, wie ſie es nennen, und fertigten einen Bothen ab, ihm Nach- richt davon zu geben und Verhaltungsbefehle von ihm einzuholen. Dieſer Bothe langte hier am Freytage, Nach- mittags, an, und wartete, bis wir am Sonna- bend, Abends, zu Hauſe kamen. ‒ ‒ Jch habe Jhnen ſchon gemeldet, liebſte Fraͤulein, in was fuͤr eine Wuth er gerieth, da er den Brief las, welchen jener brachte. Der Brief, den er, nach ſeiner zu dem Ende geſchehenen Abſonderung von uns, ſchrieb, und am Sonntag Morgen ſo fruͤhe abfertigte, hatte den Zweck, ſeinen Freund, Herrn Belford, zu be- ſchwoͤren, daß er bey dem Empfang deſſelben al- ſobald zu der Fraͤulein eilte, ſie in Freyheit ſetzte, ihr

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/272
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/272>, abgerufen am 12.11.2024.