Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite



gesehen werden. Nun rathe ich dir, ohne Scheu
allenthalben auszuposaunen, wie ernstlich du wün-
schest, mit ihr vermählet zu werden: es mag dein
Ernst seyn, oder nicht.

Du kannst es sicher thun. Sie wird nicht
so lange leben, daß du auf die Probe gestellet
würdest: und es wird doch eine kleine Bemän-
telung für dein ungeheures Verfahren mit ihr
seyn; und ein Mittel, zu machen, daß Leute, die
nicht das, was ich, von der Sache wissen, dich ein
wenig länger unter sich, und in ihrer Gemein-
schaft, dulden, ohne dich zu deinen Brüdern, den
Wilden in den Wüsten Libyens, zu jagen.

Euer Bothe sand mich zu Edgware, da ich
verschiedne gute Freunde zum Mittagsessen bey
mir erwartete, die ich drey Tage vorher eingela-
den hatte. Jch schickte zu ihnen, daß sie mich,
wegen einer Sache, die auf Leben und Tod ankä-
me, entschuldigt hielten: und eilte nach London
zu dem gottlosen Weibe. Denn wie wußte ich,
ob nicht von den verfluchten Weibsleuten, viel-
leicht auf dein Angeben, damit du die Fräulein
mürbe und zu deinen Maaßregeln bequem ma-
chen möchtest, ärgerliche Versuche auf sie gethan
würden?

Es ist wenig in der Welt bekannt, was für
Schandthaten in diesen abscheulichen Häusern ge-
gen unschuldige und in ihr Garn gezogene Per-
sonen verübet werden!

Da ich die Fräulein hier nicht fand: machte
ich mich alsobald auf zu dem Gerichtsbedienten;

ob



geſehen werden. Nun rathe ich dir, ohne Scheu
allenthalben auszupoſaunen, wie ernſtlich du wuͤn-
ſcheſt, mit ihr vermaͤhlet zu werden: es mag dein
Ernſt ſeyn, oder nicht.

Du kannſt es ſicher thun. Sie wird nicht
ſo lange leben, daß du auf die Probe geſtellet
wuͤrdeſt: und es wird doch eine kleine Bemaͤn-
telung fuͤr dein ungeheures Verfahren mit ihr
ſeyn; und ein Mittel, zu machen, daß Leute, die
nicht das, was ich, von der Sache wiſſen, dich ein
wenig laͤnger unter ſich, und in ihrer Gemein-
ſchaft, dulden, ohne dich zu deinen Bruͤdern, den
Wilden in den Wuͤſten Libyens, zu jagen.

Euer Bothe ſand mich zu Edgware, da ich
verſchiedne gute Freunde zum Mittagseſſen bey
mir erwartete, die ich drey Tage vorher eingela-
den hatte. Jch ſchickte zu ihnen, daß ſie mich,
wegen einer Sache, die auf Leben und Tod ankaͤ-
me, entſchuldigt hielten: und eilte nach London
zu dem gottloſen Weibe. Denn wie wußte ich,
ob nicht von den verfluchten Weibsleuten, viel-
leicht auf dein Angeben, damit du die Fraͤulein
muͤrbe und zu deinen Maaßregeln bequem ma-
chen moͤchteſt, aͤrgerliche Verſuche auf ſie gethan
wuͤrden?

Es iſt wenig in der Welt bekannt, was fuͤr
Schandthaten in dieſen abſcheulichen Haͤuſern ge-
gen unſchuldige und in ihr Garn gezogene Per-
ſonen veruͤbet werden!

Da ich die Fraͤulein hier nicht fand: machte
ich mich alſobald auf zu dem Gerichtsbedienten;

ob
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0277" n="271"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
ge&#x017F;ehen werden. Nun rathe ich dir, ohne Scheu<lb/>
allenthalben auszupo&#x017F;aunen, wie ern&#x017F;tlich du wu&#x0364;n-<lb/>
&#x017F;che&#x017F;t, mit ihr verma&#x0364;hlet zu werden: es mag dein<lb/>
Ern&#x017F;t &#x017F;eyn, oder nicht.</p><lb/>
          <p>Du kann&#x017F;t es <hi rendition="#fr">&#x017F;icher</hi> thun. Sie wird nicht<lb/>
&#x017F;o lange leben, daß du auf die Probe ge&#x017F;tellet<lb/>
wu&#x0364;rde&#x017F;t: und es wird doch eine kleine Bema&#x0364;n-<lb/>
telung fu&#x0364;r dein ungeheures Verfahren mit ihr<lb/>
&#x017F;eyn; und ein Mittel, zu machen, daß Leute, die<lb/>
nicht das, was ich, von der Sache wi&#x017F;&#x017F;en, dich ein<lb/>
wenig la&#x0364;nger unter &#x017F;ich, und in ihrer Gemein-<lb/>
&#x017F;chaft, dulden, ohne dich zu deinen Bru&#x0364;dern, den<lb/>
Wilden in den Wu&#x0364;&#x017F;ten Libyens, zu jagen.</p><lb/>
          <p>Euer Bothe &#x017F;and mich zu Edgware, da ich<lb/>
ver&#x017F;chiedne gute Freunde zum Mittagse&#x017F;&#x017F;en bey<lb/>
mir erwartete, die ich drey Tage vorher eingela-<lb/>
den hatte. Jch &#x017F;chickte zu ihnen, daß &#x017F;ie mich,<lb/>
wegen einer Sache, die auf Leben und Tod anka&#x0364;-<lb/>
me, ent&#x017F;chuldigt hielten: und eilte nach London<lb/>
zu dem gottlo&#x017F;en Weibe. Denn wie wußte ich,<lb/>
ob nicht von den verfluchten Weibsleuten, viel-<lb/>
leicht auf dein Angeben, damit du die Fra&#x0364;ulein<lb/>
mu&#x0364;rbe und zu deinen Maaßregeln bequem ma-<lb/>
chen mo&#x0364;chte&#x017F;t, a&#x0364;rgerliche Ver&#x017F;uche auf &#x017F;ie gethan<lb/>
wu&#x0364;rden?</p><lb/>
          <p>Es i&#x017F;t wenig in der Welt bekannt, was fu&#x0364;r<lb/>
Schandthaten in die&#x017F;en ab&#x017F;cheulichen Ha&#x0364;u&#x017F;ern ge-<lb/>
gen un&#x017F;chuldige und in ihr Garn gezogene Per-<lb/>
&#x017F;onen veru&#x0364;bet werden!</p><lb/>
          <p>Da ich die Fra&#x0364;ulein hier nicht fand: machte<lb/>
ich mich al&#x017F;obald auf zu dem Gerichtsbedienten;<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ob</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[271/0277] geſehen werden. Nun rathe ich dir, ohne Scheu allenthalben auszupoſaunen, wie ernſtlich du wuͤn- ſcheſt, mit ihr vermaͤhlet zu werden: es mag dein Ernſt ſeyn, oder nicht. Du kannſt es ſicher thun. Sie wird nicht ſo lange leben, daß du auf die Probe geſtellet wuͤrdeſt: und es wird doch eine kleine Bemaͤn- telung fuͤr dein ungeheures Verfahren mit ihr ſeyn; und ein Mittel, zu machen, daß Leute, die nicht das, was ich, von der Sache wiſſen, dich ein wenig laͤnger unter ſich, und in ihrer Gemein- ſchaft, dulden, ohne dich zu deinen Bruͤdern, den Wilden in den Wuͤſten Libyens, zu jagen. Euer Bothe ſand mich zu Edgware, da ich verſchiedne gute Freunde zum Mittagseſſen bey mir erwartete, die ich drey Tage vorher eingela- den hatte. Jch ſchickte zu ihnen, daß ſie mich, wegen einer Sache, die auf Leben und Tod ankaͤ- me, entſchuldigt hielten: und eilte nach London zu dem gottloſen Weibe. Denn wie wußte ich, ob nicht von den verfluchten Weibsleuten, viel- leicht auf dein Angeben, damit du die Fraͤulein muͤrbe und zu deinen Maaßregeln bequem ma- chen moͤchteſt, aͤrgerliche Verſuche auf ſie gethan wuͤrden? Es iſt wenig in der Welt bekannt, was fuͤr Schandthaten in dieſen abſcheulichen Haͤuſern ge- gen unſchuldige und in ihr Garn gezogene Per- ſonen veruͤbet werden! Da ich die Fraͤulein hier nicht fand: machte ich mich alſobald auf zu dem Gerichtsbedienten; ob

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/277
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/277>, abgerufen am 22.11.2024.