Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

Bild:
<< vorherige Seite


Ja! Sie haben mir auch zu verstehen ge-
geben, sagte das Weib, daß sie nichts thun dürf-
ten, als nur einen Besuch von dem Herrn anneh-
men: so, glaubeten sie, würde das Geld auf eine
ihnen beliebige Verschreibung oder Handschrift,
ausgezahlt werden.

Sie fuhr vor Schrecken auf.

Jch rathe euch, sprach sie, da ihr meinen
Freunden einmal Rede und Antwort davon ge-
ben werdet, daß ihr keinen Herrn zu mir bringet.
Jch rathe euch, thut es nicht. Thut ihr es: so
wißt ihr nicht, was es für Folgen haben mag.

Sie fürchteten keine böse Folgen, versetzten sie:
wenn sie ihre Pflicht thäten. Wenn sie ihr ei-
gen Bestes nicht wüßte: so würden ihre Freun-
de es ihnen danken, daß sie einige unschuldige
Schritte gethan, ihr, ob gleich wider ihren Wil-
len, zu dienen.

Treibt mich nicht auf das äußerste, Freund!
- - Bringt mich nicht zur Verzweifelung, gute
Frau! - - Es wird mir nicht wenig schwer, un-
geachtet der scheinbaren Gemüthsfassung, welcher
ihr eben itzo Erwähnung gethan habt, alles Un-
gemach, das ich leide, so zu ertragen, wie ich es
billig ertragen sollte. Aber, wo ihr eine
Mannsperson, oder Mannsleute zu mir bringet;
es sey, unter welchem Vorwand es wolle:
so - -

Hier brach sie ab, und sahe so ernstlich und
verwildert aus, wie sie mir sagten, daß sie nicht
anders wüßten, als daß sie sich selbst auf eine

oder


Ja! Sie haben mir auch zu verſtehen ge-
geben, ſagte das Weib, daß ſie nichts thun duͤrf-
ten, als nur einen Beſuch von dem Herrn anneh-
men: ſo, glaubeten ſie, wuͤrde das Geld auf eine
ihnen beliebige Verſchreibung oder Handſchrift,
ausgezahlt werden.

Sie fuhr vor Schrecken auf.

Jch rathe euch, ſprach ſie, da ihr meinen
Freunden einmal Rede und Antwort davon ge-
ben werdet, daß ihr keinen Herrn zu mir bringet.
Jch rathe euch, thut es nicht. Thut ihr es: ſo
wißt ihr nicht, was es fuͤr Folgen haben mag.

Sie fuͤrchteten keine boͤſe Folgen, verſetzten ſie:
wenn ſie ihre Pflicht thaͤten. Wenn ſie ihr ei-
gen Beſtes nicht wuͤßte: ſo wuͤrden ihre Freun-
de es ihnen danken, daß ſie einige unſchuldige
Schritte gethan, ihr, ob gleich wider ihren Wil-
len, zu dienen.

Treibt mich nicht auf das aͤußerſte, Freund!
‒ ‒ Bringt mich nicht zur Verzweifelung, gute
Frau! ‒ ‒ Es wird mir nicht wenig ſchwer, un-
geachtet der ſcheinbaren Gemuͤthsfaſſung, welcher
ihr eben itzo Erwaͤhnung gethan habt, alles Un-
gemach, das ich leide, ſo zu ertragen, wie ich es
billig ertragen ſollte. Aber, wo ihr eine
Mannsperſon, oder Mannsleute zu mir bringet;
es ſey, unter welchem Vorwand es wolle:
ſo ‒ ‒

Hier brach ſie ab, und ſahe ſo ernſtlich und
verwildert aus, wie ſie mir ſagten, daß ſie nicht
anders wuͤßten, als daß ſie ſich ſelbſt auf eine

oder
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0302" n="296"/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <p>Ja! Sie haben mir auch zu ver&#x017F;tehen ge-<lb/>
geben, &#x017F;agte das Weib, daß &#x017F;ie nichts thun du&#x0364;rf-<lb/>
ten, als nur einen Be&#x017F;uch von dem Herrn anneh-<lb/>
men: &#x017F;o, glaubeten &#x017F;ie, wu&#x0364;rde das Geld auf eine<lb/>
ihnen beliebige Ver&#x017F;chreibung oder Hand&#x017F;chrift,<lb/>
ausgezahlt werden.</p><lb/>
          <p>Sie fuhr vor Schrecken auf.</p><lb/>
          <p>Jch rathe euch, &#x017F;prach &#x017F;ie, da ihr meinen<lb/>
Freunden einmal Rede und Antwort davon ge-<lb/>
ben werdet, daß ihr keinen Herrn zu mir bringet.<lb/>
Jch rathe euch, thut es nicht. Thut ihr es: &#x017F;o<lb/>
wißt ihr nicht, was es fu&#x0364;r Folgen haben mag.</p><lb/>
          <p>Sie fu&#x0364;rchteten keine bo&#x0364;&#x017F;e Folgen, ver&#x017F;etzten &#x017F;ie:<lb/>
wenn &#x017F;ie ihre Pflicht tha&#x0364;ten. Wenn &#x017F;ie ihr ei-<lb/>
gen Be&#x017F;tes nicht wu&#x0364;ßte: &#x017F;o wu&#x0364;rden ihre Freun-<lb/>
de es ihnen danken, daß &#x017F;ie einige un&#x017F;chuldige<lb/>
Schritte gethan, ihr, ob gleich wider ihren Wil-<lb/>
len, zu dienen.</p><lb/>
          <p>Treibt mich nicht auf das a&#x0364;ußer&#x017F;te, Freund!<lb/>
&#x2012; &#x2012; Bringt mich nicht zur Verzweifelung, gute<lb/>
Frau! &#x2012; &#x2012; Es wird mir nicht wenig &#x017F;chwer, un-<lb/>
geachtet der &#x017F;cheinbaren Gemu&#x0364;thsfa&#x017F;&#x017F;ung, welcher<lb/>
ihr eben itzo Erwa&#x0364;hnung gethan habt, alles Un-<lb/>
gemach, das ich leide, &#x017F;o zu ertragen, wie ich es<lb/>
billig ertragen &#x017F;ollte. Aber, wo ihr eine<lb/>
Mannsper&#x017F;on, oder Mannsleute zu mir bringet;<lb/>
es &#x017F;ey, unter <hi rendition="#fr">welchem</hi> Vorwand es wolle:<lb/>
&#x017F;o &#x2012; &#x2012;</p><lb/>
          <p>Hier brach &#x017F;ie ab, und &#x017F;ahe &#x017F;o ern&#x017F;tlich und<lb/>
verwildert aus, wie &#x017F;ie mir &#x017F;agten, daß &#x017F;ie nicht<lb/>
anders wu&#x0364;ßten, als daß &#x017F;ie &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t auf eine<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">oder</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[296/0302] Ja! Sie haben mir auch zu verſtehen ge- geben, ſagte das Weib, daß ſie nichts thun duͤrf- ten, als nur einen Beſuch von dem Herrn anneh- men: ſo, glaubeten ſie, wuͤrde das Geld auf eine ihnen beliebige Verſchreibung oder Handſchrift, ausgezahlt werden. Sie fuhr vor Schrecken auf. Jch rathe euch, ſprach ſie, da ihr meinen Freunden einmal Rede und Antwort davon ge- ben werdet, daß ihr keinen Herrn zu mir bringet. Jch rathe euch, thut es nicht. Thut ihr es: ſo wißt ihr nicht, was es fuͤr Folgen haben mag. Sie fuͤrchteten keine boͤſe Folgen, verſetzten ſie: wenn ſie ihre Pflicht thaͤten. Wenn ſie ihr ei- gen Beſtes nicht wuͤßte: ſo wuͤrden ihre Freun- de es ihnen danken, daß ſie einige unſchuldige Schritte gethan, ihr, ob gleich wider ihren Wil- len, zu dienen. Treibt mich nicht auf das aͤußerſte, Freund! ‒ ‒ Bringt mich nicht zur Verzweifelung, gute Frau! ‒ ‒ Es wird mir nicht wenig ſchwer, un- geachtet der ſcheinbaren Gemuͤthsfaſſung, welcher ihr eben itzo Erwaͤhnung gethan habt, alles Un- gemach, das ich leide, ſo zu ertragen, wie ich es billig ertragen ſollte. Aber, wo ihr eine Mannsperſon, oder Mannsleute zu mir bringet; es ſey, unter welchem Vorwand es wolle: ſo ‒ ‒ Hier brach ſie ab, und ſahe ſo ernſtlich und verwildert aus, wie ſie mir ſagten, daß ſie nicht anders wuͤßten, als daß ſie ſich ſelbſt auf eine oder

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/302
Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 296. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/302>, abgerufen am 22.11.2024.