enzimmer? Sie scheint eine Person von Stan- de, und, so krank sie auch ist, ein sehr seines Frau- enzimmer zu seyn - - Eine ledige Fräulein, ver- muthe ich.
Jch antwortete ihm, mit leiser Stimme, es wäre an dem. Es wären bey ihrem Zufall au- ßerordentliche Umstände: wie ich ihm gemeldet haben würde, wenn ich ihn gestern angetroffen hätte. Jhre Freunde wären sehr grausam ge- gen sie: allein sie könnte dieselben nicht nennen hören, ohne sich selbst Vorwürfe zu machen, ob diese gleich mehr zu tadeln wären, als sie.
Jch wußte, daß ich es erriethe, versetzte der Doctor. Eine Liebessache, Herr Goddard! Eine Liebessache, Herr Belford! Es ist eine Person in der Welt, die ihr mehr dienen kann, als unser ganzer Orden.
Herr Goddard sagte, er hätte besorgt, daß ihre Krankheit in dem Gemüth steckte, und auch nach dieser Vermuthung mit ihr verfahren. Er erzählte dem Arzt, was er gebraucht hätte. Die- ser billigte es, nahm noch einmal ihre schöne Hand, und sagte: Meine liebe Fräulein, sie wer- den unsere Hülfe sehr wenig gebrauchen. Sie müssen größtentheils ihr eigner Arzt seyn. Kom- men sie, wertheste Fräulein; verzeihen sie mir diese vertrauliche Zärtlichkeit; ihr Anblick flößet so wohl Liebe als Ehrerbietung ein, und einem Vater von Kindern, unter denen einige noch äl- ter, als sie sind, kann sie wohl zu gute gehalten werden; muntern sie sich auf. Entschließen sie
sich,
enzimmer? Sie ſcheint eine Perſon von Stan- de, und, ſo krank ſie auch iſt, ein ſehr ſeines Frau- enzimmer zu ſeyn ‒ ‒ Eine ledige Fraͤulein, ver- muthe ich.
Jch antwortete ihm, mit leiſer Stimme, es waͤre an dem. Es waͤren bey ihrem Zufall au- ßerordentliche Umſtaͤnde: wie ich ihm gemeldet haben wuͤrde, wenn ich ihn geſtern angetroffen haͤtte. Jhre Freunde waͤren ſehr grauſam ge- gen ſie: allein ſie koͤnnte dieſelben nicht nennen hoͤren, ohne ſich ſelbſt Vorwuͤrfe zu machen, ob dieſe gleich mehr zu tadeln waͤren, als ſie.
Jch wußte, daß ich es erriethe, verſetzte der Doctor. Eine Liebesſache, Herr Goddard! Eine Liebesſache, Herr Belford! Es iſt eine Perſon in der Welt, die ihr mehr dienen kann, als unſer ganzer Orden.
Herr Goddard ſagte, er haͤtte beſorgt, daß ihre Krankheit in dem Gemuͤth ſteckte, und auch nach dieſer Vermuthung mit ihr verfahren. Er erzaͤhlte dem Arzt, was er gebraucht haͤtte. Die- ſer billigte es, nahm noch einmal ihre ſchoͤne Hand, und ſagte: Meine liebe Fraͤulein, ſie wer- den unſere Huͤlfe ſehr wenig gebrauchen. Sie muͤſſen groͤßtentheils ihr eigner Arzt ſeyn. Kom- men ſie, wertheſte Fraͤulein; verzeihen ſie mir dieſe vertrauliche Zaͤrtlichkeit; ihr Anblick floͤßet ſo wohl Liebe als Ehrerbietung ein, und einem Vater von Kindern, unter denen einige noch aͤl- ter, als ſie ſind, kann ſie wohl zu gute gehalten werden; muntern ſie ſich auf. Entſchließen ſie
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enzimmer? Sie ſcheint eine Perſon von Stan-
de, und, ſo krank ſie auch iſt, ein ſehr ſeines Frau-
enzimmer zu ſeyn ‒ ‒ Eine ledige Fraͤulein, ver-
muthe ich.
Jch antwortete ihm, mit leiſer Stimme, es
waͤre an dem. Es waͤren bey ihrem Zufall au-
ßerordentliche Umſtaͤnde: wie ich ihm gemeldet
haben wuͤrde, wenn ich ihn geſtern angetroffen
haͤtte. Jhre Freunde waͤren ſehr grauſam ge-
gen ſie: allein ſie koͤnnte dieſelben nicht nennen
hoͤren, ohne ſich ſelbſt Vorwuͤrfe zu machen, ob
dieſe gleich mehr zu tadeln waͤren, als ſie.
Jch wußte, daß ich es erriethe, verſetzte der
Doctor. Eine Liebesſache, Herr Goddard! Eine
Liebesſache, Herr Belford! Es iſt eine Perſon in
der Welt, die ihr mehr dienen kann, als unſer
ganzer Orden.
Herr Goddard ſagte, er haͤtte beſorgt, daß
ihre Krankheit in dem Gemuͤth ſteckte, und auch
nach dieſer Vermuthung mit ihr verfahren. Er
erzaͤhlte dem Arzt, was er gebraucht haͤtte. Die-
ſer billigte es, nahm noch einmal ihre ſchoͤne
Hand, und ſagte: Meine liebe Fraͤulein, ſie wer-
den unſere Huͤlfe ſehr wenig gebrauchen. Sie
muͤſſen groͤßtentheils ihr eigner Arzt ſeyn. Kom-
men ſie, wertheſte Fraͤulein; verzeihen ſie mir
dieſe vertrauliche Zaͤrtlichkeit; ihr Anblick floͤßet
ſo wohl Liebe als Ehrerbietung ein, und einem
Vater von Kindern, unter denen einige noch aͤl-
ter, als ſie ſind, kann ſie wohl zu gute gehalten
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/376>, abgerufen am 24.11.2024.
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