sich, alles zu thun, was in ihrem Vermögen ist, damit sie wohl seyn mögen: so werden sie bald besser werden.
Sie sind sehr gütig, mein Herr, antwortete sie. Jch will nehmen, was sie mir verordnen. Mein Gemüth ist aufgebracht und beunruhiget worden. Jch werde besser seyn, glaube ich, ehe ich schlimmer werde. Die Fürsorge meiner gu- ten Freunde - - Sie sahe die Frauensleute an - - soll nicht mit Undank erwiedert werden.
Der Doctor schrieb. Er wollte die Bezah- lung gern verbitten. Da ihre Krankheit, waren seine Worte, mehr durch liebreiches Zureden eines Freundes, als durch Fürschriften eines Arztes zu lindern wäre: so würde er sich eine große Ehre daraus machen, wenn er die Erlaubniß hätte, ihr vielmehr unter dem einen Namen Rath mitzutheilen, als unter dem andern etwas zu verordnen.
Es würde ihr allezeit lieb seyn, versetzte sie, einen so leutseligen Mann bey sich zu sehen. Seine Besuche würden bey ihr eine gute Mey- nung von seinem Geschlechte unterhalten. Allein, wenn sie vergessen sollte, daß er ihr Arzt wäre: so könnte sie vielleicht etwas von der Zu- versicht zu seiner Wissenschaft und Erfahrung verlieren, welche nöthig seyn möchte, die Besse- rung, worauf seine Besuche zielten, zu befördern.
Als er noch weiter darauf bestand, welches er auf eine sehr feine und höfliche Art that, da er doch täglich zwey oder dreymal bey dem Hause
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ſich, alles zu thun, was in ihrem Vermoͤgen iſt, damit ſie wohl ſeyn moͤgen: ſo werden ſie bald beſſer werden.
Sie ſind ſehr guͤtig, mein Herr, antwortete ſie. Jch will nehmen, was ſie mir verordnen. Mein Gemuͤth iſt aufgebracht und beunruhiget worden. Jch werde beſſer ſeyn, glaube ich, ehe ich ſchlimmer werde. Die Fuͤrſorge meiner gu- ten Freunde ‒ ‒ Sie ſahe die Frauensleute an ‒ ‒ ſoll nicht mit Undank erwiedert werden.
Der Doctor ſchrieb. Er wollte die Bezah- lung gern verbitten. Da ihre Krankheit, waren ſeine Worte, mehr durch liebreiches Zureden eines Freundes, als durch Fuͤrſchriften eines Arztes zu lindern waͤre: ſo wuͤrde er ſich eine große Ehre daraus machen, wenn er die Erlaubniß haͤtte, ihr vielmehr unter dem einen Namen Rath mitzutheilen, als unter dem andern etwas zu verordnen.
Es wuͤrde ihr allezeit lieb ſeyn, verſetzte ſie, einen ſo leutſeligen Mann bey ſich zu ſehen. Seine Beſuche wuͤrden bey ihr eine gute Mey- nung von ſeinem Geſchlechte unterhalten. Allein, wenn ſie vergeſſen ſollte, daß er ihr Arzt waͤre: ſo koͤnnte ſie vielleicht etwas von der Zu- verſicht zu ſeiner Wiſſenſchaft und Erfahrung verlieren, welche noͤthig ſeyn moͤchte, die Beſſe- rung, worauf ſeine Beſuche zielten, zu befoͤrdern.
Als er noch weiter darauf beſtand, welches er auf eine ſehr feine und hoͤfliche Art that, da er doch taͤglich zwey oder dreymal bey dem Hauſe
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ſich, alles zu thun, was in ihrem Vermoͤgen
iſt, damit ſie wohl ſeyn moͤgen: ſo werden ſie bald
beſſer werden.
Sie ſind ſehr guͤtig, mein Herr, antwortete
ſie. Jch will nehmen, was ſie mir verordnen.
Mein Gemuͤth iſt aufgebracht und beunruhiget
worden. Jch werde beſſer ſeyn, glaube ich, ehe
ich ſchlimmer werde. Die Fuͤrſorge meiner gu-
ten Freunde ‒ ‒ Sie ſahe die Frauensleute an
‒ ‒ ſoll nicht mit Undank erwiedert werden.
Der Doctor ſchrieb. Er wollte die Bezah-
lung gern verbitten. Da ihre Krankheit, waren
ſeine Worte, mehr durch liebreiches Zureden eines
Freundes, als durch Fuͤrſchriften eines Arztes zu
lindern waͤre: ſo wuͤrde er ſich eine große Ehre
daraus machen, wenn er die Erlaubniß haͤtte,
ihr vielmehr unter dem einen Namen Rath
mitzutheilen, als unter dem andern etwas zu
verordnen.
Es wuͤrde ihr allezeit lieb ſeyn, verſetzte ſie,
einen ſo leutſeligen Mann bey ſich zu ſehen.
Seine Beſuche wuͤrden bey ihr eine gute Mey-
nung von ſeinem Geſchlechte unterhalten.
Allein, wenn ſie vergeſſen ſollte, daß er ihr Arzt
waͤre: ſo koͤnnte ſie vielleicht etwas von der Zu-
verſicht zu ſeiner Wiſſenſchaft und Erfahrung
verlieren, welche noͤthig ſeyn moͤchte, die Beſſe-
rung, worauf ſeine Beſuche zielten, zu befoͤrdern.
Als er noch weiter darauf beſtand, welches
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/377>, abgerufen am 24.11.2024.
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