nicht durch die Freude, die wir ihm machen, ver- mehren.
Dieß ist ein Vortheil, wie ich schon sonst, glaube ich, angemerkt habe, den wir männliche Missethäter in Liebessachen vor dem andern Ge- schlecht voraus haben. - Denn unterdessen, da sie, arme Dinger! in Löchern und Winkeln sitzen und seufzen, oder zu Gebüschen und Wäldern laufen, um sich über ihre fehlgeschlagene Hoff- nung zu beklagen, können wir schwärmen und schreyen, jagen und beitzen, und durch neue Liebe das Angedenken der alten aus unsern Herzen verbannen.
So lustig wir inzwischen unsere Zeit hinbrin- gen: so erregen doch sehr oft die Betrachtungen des Unrechts, das ich dieser edelen Fräulein ge- than habe, ein trauriges Gefühl in meinem Her- zen. Aber ich weiß, sie wird mir erlauben, es bey ihr wieder gut zu machen, wenn sie mich nur erst herzlich geplaget hat; und das ist mein Trost.
Noch immer ein ehrlicher Kerl! - - Schla- ge deine Flügel zusammen, Bruder, und krä- he! - -
Der
Sechster Theil. B b
nicht durch die Freude, die wir ihm machen, ver- mehren.
Dieß iſt ein Vortheil, wie ich ſchon ſonſt, glaube ich, angemerkt habe, den wir maͤnnliche Miſſethaͤter in Liebesſachen vor dem andern Ge- ſchlecht voraus haben. ‒ Denn unterdeſſen, da ſie, arme Dinger! in Loͤchern und Winkeln ſitzen und ſeufzen, oder zu Gebuͤſchen und Waͤldern laufen, um ſich uͤber ihre fehlgeſchlagene Hoff- nung zu beklagen, koͤnnen wir ſchwaͤrmen und ſchreyen, jagen und beitzen, und durch neue Liebe das Angedenken der alten aus unſern Herzen verbannen.
So luſtig wir inzwiſchen unſere Zeit hinbrin- gen: ſo erregen doch ſehr oft die Betrachtungen des Unrechts, das ich dieſer edelen Fraͤulein ge- than habe, ein trauriges Gefuͤhl in meinem Her- zen. Aber ich weiß, ſie wird mir erlauben, es bey ihr wieder gut zu machen, wenn ſie mich nur erſt herzlich geplaget hat; und das iſt mein Troſt.
Noch immer ein ehrlicher Kerl! ‒ ‒ Schla- ge deine Fluͤgel zuſammen, Bruder, und kraͤ- he! ‒ ‒
Der
Sechſter Theil. B b
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0391"n="385"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/>
nicht durch die Freude, die wir ihm machen, ver-<lb/>
mehren.</p><lb/><p>Dieß iſt ein Vortheil, wie ich ſchon ſonſt,<lb/>
glaube ich, angemerkt habe, den wir maͤnnliche<lb/>
Miſſethaͤter in Liebesſachen vor dem andern Ge-<lb/>ſchlecht voraus haben. ‒ Denn unterdeſſen, da<lb/>ſie, arme Dinger! in Loͤchern und Winkeln ſitzen<lb/>
und ſeufzen, oder zu Gebuͤſchen und Waͤldern<lb/>
laufen, um ſich uͤber ihre fehlgeſchlagene Hoff-<lb/>
nung zu beklagen, koͤnnen wir ſchwaͤrmen und<lb/>ſchreyen, jagen und beitzen, und durch neue Liebe<lb/>
das Angedenken der alten aus unſern Herzen<lb/>
verbannen.</p><lb/><p>So luſtig wir inzwiſchen unſere Zeit hinbrin-<lb/>
gen: ſo erregen doch ſehr oft die Betrachtungen<lb/>
des Unrechts, das ich dieſer edelen Fraͤulein ge-<lb/>
than habe, ein trauriges Gefuͤhl in meinem Her-<lb/>
zen. Aber ich weiß, ſie wird mir erlauben, es<lb/>
bey ihr wieder gut zu machen, wenn ſie mich nur<lb/>
erſt herzlich geplaget hat; und das iſt mein<lb/>
Troſt.</p><lb/><p>Noch immer ein ehrlicher Kerl! ‒‒ Schla-<lb/>
ge deine Fluͤgel zuſammen, Bruder, und kraͤ-<lb/>
he! ‒‒</p></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="sig"><hirendition="#fr">Sechſter Theil.</hi> B b</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Der</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[385/0391]
nicht durch die Freude, die wir ihm machen, ver-
mehren.
Dieß iſt ein Vortheil, wie ich ſchon ſonſt,
glaube ich, angemerkt habe, den wir maͤnnliche
Miſſethaͤter in Liebesſachen vor dem andern Ge-
ſchlecht voraus haben. ‒ Denn unterdeſſen, da
ſie, arme Dinger! in Loͤchern und Winkeln ſitzen
und ſeufzen, oder zu Gebuͤſchen und Waͤldern
laufen, um ſich uͤber ihre fehlgeſchlagene Hoff-
nung zu beklagen, koͤnnen wir ſchwaͤrmen und
ſchreyen, jagen und beitzen, und durch neue Liebe
das Angedenken der alten aus unſern Herzen
verbannen.
So luſtig wir inzwiſchen unſere Zeit hinbrin-
gen: ſo erregen doch ſehr oft die Betrachtungen
des Unrechts, das ich dieſer edelen Fraͤulein ge-
than habe, ein trauriges Gefuͤhl in meinem Her-
zen. Aber ich weiß, ſie wird mir erlauben, es
bey ihr wieder gut zu machen, wenn ſie mich nur
erſt herzlich geplaget hat; und das iſt mein
Troſt.
Noch immer ein ehrlicher Kerl! ‒ ‒ Schla-
ge deine Fluͤgel zuſammen, Bruder, und kraͤ-
he! ‒ ‒
Der
Sechſter Theil. B b
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 385. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/391>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.