nehmen. - - Sie werden lieber eines von ihren eignen Augen hingeben, als daß sie dem Manne, der sie beleidigt hat, dieselben nicht beyde ausreis- sen sollten.
Jch weiß nicht, was ich hierzu sagen soll, mein Herr: allein, gewiß, sie kann sich keiner an- dern Person gefällig zu machen suchen! - - Noch dazu, so bald - - Sie ist ja, wie wir hö- ren, so krank und so schwach - -
Nicht schwach in ihrem Unwillen, will ich sie versichern. Jch weiß sehr wohl um alle ihre Anschläge - - und ich sage ihnen, sie mögen es glauben, oder nicht, daß sie in Absicht auf einen andern Liebhaber mich ausschlägt.
Kann es möglich seyn?
Es ist wahr, bey meiner Seele! - - Den- ken sie, daß sie dieß der Fräulein Howe nicht zu verstehen gegeben habe?
Das hat sie in der That nicht gethan. Wä- re es geschehen: so würde ich sie itzo, im Namen der Fräulein Howe, nicht bemühet haben.
Sie sehen also, daß ich recht habe. Ob sie sich gleich keiner Unwahrheit schuldig machen kann: so hat sie doch ihrer Freundinn nicht die ganze Wahrheit bekannt.
Was soll man zu diesen Dingen sagen! - - Er sahe ganz erstaunlich verwirrt aus.
Sagen, sagen, Herr Hickmann! - - Wer kann von den Unternehmungen und Maßregeln eines zornigen und beleidigten Frauenzimmers Rede und Antwort geben? Die Historien wür-
den
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nehmen. ‒ ‒ Sie werden lieber eines von ihren eignen Augen hingeben, als daß ſie dem Manne, der ſie beleidigt hat, dieſelben nicht beyde ausreiſ- ſen ſollten.
Jch weiß nicht, was ich hierzu ſagen ſoll, mein Herr: allein, gewiß, ſie kann ſich keiner an- dern Perſon gefaͤllig zu machen ſuchen! ‒ ‒ Noch dazu, ſo bald ‒ ‒ Sie iſt ja, wie wir hoͤ- ren, ſo krank und ſo ſchwach ‒ ‒
Nicht ſchwach in ihrem Unwillen, will ich ſie verſichern. Jch weiß ſehr wohl um alle ihre Anſchlaͤge ‒ ‒ und ich ſage ihnen, ſie moͤgen es glauben, oder nicht, daß ſie in Abſicht auf einen andern Liebhaber mich ausſchlaͤgt.
Kann es moͤglich ſeyn?
Es iſt wahr, bey meiner Seele! ‒ ‒ Den- ken ſie, daß ſie dieß der Fraͤulein Howe nicht zu verſtehen gegeben habe?
Das hat ſie in der That nicht gethan. Waͤ- re es geſchehen: ſo wuͤrde ich ſie itzo, im Namen der Fraͤulein Howe, nicht bemuͤhet haben.
Sie ſehen alſo, daß ich recht habe. Ob ſie ſich gleich keiner Unwahrheit ſchuldig machen kann: ſo hat ſie doch ihrer Freundinn nicht die ganze Wahrheit bekannt.
Was ſoll man zu dieſen Dingen ſagen! ‒ ‒ Er ſahe ganz erſtaunlich verwirrt aus.
Sagen, ſagen, Herr Hickmann! ‒ ‒ Wer kann von den Unternehmungen und Maßregeln eines zornigen und beleidigten Frauenzimmers Rede und Antwort geben? Die Hiſtorien wuͤr-
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nehmen. ‒ ‒ Sie werden lieber eines von ihren
eignen Augen hingeben, als daß ſie dem Manne,
der ſie beleidigt hat, dieſelben nicht beyde ausreiſ-
ſen ſollten.
Jch weiß nicht, was ich hierzu ſagen ſoll,
mein Herr: allein, gewiß, ſie kann ſich keiner an-
dern Perſon gefaͤllig zu machen ſuchen! ‒ ‒
Noch dazu, ſo bald ‒ ‒ Sie iſt ja, wie wir hoͤ-
ren, ſo krank und ſo ſchwach ‒ ‒
Nicht ſchwach in ihrem Unwillen, will ich ſie
verſichern. Jch weiß ſehr wohl um alle ihre
Anſchlaͤge ‒ ‒ und ich ſage ihnen, ſie moͤgen es
glauben, oder nicht, daß ſie in Abſicht auf einen
andern Liebhaber mich ausſchlaͤgt.
Kann es moͤglich ſeyn?
Es iſt wahr, bey meiner Seele! ‒ ‒ Den-
ken ſie, daß ſie dieß der Fraͤulein Howe nicht zu
verſtehen gegeben habe?
Das hat ſie in der That nicht gethan. Waͤ-
re es geſchehen: ſo wuͤrde ich ſie itzo, im Namen
der Fraͤulein Howe, nicht bemuͤhet haben.
Sie ſehen alſo, daß ich recht habe. Ob ſie
ſich gleich keiner Unwahrheit ſchuldig machen
kann: ſo hat ſie doch ihrer Freundinn nicht die
ganze Wahrheit bekannt.
Was ſoll man zu dieſen Dingen ſagen! ‒ ‒
Er ſahe ganz erſtaunlich verwirrt aus.
Sagen, ſagen, Herr Hickmann! ‒ ‒ Wer
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/427>, abgerufen am 24.11.2024.
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