den ohne Ende seyn, die ich ihnen aus meiner eignen Wissenschaft von den schrecklichen Wir- kungen eines zornigen Unwillens bey Weibsper- sonen erzählen könnte. Ohne Ende könnte ich ihnen erzählen, was sie unternehmen werden, wenn sie sich in ihrer Hoffnung betrogen finden. Aber kann ein stärkeres Beyspiel seyn, als dieß ist: von einer solchen Person, als Fräulein Har- lowe, die eben itzo, so krank sie auch ist, nicht al- lein einem der verhaßtesten Ungeheure, die man jemals gesehen hat, sich gefällig zu machen su- chet, sondern so gar gewissermaßen um seine Liebe wirbet? Jch denke, der Fräulein Howe sollte man dieß nicht sagen. Jedoch muß sie es billig wissen, damit sie ihr eine so unzeitige Uebereilung widerrathe.
O! pfuy! Das ist etwas unerhörtes! Die Fräulein Howe weiß nichts davon! Gewiß sie würde sie nicht einmal ansehen, wo dieß wahr ist.
Es ist wahr, vollkommen wahr, Herr Hick- mann! So wahr, als ich hier bin und es ihnen sage! - - Und dazu ist es ein garstiger Kerl: garstiger anzusehen, als ich.
Als sie, mein Herr! Ey, in Wahrheit, sie sind einer von den artigsten Mannspersonen in England.
Es mag seyn: aber der Elende, den sie mir so boshaftig vorziehet, ist ein ungestalter, mage- rer Kerl; mehr einem Gerippe, als einem Men- schen ähnlich! Außer dem kleidet er sich - -
Sie
den ohne Ende ſeyn, die ich ihnen aus meiner eignen Wiſſenſchaft von den ſchrecklichen Wir- kungen eines zornigen Unwillens bey Weibsper- ſonen erzaͤhlen koͤnnte. Ohne Ende koͤnnte ich ihnen erzaͤhlen, was ſie unternehmen werden, wenn ſie ſich in ihrer Hoffnung betrogen finden. Aber kann ein ſtaͤrkeres Beyſpiel ſeyn, als dieß iſt: von einer ſolchen Perſon, als Fraͤulein Har- lowe, die eben itzo, ſo krank ſie auch iſt, nicht al- lein einem der verhaßteſten Ungeheure, die man jemals geſehen hat, ſich gefaͤllig zu machen ſu- chet, ſondern ſo gar gewiſſermaßen um ſeine Liebe wirbet? Jch denke, der Fraͤulein Howe ſollte man dieß nicht ſagen. Jedoch muß ſie es billig wiſſen, damit ſie ihr eine ſo unzeitige Uebereilung widerrathe.
O! pfuy! Das iſt etwas unerhoͤrtes! Die Fraͤulein Howe weiß nichts davon! Gewiß ſie wuͤrde ſie nicht einmal anſehen, wo dieß wahr iſt.
Es iſt wahr, vollkommen wahr, Herr Hick- mann! So wahr, als ich hier bin und es ihnen ſage! ‒ ‒ Und dazu iſt es ein garſtiger Kerl: garſtiger anzuſehen, als ich.
Als ſie, mein Herr! Ey, in Wahrheit, ſie ſind einer von den artigſten Mannsperſonen in England.
Es mag ſeyn: aber der Elende, den ſie mir ſo boshaftig vorziehet, iſt ein ungeſtalter, mage- rer Kerl; mehr einem Gerippe, als einem Men- ſchen aͤhnlich! Außer dem kleidet er ſich ‒ ‒
Sie
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den ohne Ende ſeyn, die ich ihnen aus meiner
eignen Wiſſenſchaft von den ſchrecklichen Wir-
kungen eines zornigen Unwillens bey Weibsper-
ſonen erzaͤhlen koͤnnte. Ohne Ende koͤnnte ich
ihnen erzaͤhlen, was ſie unternehmen werden,
wenn ſie ſich in ihrer Hoffnung betrogen finden.
Aber kann ein ſtaͤrkeres Beyſpiel ſeyn, als dieß
iſt: von einer ſolchen Perſon, als Fraͤulein Har-
lowe, die eben itzo, ſo krank ſie auch iſt, nicht al-
lein einem der verhaßteſten Ungeheure, die man
jemals geſehen hat, ſich gefaͤllig zu machen ſu-
chet, ſondern ſo gar gewiſſermaßen um ſeine Liebe
wirbet? Jch denke, der Fraͤulein Howe ſollte
man dieß nicht ſagen. Jedoch muß ſie es billig
wiſſen, damit ſie ihr eine ſo unzeitige Uebereilung
widerrathe.
O! pfuy! Das iſt etwas unerhoͤrtes! Die
Fraͤulein Howe weiß nichts davon! Gewiß ſie
wuͤrde ſie nicht einmal anſehen, wo dieß wahr
iſt.
Es iſt wahr, vollkommen wahr, Herr Hick-
mann! So wahr, als ich hier bin und es ihnen
ſage! ‒ ‒ Und dazu iſt es ein garſtiger Kerl:
garſtiger anzuſehen, als ich.
Als ſie, mein Herr! Ey, in Wahrheit, ſie
ſind einer von den artigſten Mannsperſonen in
England.
Es mag ſeyn: aber der Elende, den ſie mir
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ſchen aͤhnlich! Außer dem kleidet er ſich ‒ ‒
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 422. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/428>, abgerufen am 24.11.2024.
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