will, daß mein Bezeigen, meine Reue, meine Liebkosungen einige glückliche Wirkungen über sie haben werden.
Allein du bist allzu fertig, mich verlohren zu geben. Jch kann dir im Ernst sagen, so vor- treffliche Vorzüge sie auch hat, so denke ich den- noch, daß die ernstliche Fürbitte meiner Anver- wandten, die erbetene Vermittelung der kleinen Furie, der Fräulein Howe, und die Unterhand- lungen, die dir von mir selbst aufgetragen sind, solche Beweise von gefälliger Herablassung und hoher Achtung an ihnen abgeben und eine solche Roue an mir zeigen, daß nichts weiter zu thun stehet. - - So mag denn die Sache itzo hiebey beruhen, bis sie dieselbe besser überleget.
Nun noch ein paar Worte von des armen Beltons Umständen. Jch gestehe, daß mich anfangs die Untreue seiner Thomasine stutzig machte: da ihre Verstellung so viele Jahre über nicht entdecket war - - Jch habe noch ganz neu- lich einige Nachrichten von ihrer Bosheit be- kommen, und war willens, dir davon zu sagen, wenn ich dich sehen würde. Die Wahrheit zu sagen, ich habe ihre Augen allezeit für verdäch- tig gehalten. Das Auge, weißt du, ist das Fenster, wodurch das Herz herauskuckt. Man- ches Weib, das sich nicht vor der Thür zeigen will, hat an dem Fenster den schlauen, den ver- ständlichen Wink mit dem Auge gegeben.
Aber Thoms hat gar keine ordentliche Haus- haltung geführt. Ein recht nachläßiger Bruder.
Er
will, daß mein Bezeigen, meine Reue, meine Liebkoſungen einige gluͤckliche Wirkungen uͤber ſie haben werden.
Allein du biſt allzu fertig, mich verlohren zu geben. Jch kann dir im Ernſt ſagen, ſo vor- treffliche Vorzuͤge ſie auch hat, ſo denke ich den- noch, daß die ernſtliche Fuͤrbitte meiner Anver- wandten, die erbetene Vermittelung der kleinen Furie, der Fraͤulein Howe, und die Unterhand- lungen, die dir von mir ſelbſt aufgetragen ſind, ſolche Beweiſe von gefaͤlliger Herablaſſung und hoher Achtung an ihnen abgeben und eine ſolche Roue an mir zeigen, daß nichts weiter zu thun ſtehet. ‒ ‒ So mag denn die Sache itzo hiebey beruhen, bis ſie dieſelbe beſſer uͤberleget.
Nun noch ein paar Worte von des armen Beltons Umſtaͤnden. Jch geſtehe, daß mich anfangs die Untreue ſeiner Thomaſine ſtutzig machte: da ihre Verſtellung ſo viele Jahre uͤber nicht entdecket war ‒ ‒ Jch habe noch ganz neu- lich einige Nachrichten von ihrer Bosheit be- kommen, und war willens, dir davon zu ſagen, wenn ich dich ſehen wuͤrde. Die Wahrheit zu ſagen, ich habe ihre Augen allezeit fuͤr verdaͤch- tig gehalten. Das Auge, weißt du, iſt das Fenſter, wodurch das Herz herauskuckt. Man- ches Weib, das ſich nicht vor der Thuͤr zeigen will, hat an dem Fenſter den ſchlauen, den ver- ſtaͤndlichen Wink mit dem Auge gegeben.
Aber Thoms hat gar keine ordentliche Haus- haltung gefuͤhrt. Ein recht nachlaͤßiger Bruder.
Er
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will, daß mein Bezeigen, meine Reue, meine
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Allein du biſt allzu fertig, mich verlohren zu
geben. Jch kann dir im Ernſt ſagen, ſo vor-
treffliche Vorzuͤge ſie auch hat, ſo denke ich den-
noch, daß die ernſtliche Fuͤrbitte meiner Anver-
wandten, die erbetene Vermittelung der kleinen
Furie, der Fraͤulein Howe, und die Unterhand-
lungen, die dir von mir ſelbſt aufgetragen ſind,
ſolche Beweiſe von gefaͤlliger Herablaſſung und
hoher Achtung an ihnen abgeben und eine ſolche
Roue an mir zeigen, daß nichts weiter zu thun
ſtehet. ‒ ‒ So mag denn die Sache itzo hiebey
beruhen, bis ſie dieſelbe beſſer uͤberleget.
Nun noch ein paar Worte von des armen
Beltons Umſtaͤnden. Jch geſtehe, daß mich
anfangs die Untreue ſeiner Thomaſine ſtutzig
machte: da ihre Verſtellung ſo viele Jahre uͤber
nicht entdecket war ‒ ‒ Jch habe noch ganz neu-
lich einige Nachrichten von ihrer Bosheit be-
kommen, und war willens, dir davon zu ſagen,
wenn ich dich ſehen wuͤrde. Die Wahrheit zu
ſagen, ich habe ihre Augen allezeit fuͤr verdaͤch-
tig gehalten. Das Auge, weißt du, iſt das
Fenſter, wodurch das Herz herauskuckt. Man-
ches Weib, das ſich nicht vor der Thuͤr zeigen
will, hat an dem Fenſter den ſchlauen, den ver-
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Aber Thoms hat gar keine ordentliche Haus-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 429. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/435>, abgerufen am 24.11.2024.
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