Jndem ich alles wohl überlege, was mir Jhr trauriger Brief zu denken Gelegenheit giebet; und nach Jhrem holdseligen Gemüthe, nach der Liebenswürdigkeit Jhrer Person, und nach Jhrer Jugend fernere Unglücksfälle und Ungelegenhei- ten befürchte, denen Sie vielleicht unterworfen seyn könnten: so kann ich nicht schließen, ohne Sie um Erlaubniß zu bitten, und zwar in rechtem Ernst, daß Jch Jhnen aufwarten dürfe. - - Jch er- suche Sie, mir dieß nicht, aus irgend einer Be- trachtung in Absicht auf mich selbst, oder auf die Unpäßlichkeit meines andern geliebten Kin- des, abzuschlagen: wo ich Jhnen irgend nützlich oder zum Troste seyn kann. Sollte es auch nur auf zween oder drey Tage seyn: so erlauben Sie mir, Jhnen aufzuwarten; wenn gleich meines Sohnes Krankheit zunehmen, und, nach Verlauf dieser zween oder dreyen Tage, mich wieder her- unter zu kommen, nöthigen sollte. - - Jch wie- derhole gleichfalls meine inständigste Bitte, daß Sie befehlen wollen, Jhnen den kleinen Ueber- rest an Gelde zuzuschicken, der noch in meinen Händen ist, von Jhrer Gütigkeit gegen Jhre Armen so wohl, als gegen
Jhre beständig ergebene und getreue Dienerinn. Judith Norton.
Der
C 4
Jndem ich alles wohl uͤberlege, was mir Jhr trauriger Brief zu denken Gelegenheit giebet; und nach Jhrem holdſeligen Gemuͤthe, nach der Liebenswuͤrdigkeit Jhrer Perſon, und nach Jhrer Jugend fernere Ungluͤcksfaͤlle und Ungelegenhei- ten befuͤrchte, denen Sie vielleicht unterworfen ſeyn koͤnnten: ſo kann ich nicht ſchließen, ohne Sie um Erlaubniß zu bitten, und zwar in rechtem Ernſt, daß Jch Jhnen aufwarten duͤrfe. ‒ ‒ Jch er- ſuche Sie, mir dieß nicht, aus irgend einer Be- trachtung in Abſicht auf mich ſelbſt, oder auf die Unpaͤßlichkeit meines andern geliebten Kin- des, abzuſchlagen: wo ich Jhnen irgend nuͤtzlich oder zum Troſte ſeyn kann. Sollte es auch nur auf zween oder drey Tage ſeyn: ſo erlauben Sie mir, Jhnen aufzuwarten; wenn gleich meines Sohnes Krankheit zunehmen, und, nach Verlauf dieſer zween oder dreyen Tage, mich wieder her- unter zu kommen, noͤthigen ſollte. ‒ ‒ Jch wie- derhole gleichfalls meine inſtaͤndigſte Bitte, daß Sie befehlen wollen, Jhnen den kleinen Ueber- reſt an Gelde zuzuſchicken, der noch in meinen Haͤnden iſt, von Jhrer Guͤtigkeit gegen Jhre Armen ſo wohl, als gegen
Jhre beſtaͤndig ergebene und getreue Dienerinn. Judith Norton.
Der
C 4
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0045"n="39"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><p>Jndem ich alles wohl uͤberlege, was mir Jhr<lb/>
trauriger Brief zu denken Gelegenheit giebet;<lb/>
und nach Jhrem holdſeligen Gemuͤthe, nach der<lb/>
Liebenswuͤrdigkeit Jhrer Perſon, und nach Jhrer<lb/>
Jugend fernere Ungluͤcksfaͤlle und Ungelegenhei-<lb/>
ten befuͤrchte, denen Sie vielleicht unterworfen ſeyn<lb/>
koͤnnten: ſo kann ich nicht ſchließen, ohne Sie um<lb/>
Erlaubniß zu bitten, und zwar in rechtem Ernſt,<lb/>
daß Jch Jhnen aufwarten duͤrfe. ‒‒ Jch er-<lb/>ſuche Sie, mir dieß nicht, aus irgend einer Be-<lb/>
trachtung in Abſicht auf <hirendition="#fr">mich ſelbſt,</hi> oder auf<lb/>
die Unpaͤßlichkeit meines <hirendition="#fr">andern</hi> geliebten Kin-<lb/>
des, abzuſchlagen: wo ich Jhnen irgend nuͤtzlich<lb/>
oder zum Troſte ſeyn kann. Sollte es auch nur<lb/>
auf zween oder drey Tage ſeyn: ſo erlauben Sie<lb/>
mir, Jhnen aufzuwarten; wenn gleich meines<lb/>
Sohnes Krankheit zunehmen, und, nach Verlauf<lb/>
dieſer zween oder dreyen Tage, mich wieder her-<lb/>
unter zu kommen, noͤthigen ſollte. ‒‒ Jch wie-<lb/>
derhole gleichfalls meine inſtaͤndigſte Bitte, daß<lb/>
Sie befehlen wollen, Jhnen den kleinen Ueber-<lb/>
reſt an Gelde zuzuſchicken, der noch in meinen<lb/>
Haͤnden iſt, von Jhrer Guͤtigkeit gegen Jhre<lb/>
Armen ſo wohl, als gegen</p><lb/><closer><salute><hirendition="#et">Jhre beſtaͤndig ergebene und getreue Dienerinn.<lb/><hirendition="#fr">Judith Norton.</hi></hi></salute></closer></div><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><lb/><fwplace="bottom"type="sig">C 4</fw><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Der</hi></fw><lb/></div></body></text></TEI>
[39/0045]
Jndem ich alles wohl uͤberlege, was mir Jhr
trauriger Brief zu denken Gelegenheit giebet;
und nach Jhrem holdſeligen Gemuͤthe, nach der
Liebenswuͤrdigkeit Jhrer Perſon, und nach Jhrer
Jugend fernere Ungluͤcksfaͤlle und Ungelegenhei-
ten befuͤrchte, denen Sie vielleicht unterworfen ſeyn
koͤnnten: ſo kann ich nicht ſchließen, ohne Sie um
Erlaubniß zu bitten, und zwar in rechtem Ernſt,
daß Jch Jhnen aufwarten duͤrfe. ‒ ‒ Jch er-
ſuche Sie, mir dieß nicht, aus irgend einer Be-
trachtung in Abſicht auf mich ſelbſt, oder auf
die Unpaͤßlichkeit meines andern geliebten Kin-
des, abzuſchlagen: wo ich Jhnen irgend nuͤtzlich
oder zum Troſte ſeyn kann. Sollte es auch nur
auf zween oder drey Tage ſeyn: ſo erlauben Sie
mir, Jhnen aufzuwarten; wenn gleich meines
Sohnes Krankheit zunehmen, und, nach Verlauf
dieſer zween oder dreyen Tage, mich wieder her-
unter zu kommen, noͤthigen ſollte. ‒ ‒ Jch wie-
derhole gleichfalls meine inſtaͤndigſte Bitte, daß
Sie befehlen wollen, Jhnen den kleinen Ueber-
reſt an Gelde zuzuſchicken, der noch in meinen
Haͤnden iſt, von Jhrer Guͤtigkeit gegen Jhre
Armen ſo wohl, als gegen
Jhre beſtaͤndig ergebene und getreue Dienerinn.
Judith Norton.
Der
C 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/45>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.