Fräulein - - Jch weiß nicht, was aus Jhnen geworden seyn möchte - - Allein was auch im- mer geschehen wäre: so würden Sie doch die Leut- seligkeit an ihr gefunden haben, die Sie nicht be- wiesen; Sie möchten nun dieselbe verdient ha- ben, oder nicht. - Sie würden, wenn es auch zu dem ärgsten gekommen wäre, weder eine gütige Schwester noch eine mitleidige Freundinn, in Jhrer vortrefflichsten Schwester, verlohren ha- ben.
Aber warum bin ich weitläuftig gegen eine so Armselige? - - Warum suche ich eine so schwa- che Gegnerinn in die Enge zu treiben, deren er- ster Brief nichts als niedrige Bosheit ist, und deren zweytes Schreiben aus Unwahrheit und Widerspruch so wohl, als aus Haß und ungeschick- ter Aufführung zusammen gesetzet ist? Jedoch, ich bin willens gewesen, Jhnen ein Theil von meiner Meynung zu eröffnen. - - Fordern Sie nur mehr: so soll es zu Jhren Diensten seyn; von einer Person, die zwar Gott danket, daß sie sich nicht Jhre Schwester nennet, allein doch nicht Jhre Feindinn ist; inzwischen aber nur durch zwo Bewegursachen abgehalten wird, das letztere nicht zu seyn; einmal, weil Sie mit einer so vortrefflichen Schwester, ob gleich unwürdiger Weise, in Verwandtschaft stehen; hiernächst, weil Sie nicht beträchtlich genug sind, etwas an- deres zu verdienen, als Mitleiden und Verach- tung von
A. H.
Der
G g 3
Fraͤulein ‒ ‒ Jch weiß nicht, was aus Jhnen geworden ſeyn moͤchte ‒ ‒ Allein was auch im- mer geſchehen waͤre: ſo wuͤrden Sie doch die Leut- ſeligkeit an ihr gefunden haben, die Sie nicht be- wieſen; Sie moͤchten nun dieſelbe verdient ha- ben, oder nicht. ‒ Sie wuͤrden, wenn es auch zu dem aͤrgſten gekommen waͤre, weder eine guͤtige Schweſter noch eine mitleidige Freundinn, in Jhrer vortrefflichſten Schweſter, verlohren ha- ben.
Aber warum bin ich weitlaͤuftig gegen eine ſo Armſelige? ‒ ‒ Warum ſuche ich eine ſo ſchwa- che Gegnerinn in die Enge zu treiben, deren er- ſter Brief nichts als niedrige Bosheit iſt, und deren zweytes Schreiben aus Unwahrheit und Widerſpruch ſo wohl, als aus Haß und ungeſchick- ter Auffuͤhrung zuſammen geſetzet iſt? Jedoch, ich bin willens geweſen, Jhnen ein Theil von meiner Meynung zu eroͤffnen. ‒ ‒ Fordern Sie nur mehr: ſo ſoll es zu Jhren Dienſten ſeyn; von einer Perſon, die zwar Gott danket, daß ſie ſich nicht Jhre Schweſter nennet, allein doch nicht Jhre Feindinn iſt; inzwiſchen aber nur durch zwo Bewegurſachen abgehalten wird, das letztere nicht zu ſeyn; einmal, weil Sie mit einer ſo vortrefflichen Schweſter, ob gleich unwuͤrdiger Weiſe, in Verwandtſchaft ſtehen; hiernaͤchſt, weil Sie nicht betraͤchtlich genug ſind, etwas an- deres zu verdienen, als Mitleiden und Verach- tung von
A. H.
Der
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Fraͤulein ‒ ‒ Jch weiß nicht, was aus Jhnen
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mer geſchehen waͤre: ſo wuͤrden Sie doch die Leut-
ſeligkeit an ihr gefunden haben, die Sie nicht be-
wieſen; Sie moͤchten nun dieſelbe verdient ha-
ben, oder nicht. ‒ Sie wuͤrden, wenn es auch zu
dem aͤrgſten gekommen waͤre, weder eine guͤtige
Schweſter noch eine mitleidige Freundinn, in
Jhrer vortrefflichſten Schweſter, verlohren ha-
ben.
Aber warum bin ich weitlaͤuftig gegen eine ſo
Armſelige? ‒ ‒ Warum ſuche ich eine ſo ſchwa-
che Gegnerinn in die Enge zu treiben, deren er-
ſter Brief nichts als niedrige Bosheit iſt, und
deren zweytes Schreiben aus Unwahrheit und
Widerſpruch ſo wohl, als aus Haß und ungeſchick-
ter Auffuͤhrung zuſammen geſetzet iſt? Jedoch,
ich bin willens geweſen, Jhnen ein Theil von
meiner Meynung zu eroͤffnen. ‒ ‒ Fordern Sie
nur mehr: ſo ſoll es zu Jhren Dienſten ſeyn;
von einer Perſon, die zwar Gott danket, daß ſie
ſich nicht Jhre Schweſter nennet, allein doch
nicht Jhre Feindinn iſt; inzwiſchen aber nur
durch zwo Bewegurſachen abgehalten wird, das
letztere nicht zu ſeyn; einmal, weil Sie mit einer
ſo vortrefflichen Schweſter, ob gleich unwuͤrdiger
Weiſe, in Verwandtſchaft ſtehen; hiernaͤchſt,
weil Sie nicht betraͤchtlich genug ſind, etwas an-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/475>, abgerufen am 22.11.2024.
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