liche in einer bescheidenen Gefälligkeit eben so we- nig, als in einer bescheidenen Liebe, empfinden kannst. Denn es läßt sich eben das von unver- brüchlicher Ehrfurcht sagen, was der Dichter von ungefärbter Zuneigung saget.
Jch sprech, ich weiß nicht was! - - Sprich immer so: Antwort ich dir dagegen, Jch weiß nicht was! so dient dir eben das, Nur desto mehr mein Lieben darzulegen. Die Liebe ist ein Kind, und spricht gebrochen aus: Doch eben dann spricht sie am deutlichsten heraus.
Etwas ähnliches kann zur Vertheidigung der bescheidenen Hochachtung angeführet werden, welche den demüthigen Freund in seinem Aner- bieten schüchtern machte, das ehrfurchtgebietende Auge oder die verehrungswürdige Hand anzu- fallen, und ihn bewegte, auf eine ungeschickte Art, den Weyrauch hinter den Altar, auf den er hätte gelegt werden sollen. Jedoch wie sollte ei- ne Seele, die mit der Zärtlichkeit selbst unmensch- lich zu verfahren vermögend gewesen ist, etwas von derselben wissen?
Allein noch mehr erstaune ich über dein mu- thiges Herz, daß du dir in den Sinn kommen lässest, dich der Fräulein Howe und Fräulein Arabelle Harlowe selbst darzustellen! - - Du wirst doch, gewiß, nicht so kühn seyn, diesen Ge- danken auszuführen!
Was
Sechster Theil. K k
liche in einer beſcheidenen Gefaͤlligkeit eben ſo we- nig, als in einer beſcheidenen Liebe, empfinden kannſt. Denn es laͤßt ſich eben das von unver- bruͤchlicher Ehrfurcht ſagen, was der Dichter von ungefaͤrbter Zuneigung ſaget.
Jch ſprech, ich weiß nicht was! ‒ ‒ Sprich immer ſo: Antwort ich dir dagegen, Jch weiß nicht was! ſo dient dir eben das, Nur deſto mehr mein Lieben darzulegen. Die Liebe iſt ein Kind, und ſpricht gebrochen aus: Doch eben dann ſpricht ſie am deutlichſten heraus.
Etwas aͤhnliches kann zur Vertheidigung der beſcheidenen Hochachtung angefuͤhret werden, welche den demuͤthigen Freund in ſeinem Aner- bieten ſchuͤchtern machte, das ehrfurchtgebietende Auge oder die verehrungswuͤrdige Hand anzu- fallen, und ihn bewegte, auf eine ungeſchickte Art, den Weyrauch hinter den Altar, auf den er haͤtte gelegt werden ſollen. Jedoch wie ſollte ei- ne Seele, die mit der Zaͤrtlichkeit ſelbſt unmenſch- lich zu verfahren vermoͤgend geweſen iſt, etwas von derſelben wiſſen?
Allein noch mehr erſtaune ich uͤber dein mu- thiges Herz, daß du dir in den Sinn kommen laͤſſeſt, dich der Fraͤulein Howe und Fraͤulein Arabelle Harlowe ſelbſt darzuſtellen! ‒ ‒ Du wirſt doch, gewiß, nicht ſo kuͤhn ſeyn, dieſen Ge- danken auszufuͤhren!
Was
Sechſter Theil. K k
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liche in einer beſcheidenen Gefaͤlligkeit eben ſo we-
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bruͤchlicher Ehrfurcht ſagen, was der Dichter von
ungefaͤrbter Zuneigung ſaget.
Jch ſprech, ich weiß nicht was! ‒ ‒
Sprich immer ſo: Antwort ich dir dagegen,
Jch weiß nicht was! ſo dient dir eben das,
Nur deſto mehr mein Lieben darzulegen.
Die Liebe iſt ein Kind, und ſpricht gebrochen
aus:
Doch eben dann ſpricht ſie am deutlichſten
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Etwas aͤhnliches kann zur Vertheidigung der
beſcheidenen Hochachtung angefuͤhret werden,
welche den demuͤthigen Freund in ſeinem Aner-
bieten ſchuͤchtern machte, das ehrfurchtgebietende
Auge oder die verehrungswuͤrdige Hand anzu-
fallen, und ihn bewegte, auf eine ungeſchickte
Art, den Weyrauch hinter den Altar, auf den er
haͤtte gelegt werden ſollen. Jedoch wie ſollte ei-
ne Seele, die mit der Zaͤrtlichkeit ſelbſt unmenſch-
lich zu verfahren vermoͤgend geweſen iſt, etwas
von derſelben wiſſen?
Allein noch mehr erſtaune ich uͤber dein mu-
thiges Herz, daß du dir in den Sinn kommen
laͤſſeſt, dich der Fraͤulein Howe und Fraͤulein
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wirſt doch, gewiß, nicht ſo kuͤhn ſeyn, dieſen Ge-
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 513. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/519>, abgerufen am 22.11.2024.
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