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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750.

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Was meine und deine Kleidung betrifft: so
habe ich nur dieß zu sagen. Deine ganze An-
merkung kommt darauf hinaus, daß die äußere
Seite von mir die schlimmste und von dir die
beste ist. Was gewinnest du bey diesem Ver-
gleich? Bessere du die eine: ich will die andere
zu verbessern suchen. Jch fordere dich hiemit
auf, den Anfang zu machen.

Fr. Lovick hat mir auf mein Ersuchen die
Abschrift von einer geistlichen Betrachtung, die
sie mir zeigte, gegeben. Die Fräulein hat die-
selbe aus der heiligen Schrift gezogen, da sie bey
Rowlanden in Verhaft gewesen; wie der beyge-
schriebene Tag zeiget. Sie soll nicht wissen,
daß Fr. Lovick sich eine solche Freyheit genom-
men hat.

Jhr und ich haben allezeit die edle Einfalt,
und das Ungezwungene und Erhabene in der
Schreibart bewundert, wodurch sich diese Bü-
cher als durch eigenthümliche Merkmaale unter-
scheiden: so oft uns einige Stellen, die etwa in
andern Werken von den Verfassern angezogen
waren, aufgestossen sind. Und einmal besinne
ich mich, machtet ihr, so gar ihr, die Anmerkung,
daß diese Stellen allemal einer reichen Goldader
ähnlich schienen, welche durch geringhaltigers
Metall fortliefe: indem sie das Werk, worinn sie
zu einem Beweise der Glaubwürdigkeit angefüh-
ret wären, allezeit schöner machten.

Versuche, Lovelace, ob du einen Geschmack
an einer göttlichen Schönheit finden kannst. Jch

denke,


Was meine und deine Kleidung betrifft: ſo
habe ich nur dieß zu ſagen. Deine ganze An-
merkung kommt darauf hinaus, daß die aͤußere
Seite von mir die ſchlimmſte und von dir die
beſte iſt. Was gewinneſt du bey dieſem Ver-
gleich? Beſſere du die eine: ich will die andere
zu verbeſſern ſuchen. Jch fordere dich hiemit
auf, den Anfang zu machen.

Fr. Lovick hat mir auf mein Erſuchen die
Abſchrift von einer geiſtlichen Betrachtung, die
ſie mir zeigte, gegeben. Die Fraͤulein hat die-
ſelbe aus der heiligen Schrift gezogen, da ſie bey
Rowlanden in Verhaft geweſen; wie der beyge-
ſchriebene Tag zeiget. Sie ſoll nicht wiſſen,
daß Fr. Lovick ſich eine ſolche Freyheit genom-
men hat.

Jhr und ich haben allezeit die edle Einfalt,
und das Ungezwungene und Erhabene in der
Schreibart bewundert, wodurch ſich dieſe Buͤ-
cher als durch eigenthuͤmliche Merkmaale unter-
ſcheiden: ſo oft uns einige Stellen, die etwa in
andern Werken von den Verfaſſern angezogen
waren, aufgeſtoſſen ſind. Und einmal beſinne
ich mich, machtet ihr, ſo gar ihr, die Anmerkung,
daß dieſe Stellen allemal einer reichen Goldader
aͤhnlich ſchienen, welche durch geringhaltigers
Metall fortliefe: indem ſie das Werk, worinn ſie
zu einem Beweiſe der Glaubwuͤrdigkeit angefuͤh-
ret waͤren, allezeit ſchoͤner machten.

Verſuche, Lovelace, ob du einen Geſchmack
an einer goͤttlichen Schoͤnheit finden kannſt. Jch

denke,
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[514/0520] Was meine und deine Kleidung betrifft: ſo habe ich nur dieß zu ſagen. Deine ganze An- merkung kommt darauf hinaus, daß die aͤußere Seite von mir die ſchlimmſte und von dir die beſte iſt. Was gewinneſt du bey dieſem Ver- gleich? Beſſere du die eine: ich will die andere zu verbeſſern ſuchen. Jch fordere dich hiemit auf, den Anfang zu machen. Fr. Lovick hat mir auf mein Erſuchen die Abſchrift von einer geiſtlichen Betrachtung, die ſie mir zeigte, gegeben. Die Fraͤulein hat die- ſelbe aus der heiligen Schrift gezogen, da ſie bey Rowlanden in Verhaft geweſen; wie der beyge- ſchriebene Tag zeiget. Sie ſoll nicht wiſſen, daß Fr. Lovick ſich eine ſolche Freyheit genom- men hat. Jhr und ich haben allezeit die edle Einfalt, und das Ungezwungene und Erhabene in der Schreibart bewundert, wodurch ſich dieſe Buͤ- cher als durch eigenthuͤmliche Merkmaale unter- ſcheiden: ſo oft uns einige Stellen, die etwa in andern Werken von den Verfaſſern angezogen waren, aufgeſtoſſen ſind. Und einmal beſinne ich mich, machtet ihr, ſo gar ihr, die Anmerkung, daß dieſe Stellen allemal einer reichen Goldader aͤhnlich ſchienen, welche durch geringhaltigers Metall fortliefe: indem ſie das Werk, worinn ſie zu einem Beweiſe der Glaubwuͤrdigkeit angefuͤh- ret waͤren, allezeit ſchoͤner machten. Verſuche, Lovelace, ob du einen Geſchmack an einer goͤttlichen Schoͤnheit finden kannſt. Jch denke,

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Zitationshilfe: [Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 514. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/520>, abgerufen am 22.11.2024.