schrey zurufe: das sollst du haben! und das sollst du haben! und jedesmal, wenn er es ausgesprochen hat, mit glüendem Erz eines ver- setze. Und warum denn! warum denn! - - Die Wahrheit frey heraus zu sagen, weil du nicht ein so arger Teufel bist, als ich selbst.
Du verstehst dich, gewiß, gut genug auf die Entscheidung der Gewissensfragen, und kannst also wohl wissen; wie ich ehedem nachdrücklich vorgestellet habe (*); daß es eben so große Sün- de ist ein leichtgläubiges und williges Mägdchen zu verführen, als ein nicht leichtgläubiges und wach- sames ins Garn zu bringen.
Es mag das, was ich zu sagen willens bin, für mich und für meine Feder auch noch so we- nig edelmüthig scheinen: so muß ich es dir doch sagen. Wenn solch ein Frauenzimmer, als Fräu- lein Harlowe; ich habe mir vorgenommen, dir deine Hoffnung, über meine Wuth und Verzweifelung zu frohlocken, zu nichte zu machen; es für das beste hielte, sich in den Stand der heiligen Ehe zu begeben, und, nach der alten Ordnung der Erzväter, das Jhrige zur Zeugung von Söhnen und Töchtern beyzutragen; in keiner andern Absicht, als sie gottselig zu er- ziehen, damit sie gute und brauchbare Glieder des gemeinen Wesens seyn möchten: was, Teufel, kam ihr denn an, daß sie sich in den Kopf setzte, sich an einen liederlichen Kerl zu hängen? An
einen,
(*) Siehe den III. Th. S. 543. fg.
ſchrey zurufe: das ſollſt du haben! und das ſollſt du haben! und jedesmal, wenn er es ausgeſprochen hat, mit gluͤendem Erz eines ver- ſetze. Und warum denn! warum denn! ‒ ‒ Die Wahrheit frey heraus zu ſagen, weil du nicht ein ſo arger Teufel biſt, als ich ſelbſt.
Du verſtehſt dich, gewiß, gut genug auf die Entſcheidung der Gewiſſensfragen, und kannſt alſo wohl wiſſen; wie ich ehedem nachdruͤcklich vorgeſtellet habe (*); daß es eben ſo große Suͤn- de iſt ein leichtglaͤubiges und williges Maͤgdchen zu verfuͤhren, als ein nicht leichtglaͤubiges und wach- ſames ins Garn zu bringen.
Es mag das, was ich zu ſagen willens bin, fuͤr mich und fuͤr meine Feder auch noch ſo we- nig edelmuͤthig ſcheinen: ſo muß ich es dir doch ſagen. Wenn ſolch ein Frauenzimmer, als Fraͤu- lein Harlowe; ich habe mir vorgenommen, dir deine Hoffnung, uͤber meine Wuth und Verzweifelung zu frohlocken, zu nichte zu machen; es fuͤr das beſte hielte, ſich in den Stand der heiligen Ehe zu begeben, und, nach der alten Ordnung der Erzvaͤter, das Jhrige zur Zeugung von Soͤhnen und Toͤchtern beyzutragen; in keiner andern Abſicht, als ſie gottſelig zu er- ziehen, damit ſie gute und brauchbare Glieder des gemeinen Weſens ſeyn moͤchten: was, Teufel, kam ihr denn an, daß ſie ſich in den Kopf ſetzte, ſich an einen liederlichen Kerl zu haͤngen? An
einen,
(*) Siehe den III. Th. S. 543. fg.
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ſchrey zurufe: das ſollſt du haben! und das
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ausgeſprochen hat, mit gluͤendem Erz eines ver-
ſetze. Und warum denn! warum denn! ‒ ‒
Die Wahrheit frey heraus zu ſagen, weil du
nicht ein ſo arger Teufel biſt, als ich ſelbſt.
Du verſtehſt dich, gewiß, gut genug auf die
Entſcheidung der Gewiſſensfragen, und kannſt
alſo wohl wiſſen; wie ich ehedem nachdruͤcklich
vorgeſtellet habe (*); daß es eben ſo große Suͤn-
de iſt ein leichtglaͤubiges und williges Maͤgdchen zu
verfuͤhren, als ein nicht leichtglaͤubiges und wach-
ſames ins Garn zu bringen.
Es mag das, was ich zu ſagen willens bin,
fuͤr mich und fuͤr meine Feder auch noch ſo we-
nig edelmuͤthig ſcheinen: ſo muß ich es dir doch
ſagen. Wenn ſolch ein Frauenzimmer, als Fraͤu-
lein Harlowe; ich habe mir vorgenommen,
dir deine Hoffnung, uͤber meine Wuth und
Verzweifelung zu frohlocken, zu nichte zu
machen; es fuͤr das beſte hielte, ſich in den
Stand der heiligen Ehe zu begeben, und, nach
der alten Ordnung der Erzvaͤter, das Jhrige zur
Zeugung von Soͤhnen und Toͤchtern beyzutragen;
in keiner andern Abſicht, als ſie gottſelig zu er-
ziehen, damit ſie gute und brauchbare Glieder
des gemeinen Weſens ſeyn moͤchten: was, Teufel,
kam ihr denn an, daß ſie ſich in den Kopf ſetzte,
ſich an einen liederlichen Kerl zu haͤngen? An
einen,
(*) Siehe den III. Th. S. 543. fg.
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/8>, abgerufen am 24.11.2024.
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