einen, von dem sie wußte, daß er ein liederli- cher Kerl war.
Ey wahrlich, sie hoffete nur, sich ein Verdienst zu machen und ihn auf bessere Wege zu bringen. Sie hatte sich artige Vorstellungen gemacht, wie schön es lassen würde, wenn sie einen Bekehrten hätte, der ihr eignes Machwerk wäre, der zu ihrer Seiten durch die Nachbarschaft unter all- gemeinem Beyfall zur Kirche schländerte, und, wie ihre Familie anwüchse, an der Spitze ihrer Bübchen und Mägdchen, nicht anders als in ei- nem feyerlichen Zuge durch die Gassen, mit ihr dahin gienge, so daß sich beyde mit den Früchten ihres löblichen Verlangens; mit meinem gü- tigen Lord Bischoff in seinem Trauschein zu re- den; groß machten. Und was würde es ferner für ein artiger Anblick seyn: wenn alle mit ein- ander in einem Kirchenstuhl nach dem Alter kniee- ten! wie wir im Gemählde auf einem alten Denkmal eine ganze Familie gesehen haben, wo der ehrliche Ritter in seiner Rüstung mit aufge- habenen Händen knieend vorgestellt wird, und hinter ihm ein halb Dutzend großköpfichter und kurzöhrichter Jungen, die stuffen- oder trup- penweise nach ihrem Alter und ihrer Größe ge- ordnet sind, alle in eben der Stellung - - Mit seinem Gesichte gegen seine gottselige Gattinn ge- kehrt, die einen großen Halskragen, und eben so viele Mägdchen mit molkenhaften Gesichtern, als er Bübchen, auf den Knien hinter sich hat - - Mit einem Altar zwischen beyden, und einem
offenen
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einen, von dem ſie wußte, daß er ein liederli- cher Kerl war.
Ey wahrlich, ſie hoffete nur, ſich ein Verdienſt zu machen und ihn auf beſſere Wege zu bringen. Sie hatte ſich artige Vorſtellungen gemacht, wie ſchoͤn es laſſen wuͤrde, wenn ſie einen Bekehrten haͤtte, der ihr eignes Machwerk waͤre, der zu ihrer Seiten durch die Nachbarſchaft unter all- gemeinem Beyfall zur Kirche ſchlaͤnderte, und, wie ihre Familie anwuͤchſe, an der Spitze ihrer Buͤbchen und Maͤgdchen, nicht anders als in ei- nem feyerlichen Zuge durch die Gaſſen, mit ihr dahin gienge, ſo daß ſich beyde mit den Fruͤchten ihres loͤblichen Verlangens; mit meinem guͤ- tigen Lord Biſchoff in ſeinem Trauſchein zu re- den; groß machten. Und was wuͤrde es ferner fuͤr ein artiger Anblick ſeyn: wenn alle mit ein- ander in einem Kirchenſtuhl nach dem Alter kniee- ten! wie wir im Gemaͤhlde auf einem alten Denkmal eine ganze Familie geſehen haben, wo der ehrliche Ritter in ſeiner Ruͤſtung mit aufge- habenen Haͤnden knieend vorgeſtellt wird, und hinter ihm ein halb Dutzend großkoͤpfichter und kurzoͤhrichter Jungen, die ſtuffen- oder trup- penweiſe nach ihrem Alter und ihrer Groͤße ge- ordnet ſind, alle in eben der Stellung ‒ ‒ Mit ſeinem Geſichte gegen ſeine gottſelige Gattinn ge- kehrt, die einen großen Halskragen, und eben ſo viele Maͤgdchen mit molkenhaften Geſichtern, als er Buͤbchen, auf den Knien hinter ſich hat ‒ ‒ Mit einem Altar zwiſchen beyden, und einem
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einen, von dem ſie wußte, daß er ein liederli-
cher Kerl war.
Ey wahrlich, ſie hoffete nur, ſich ein Verdienſt
zu machen und ihn auf beſſere Wege zu bringen.
Sie hatte ſich artige Vorſtellungen gemacht, wie
ſchoͤn es laſſen wuͤrde, wenn ſie einen Bekehrten
haͤtte, der ihr eignes Machwerk waͤre, der zu
ihrer Seiten durch die Nachbarſchaft unter all-
gemeinem Beyfall zur Kirche ſchlaͤnderte, und,
wie ihre Familie anwuͤchſe, an der Spitze ihrer
Buͤbchen und Maͤgdchen, nicht anders als in ei-
nem feyerlichen Zuge durch die Gaſſen, mit ihr
dahin gienge, ſo daß ſich beyde mit den Fruͤchten
ihres loͤblichen Verlangens; mit meinem guͤ-
tigen Lord Biſchoff in ſeinem Trauſchein zu re-
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fuͤr ein artiger Anblick ſeyn: wenn alle mit ein-
ander in einem Kirchenſtuhl nach dem Alter kniee-
ten! wie wir im Gemaͤhlde auf einem alten
Denkmal eine ganze Familie geſehen haben, wo
der ehrliche Ritter in ſeiner Ruͤſtung mit aufge-
habenen Haͤnden knieend vorgeſtellt wird, und
hinter ihm ein halb Dutzend großkoͤpfichter und
kurzoͤhrichter Jungen, die ſtuffen- oder trup-
penweiſe nach ihrem Alter und ihrer Groͤße ge-
ordnet ſind, alle in eben der Stellung ‒ ‒ Mit
ſeinem Geſichte gegen ſeine gottſelige Gattinn ge-
kehrt, die einen großen Halskragen, und eben ſo
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[Richardson, Samuel]: Clarissa. Bd. 6. Göttingen, 1750, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/richardson_clarissa06_1750/9>, abgerufen am 21.11.2024.
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